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Zollstreit mit EU
Trump pausiert 50-Prozent-Zölle gegen EU: große Chance für Europa
Schafft es Donald Trump Europa durch seine Politik zu spalten? Ein Ökonom erklärt unserer Redaktion, wie die EU auf Trumps Zollchaos reagieren sollte.
Update, 27. Mai, 16.55 Uhr: Das Zollchaos scheint auch weiterhin kein Ende zu finden. Auf Truth Social erklärte US-Präsident Donald Trump am Dienstag (27. Mai), dass er über 50 Prozent Importzölle auf EU-Produkte „äußerst zufrieden“ wäre, „weil unsere Verhandlungen mit der Europäischen Union nur schleppend vorankamen“. Weiter meinte der Republikaner in gewohnter Manier: „Ich wurde soeben informiert, dass die EU angerufen hat, um schnellstmöglich einen Termin für ein Treffen festzulegen. Das ist ein positives Ereignis, und ich hoffe, dass sie ENDLICH, wie meine Forderung an China, die europäischen Nationen für den Handel mit den Vereinigten Staaten von Amerika öffnen werden.“
Wirtschaftlich von Vorteil wären für die USA Importzölle in Höhe von 50 Prozent nicht. Je nach Modell rechnen Ökonomen mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von einem bis 1,5 Prozent. Ähnlich wäre der wirtschaftliche Schaden bei der EU. Normalerweise dauert es deutlich länger neue Handelsabkommen abzuschließen als einige Monate. Die Verhandlungen zum umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP dauerten zum Beispiel drei Jahre an, bis die Gespräche schließlich eingestellt wurden.
Donald Trumps Orbit: Einflüsterer, Berater und Vertraute des Präsidenten
Erstmeldung: Washington, D.C./Brüssel – Im Zollstreit mit der Europäischen Union rudert US-Präsident Donald Trump nun doch wieder zurück. Eigentlich hatte der Republikaner angekündigt, Importzölle auf EU-Produkte in Höhe von 50 Prozent zu verhängen. Die Zölle sollten am 1. Juni in Kraft treten. Nach einem Telefonat mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) gewährte Trump der EU mehr Zeit, um einen „Deal“ im Handelskrieg mit den USA zu erzielen.
Rational scheinen Trumps Zolldrohungen nicht zu sein. Am „Liberation Day“ (2. April) ging es mit dem Zollchaos los – bis Trump eine 90-tägige Pause angekündigt hatte, um über neue Handelsabkommen zu beraten. Bisher gibt es allerdings nur einen „Deal“ mit Großbritannien. Den Importzoll auf chinesischer Produkte über 145 Prozent senkte der US-Präsident ebenfalls ab auf nunmehr vorerst 30 Prozent.
Droht ein Streit innerhalb der EU durch Trumps Zolldrohungen?
Gerade mit Blick auf Europa käme es Trump gelegen, sollte sich die EU zerstreiten. Das meint auch Ökonom Rüdiger Bachmann, Wirtschaftsprofessor an der Privatuniversität Notre Dame in Indiana. Auf Anfrage der Frankfurter Rundschau von Ippen.Media erklärte Bachmann: „Ich warne zunächst einmal davor, alles, was Trump tut, rationalisieren zu wollen. Seine Motivationen wechseln sich ab.“
Gleichzeitig betonte der Ökonom: „Allerdings kann man gewisse Linien feststellen, und eine davon ist, dass ein einiges, liberales Europa zumindest den reaktionären Kräften, die hinter Trump stehen, genauso ein Dorn im Auge ist, wie die liberalen Institutionen in den USA selbst. Man denke an die freie Presse, Kunst und Wissenschaft. Insofern käme es dem Trump-Regime durchaus gelegen, sollte sich Europa in einem Zollstreit zerstreiten.“
Eine Chronik des Zollchaos
2. April
Donald Trump kündigt „Liberation Day“-Zölle an
9. April
90-tägige Zollpause außer auf Chinas Importware
9. April
Trump erhöht Zölle auf chinesische Importe auf 145 Prozent
12. Mai
Trump setzt die China-Zölle auf 30 Prozent herab
23. Mai
Trump kündigt Zölle in Höhe von 50 Prozent auf europäische Produkte an
25. Mai
Trump rudert zurück und gewährt der EU Aufschub der Zölle bis zum 9. Juli
Für Europa ist das Zollchaos auch eine Chance, sich weiter nach innen zu integrieren und weiter zusammenzuwachsen. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass sich autoritäre Kräfte in der EU weiter abkapseln. Könnte die EU doch noch als Gewinner aus dem Handelskrieg hervorgehen?
