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Washington Post

Terroranschlag in Moskau deckt Putins Schwachstelle auf

Russlands Präsident Putin sucht die Schuld für den Terroranschlag nahe Moskau bei der Ukraine. Andere Stimmen machen interne Sicherheitsmängel verantwortlich.

Moskau – Als Wladimir Putin über den schlimmsten Terroranschlag sprach, der Russland in den letzten 20 Jahren getroffen hat, wischte er das eklatante Versagen seines Sicherheitsstaates bei dessen Verhinderung beiseite. Mindestens 137 Menschen kamen bei dem Attentat ums Leben, obwohl die Vereinigten Staaten am 7. März deutlich davor gewarnt hatten, dass ein Anschlag auf eine Konzerthalle unmittelbar bevorstehen könnte.

Putin erwähnte auch nicht den Islamischen Staat, der sich zu dem Anschlag auf die Konzerthalle Crocus City am Freitag bekannt hatte und den Putin während der langen militärischen Intervention Russlands in Syrien wiederholt als Feind propagierte. Im Jahr 2017 hat Russlands Präsident den Sieg über den Islamischen Staat erklärt.

Das abgebrannte Veranstaltungszentrum Crocus City Hall nach einem Anschlag am westlichen Rand von Moskau.

Putin gibt der Ukraine die Schuld für den Terroranschlag

Putin nutzte seine fünfminütige Fernsehansprache am Samstag stattdessen, um zu betonen, dass sich die vier Täter „in Richtung Ukraine bewegten“, als sie festgenommen wurden, und dass „von ukrainischer Seite eine Möglichkeit für sie vorbereitet wurde, die Staatsgrenze zu überqueren“. Er beschuldigte die Ukraine, die selbst jede Beteiligung bestritten hat, nicht direkt. Aber ein Verweis auf „Nazis“ – Putins übliche Bezeichnung für die ukrainische Regierung – machte deutlich, dass er Kiew die Schuld gibt.

Die grausamen Videos der Angreifer, die mit automatischen Waffen unschuldige Konzertbesucher kaltblütig töteten und eines der beliebtesten Vergnügungslokale der russischen Hauptstadt in Brand setzten, durchkreuzen Putins Bemühungen aber, Russland als stark, geeint und widerstandsfähig darzustellen.

Neue Amtszeit: Attentat folgt kurz nach Präsidentschaftswahl in Russland

Der Anschlag ereignete sich nur fünf Tage nach dem triumphalen Anspruch des russischen Präsidenten auf eine neue sechsjährige Amtszeit – in einer Wahl, die massiv vom Kreml kontrolliert und im Ausland weithin als nicht demokratisch genug angeprangert wurde. Putin nutzte die Wahl, um seine Politik mit einer breiten öffentlichen Unterstützung zu sichern.

Am Sonntag wurde in Russland ein Trauertag begangen, an dem die Menschen Blumen an einer Gedenkstätte vor der Konzerthalle niederlegten. Deren Wiederaufbau hat das Unternehmen zugesagt, dem die zerstörte Anlage gehört. Das russische Untersuchungskomitee teilte mit, dass 62 der Opfer identifiziert worden seien und dass bei weiteren Opfern, die am Ort des Brands gefunden wurden, DNA-Tests durchgeführt würden.

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Verdächtige Männer betreten den Gerichtssaal beim Verfahren zum Terroranschlag verletzt

Ein vom Ermittlungsausschuss veröffentlichtes Video zeigt, wie Verdächtige des Anschlags am Sonntagabend mit verbundenen Augen in ein Moskauer Gericht geführt werden. Vier Männer – Dalerjon Mirzoev, Saidakrami Rachabalizoda, Muhammadsobir Fayzov und Shamsidin Fariduni – seien eines terroristischen Aktes angeklagt worden und müssen mit lebenslanger Haft rechnen, berichtete die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti. Auf Fotos aus dem Gerichtssaal war bei einem der Männer ein blaues Auge zu sehen, als die Augenbinde abgenommen wurde; ein anderer saß in einem Rollstuhl und wurde von Ärzten begleitet, wie Ria Novosti berichtete.