Europa muss unabhängiger von der USA und Trump werden – ökonomisch, militärisch und kulturell
Ökonom Bachmann betonte gegenüber der Frankfurter Rundschau von Ippen.Media: „Nur wenn es (die EU, Anm. d. Red.) auf die Situation richtig reagiert und endlich seine Verantwortung für sich selbst und die freie Welt wahrnimmt. Das bedeutet weitere Integration nach innen. Denn in einem Spiel der Großmächte wird Europa nur als große, ökonomisch, militärisch und kulturell starke Einheit politisch überleben können. Das bedeutet andererseits aber auch kluge Freihandels- und Bündnispolitik mit den vielen Regionen der Welt, die nicht zu den USA, China oder Russland gehören. Ich bin zurzeit aber skeptisch, dass das einem politisch ja längst auch vom Autoritarismus angeschlagenen Europa gelingen wird.“
Ruhig bleiben, einig sein, und Trump klarmachen, dass Europa den größten Markt der Welt darstellt. Und dabei wird man auch über Dienstleistungszölle – bzw. Steuern zu reden haben.
Europa steht also gewissermaßen vor einem Scheideweg. In Kanada ermöglichte Donald Trumps US-Politik und Druck auf den Nachbarn im Norden keine Spaltung – ganz im Gegenteil. Anstatt eines Siegs des rechtskonservativen Pierre Poilievre gewann der liberale Mark Carney überraschend bei der Parlamentswahl im April. Vor Trumps wiederholten Drohungen, Kanada zum 51. Bundesstaat machen zu wollen, lag Poilievre in den Umfragen deutlich vorne. Nach seinem Sieg verkündete Carney: „Präsident Trump versucht, uns zu brechen, damit Amerika uns übernehmen kann. Das wird nie und nimmer passieren.“
Welche Hebel kann Europa in den Verhandlungen über Trumps Zölle ansetzen?
Ob Trump mit seinem Kurs aber in Europa Erfolg haben wird? Zunächst muss EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič für die Europäische Union ein Übereinkommen mit den USA finden. Als größter Markt der Welt ist die EU eigentlich in einer guten Verhandlungsposition: „Ruhig bleiben, einig sein, und Trump klarmachen, dass Europa den größten Markt der Welt darstellt. Und dabei wird man auch über Dienstleistungszölle – bzw. Steuern zu reden haben“, erklärte Bachmann.
Vor dem Hintergrund einer möglichen Spaltung Europas werden auch die Wahlen in Polen am Sonntag (1. Juni) spannend. Hier tritt der liberale und proeuropäische Rafał Trzaskowski gegen den rechten Karol Nawrocki in einer Stichwahl an. Ein Hoffnungsschimmer für die Liberalen in Europa: eine Woche zuvor bei der Rumänien-Wahl schaffte es der proeuropäische Kandidat Nicușor Dan sich gegen den rechtsextremen George Simion unerwartet durchzusetzen.
Auswirkungen von Trumps Zöllen enorm: Für die EU, aber auch für die USA selbst
Für Europa und die USA wären die wirtschaftlichen Auswirkungen der Zölle jedenfalls enorm. In den USA ist die Befürchtung groß, dass die möglichen Zölle eine sogenannte „Stagflation“ zur Folge haben. Konkret würde das eine steigende Inflation bedeuten, bei gleichzeitig sinkendem Wirtschaftswachstum. Die Friedrich-Ebert-Stiftung schreibt zur „Stagflation“: „Eine Stagflation wird in der Regel durch einen so genannten Angebotsschock ausgelöst. Damit sind Situationen gemeint, in denen das gewohnte Angebot bestimmter Güter durch ein bestimmtes Ereignis entscheidend herabgesetzt bzw. sein Preis stark erhöht wird.“ Der Angebotsschock in diesem Fall wären die hohen Zölle, die einen drastischen Anstieg im Preis europäischer Waren zur Folge hätten.
Julian Hinz, Forschender am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) hatte berechnet, dass das Wirtschaftswachstum der USA um bis zu 1,5 Prozent fallen könnte. Die Auswirkungen auf die EU wären ähnlich, meinte Bachmann: „Je nach aktueller Studie und Land kann das schon im Bereich 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) dauerhaft liegen.“ Bei der USA käme noch hinzu: „Dabei sind dann aber die ganzen anderen Politiken des Trump-Regimes und vor allem die konjunkturellen Auswirkungen der Politikunsicherheit, die Trump ja fast täglich schafft, noch nicht mitgerechnet.“
Politische Unsicherheit innerhalb der USA durch Trump belastet auch US-Wirtschaft
Der gleichen Meinung ist auch Neil Shearing, Chef-Ökonom bei der Finanzgesellschaft Capital Economics. Gegenüber der New York Times äußerte sich der Experte: „Dies alles deutet darauf hin, dass die politischen Maßnahmen der USA an Glaubwürdigkeit verlieren.“ Hinzu kommen nämlich auch die steigenden Schulden durch Turmps „Big Beautiful Bill“ und die Abstufung der US-Kreditwürdigkeit durch die Ratingagentur Moody's.
Donald Trump schafft vor allem Unsicherheit. Unsicherheit in der eigenen Wirtschaft und in der EU. Die Devise für die Europäische Union muss Einigkeit sein. Nur so kann man sich den USA entgegenstellen – und möglicherweise sogar als Gewinner aus dem Zollchaos hervorgehen. (sischr)