Trotz des Versuchs des russischen Präsidenten, die Sache mit der Ukraine in Zusammenhang zu bringen, sprachen Analysten, ehemalige US-Sicherheitsbeamte und Mitglieder der russischen Elite davon, dass der Angriff die Schwächen von Putins Kriegsregime unterstreiche. Diese wurden auch deutlich, als Jewgenij Prigoschin vergangenen Juni seine Wagner-Söldner in einer kurzen Meuterei anführte, um führende Verteidigungsbeamte zu stürzen.

Präsident zeigt Schwäche: „In schwierigen Momenten verschwindet Putin immer“

„Das Regime zeigt in solchen kritischen Situationen seine Schwäche, so wie bei der Meuterei von Prigoschin“, sagt Andrei Kolesnikov, ein Senior Fellow des „Carnegie Russia Eurasia Center“. Obwohl Prigoschin damals den Aufstand aufgegeben hat, war der Schaden offensichtlich. Damals, wie auch bei den Ereignissen an diesem Wochenende, trat Putin stundenlang nicht an die Öffentlichkeit, bevor er sich schließlich zur Lage äußerte. „In schwierigen Momenten verschwindet Putin immer“, sagt Kolesnikov.

Nur drei Tage vor dem Anschlag auf Crocus City wies Putin die Warnung der USA vor einem möglichen bevorstehenden Terroranschlag als „offene Erpressung“ und „Versuch, unsere Gesellschaft zu verängstigen und zu destabilisieren“, zurück. Doch angesichts seiner autoritären Machtausübung und der Tatsache, dass kaum jemand bereit ist, ihn infrage zu stellen, ist es unwahrscheinlich, dass der russische Staatschef mit Kritik oder Konsequenzen rechnen muss, weil er die Warnung nicht ernster genommen hat.

Wladimir Putin: Der Aufstieg von Russlands Machthabern in Bildern

Wladimir Putin ist seit dem 24. Februar 2022 auch Kriegsherr – auch wenn in Russland nach offizieller Lesart nur von einer militärischen „Spezialoperation“ in der Ukraine gesprochen wird.
Am 24. Februar 2022 befahl Wladimir Putin den Angriff russischer Truppen auf die Ukraine. Setdem ist er nicht nur Präsident Russlands, sondern Kriegsherr – auch wenn in Russland der Ukraine-Krieg nach offizieller Lesart nur eine militärische „Spezialoperation“ genannt wird. © Mikhail Klimentyev/Imago
Wladmir Putin mit Flottenchef Kurojedow
Von 1975 bis 1982 war der am 7. Oktober 1952 geborene Putin KGB-Offizier, von 1984 bis 1985 besuchte er die KGB-Hochschule in Moskau. Ab 1985 war er in der DDR tätig, hauptsächlich in Dresden. Danach ging es wieder zurück nach St. Petersburg. Vom 25. Juli 1998 bis August 1999 war Putin Direktor des Inlandsgeheimdienstes FSB. In dieser Eigenschaft traf er sich im November 1998 mit Flottenchef Wladmir Kurojedow (rechts). © Stringer/dpa
So sah Wladimir Putin im Alter von 40 Jahren aus, als er an der Eröffnung der Honda Motor Show 1992 in St. Petersburg teilnahm.
Eine Schwarz-Weiß-Aufnahme zeigt Wladimir Putin im Jahr 1992 im Alter von 40 Jahren, als er an der Eröffnung der Honda Motor Show 1992 in St. Petersburg teilnahm. Zwei Jahre später wurde er von einem der Vizebürgermeister zum ersten Vizebürgermeister der Stadt ernannt. Sein politischer Aufstieg nahm Formen an. © Russian Look/IMAGO
Dieses Foto zeigt den russischen Präsidenten Wladimir Putin im Jahr 1994 in seinem Büro. Damals war er 42 Jahre alt und Vizebürgermeister von St. Petersburg.
In seinem ersten Jahr als erster Vizebürgermeister der Stadt St. Petersburg im Jahr 1994 wurde Wladimir Putin in seinem Büro fotografiert. Damals war er 42 Jahre alt. Von körperlichen Beschwerden aus dieser Zeit ist nichts bekannt. Putin war zudem bereits seit seiner Jugend sportlich und ging unter anderem dem Kampfsport Judo nach, in dem er sich einen Schwarzen Gurt verdiente. © Russian Look/IMAGO
Drei Jahre später enstand dieses Foto von Wladimir Putin zusammen mit Anatoly Sobchak, ehemaliger Bürgermeister von St. Petersburg.
Dieses Foto entstand drei Jahre später, 1997, und zeigt Wladimir Putin – damals 45 Jahre alt – zusammen mit Anatoly Sobchak, dem ehemaligen Bürgermeister von St. Petersburg. © Russian Look/IMAGO
Wladimir Putin mit Boris Jelzin im Kreml.
Im Jahr 1999 übernahm Putin zum ersten Mal das Amt des Ministerpräsidenten – mit Option auf die Nachfolge von Präsident Boris Jelzin (links). Als Jelzin am 31. Dezember 1999 sein Amt niederlegte, übernahm Putin kommissarisch auch die Amtsgeschäfte des Präsidenten. Im Mai 2000 wurde Putin dann regulär zum Präsidenten Russlands gewählt. © dpa
Im Jahr 2000 wurde Putin zum ersten Mal Präsident der Russichen Föderation. Das Foto zeigt den damals 48-Jährigen zusammen mit Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder in Berlin.
Im Jahr 2000 wurde Wladimir Putin erstmals zum Präsidenten der Russischen Föderation gewählt. Das Foto zeigt den damals 48-Jährigen zusammen mit Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in Berlin. Die Beiden sollte im weiteren Verlauf eine innige Freundschaft verbinden, die auch über Schröders politische Karriere hinaus Bestand hatte. © Thomas Imo/IMAGO
Wladimir Putin während einer Trainingssession in Sotschi im Jahr 2019. Der russische Präsident gilt als großer Judo-Fan und hat im Jahr 2000 in Tokio den Titel des sechsten Dan des „Kodokan-Judo“ verliehen bekommen.
Wladimir Putin während einer Trainingssession in Sotschi im Jahr 2019. Der russische Präsident gilt als großer Judo-Fan und hat im Jahr 2000 in Tokio den Titel des sechsten Dan des „Kodokan-Judo“ verliehen bekommen. © Mikhail Metzel/Imago
Am 7. Mai 2000 legte Putin seinen Amtseid ab.
Am 7. Mai 2000 legte Putin unter den Augen von Boris Jelzin seinen Amtseid ab. Mit einer Ausnahme einer Zeit als Regierungschef von 2008 bis 2012 hat Putin seither das Amt des Präsidenten der Russischen Föderation inne.  © Imago
Wladimir Putin und Bill Clinton bei der Unterzeichnung eines Vertrages in New York.
Im September 2000 führte Putin der Weg in die USA. Bill Clinton (rechts) war der erste US-Präsident, mit dem er es in den kommenden Jahren zu tun bekam. in seiner Mit dem damals noch amtierenden US-Präsidenten B © Imago
Mit einer Umarmung begrüßen sich Gerhard Schröder und Wladmir Putin im Foyer des Taschenbergpalais in Dresden.
Als Russlands Präsident reiste Putin im September 2001 zu einem dreitägigen Staatsbesuch nach Deutschland. Im Foyer des Taschenbergpalais in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden begrüßte ihn auch der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (links). Die beiden verstanden sich offensichtlich schon damals ausnehmend gut. Die Freundschaft hat auch heute noch Bestand. © Jan-Peter Kasper/dpa
Der schwarze Labrador von Wladimir Putin läuft beim Treffen seines Herrchens mit Angela Merkel durchs Zimmer.
Putin spielt gerne psychologische Spielchen – so auch 2007 mit Kanzlerin Angela Merkel. Bei ihrem Treffen in Sotschi am Schwarzen Meer ließ Putin während einer gemeinsamen Pressekonferenz eine Labradorhündin ohne Leine herumlaufen. Merkel, einst in ihrer Jugend von einem Hund gebissen worden, fühlte sich sichtlich unwohl.  © Dmitry Astakhov/dpa
George Bush und Wladimir Putin spazieren auf dem Gelände von Putins Sommerresidenz Bocharov Ruchei.
George W. Bush (rechts) war der zweite US-Präsident, mit dem es Putin zu tun bekam. Im April 2008 trafen sich beiden Staatschefs auf dem Gelände von Putins Sommerresidenz Bocharov Ruchei. © Imago
Wladimir Putin neuer russischer Regierungschef.
Am 7. Mai 2008 löste Dmitri Medwedew nach zwei Amtszeiten Putin im Amt des russischen Präsidenten ab. Einen Tag danach wählte die Duma Putin auf Vorschlag des neuen Präsidenten zum neuen Regierungschef. Putin blieb auch in dieser Position der starke Mann. © dpa
Im Jahr 2009 ließ sich Putin mit freiem Oberkörper auf einem Pferd sitzend zur Demonstration von Macht fotografieren, als er durch die südsibirische Republik Tuwa ritt.
Im Jahr 2009 ließ sich Wladimir Putin mit freiem Oberkörper auf einem Pferd sitzend fotografieren, als er durch die südsibirische Republik Tuwa ritt. Mit solchen Fotos pflegte Putin sein Macho-Image. Er wollte er laut Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ Wirkung in der russischen Bevölkerung erzielen und auch international demonstrieren, dass er ein starker Gegner ist. © epa Alexey Druzhinyn
Bekleidet mit olivgrüner Jagdhose und einem dazu passenden Sonnenhut präsentiert sich Wladimir Putin beim Angeln in den sibirischen Bergen im Jahr 2017. Geht es nach dem russischen Präsidenten, hat der Oberkörper aber freizubleiben.
Bekleidet mit olivgrüner Jagdhose und einem dazu passenden Sonnenhut präsentiert sich Wladimir Putin beim Angeln in den sibirischen Bergen im Jahr 2017. Geht es nach dem russischen Präsidenten, hat der Oberkörper aber freizubleiben. Das gilt für Reiten wie offenbar auch fürs Angeln. © Aleksey Nikolskyi/Imago
Putin und Obama stoßen miteinander an.
Am 7. Mai 2012 wurde Putin erneut zum Präsidenten gewählt. Sein Verhältnis zu US-Präsident Barack Obama war von Distanz geprägt. Das war auch im September 2015 bei einer Veranstaltung der Vereinten Nationen in New York der Fall.  © Amanda Voisard/dpa
Wladimir Putin in einem camouflage-farbendem Tauchanzug während eines Ausflugs in der russischen Republik Tuwa in Sibirien im Jahr 2017. Das Foto zeigt den russischen Präsidenten während einer Verschnaufpause.
Wladimir Putin in einem camouflage-farbendem Tauchanzug während eines Ausflugs in der russischen Republik Tuwa in Sibirien im Jahr 2017. Das Foto zeigt den russischen Präsidenten während einer Verschnaufpause. © Alexei Nikolsky/Imago
Putin trifft Trump beim Apec-Gipfel in Vietnam.
Als Donald Trump die US-Wahl 2016 gegen Hillary Clinton gewann, hatte Russland wohl seine Hände mit im Spiel. Putin hatte sicher seinen Grund. Mit Donald Trump kam er jedenfalls gut zurecht. Im November 2017 begrüßten sie sich Familienfoto im Rahmen des Gipfeltreffens der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) in Da Nang (Vietnam) herzlich.  © Mikhail Klimentyev/dpa
Der chinesische Präsident Xi Jinping (r) und der russische Präsident Wladimir Putin (l) geben sich am 04.07.2017 im Kreml in Moskau (Russland) bei einem Gespräch die Hände
Unter Putin sind sich Russland und China zuletzt immer nähergekommen. Ein wichtiger Termin war der 4. Juli 2017, als der chinesische Präsident Xi Jiping im Kreml in Moskau zu Besuch war. Damals wurden mehrere Verträge und Wirtschaftsabkommen unterzeichnet. © Sergei Ilnitsky/dpa
Wladimir Putin und Olaf Scholz am Tisch im Kreml.
So pflegt Putin inzwischen seine Gäste zu empfangen – vor allem die aus dem Westen. Am 15. Februar 2022 reiste Kanzler Olaf Scholz nach Moskau. Damals hatte der Ukraine-Krieg noch nicht begonnen. Putin ließ sich von Scholz aber nicht beeindrucken. © Kremlin Pool/Imago
Wladimir Putin im Kreml.
Putin forcierte in seiner dritten Amtszeit die kriegerischen Auseinandersetzungen. Seit dem 21. März 2014 betrachtet Russland die Krim als Teil des eigenen Staatsgebiets, seit September 2015 unterstützt die russische Luftwaffe im Militäreinsatz in Syrien den syrischen Präsidenten Assad im dortigen Bürgerkrieg.  © Sergei Ilnitsky/dpa
Wladimir Putin (links) und Joe Biden schütteln sich bei ihrem Treffen in der „Villa la Grange“ die Hand.
Anlässlich der Genfer Gipfelkonferenz traf sich Putin am 16. Juni 2021 mit US-Präsident Joe Biden zu einem Gespräch. Schon damals waren die russischen Truppenaufmärsche an der Grenze zur Ukraine ein Thema. © Denis Balibouse/dpa
Wladimir Putin lacht
Genutzt hat das Gipfelgespräch wenig. Am 24. Februar 2022 begann mit dem Einmarsch der russischen Truppen ins Nachbarland der Ukraine-Krieg. Putin wusste es wohl schon in Genf.  © Denis Balibouse/dpa
Selbst wenn sich der Kreml-Chef nahe den Gewässern Russlands erholt, sind die Kameras der russischen Staatspresse nicht weit entfernt. Schnappschüsse von einem schwimmenden Wladimir Putin, wie hier im Jahr 2017, würde ihnen sonst glatt entgehen.
Selbst wenn sich der Kreml-Chef nahe den Gewässern Russlands erholt, sind die Kameras der russischen Staatspresse nicht weit entfernt. Schnappschüsse von einem schwimmenden Wladimir Putin, wie hier im Jahr 2017, würde ihnen sonst glatt entgehen. © Alexei Nikolsky/Imago

Zelenski: Russen, die auf ukrainischem Boden töten, könnten jeden Terroristen aufhalten

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Zelenski sagte zum Anschlag: „Diese Hunderttausende von Russen, die jetzt auf ukrainischem Boden töten, würden sicherlich ausreichen, um jeden Terroristen aufzuhalten. Und wenn die Russen bereit sind, stillschweigend in den ‚Krokushallen‘ zu sterben und ihren Sicherheits- und Geheimdiensten keine Fragen zu stellen, dann wird Putin versuchen, eine solche Situation wieder zu seinem persönlichen Vorteil zu nutzen.“

Wenn Russland in der Vergangenheit von Terroranschlägen betroffen war, beschuldigte Putin oft den Westen, dahinterzustehen – insbesondere nach der Belagerung der Schule in Beslan im Jahr 2004, bei der über 330 Geiseln starben. Damals behauptete er, der Angriff sei von denjenigen inszeniert worden, die Russland schwächen wollten und auf seinen „Zerfall“ abzielten.

Rückblick auf erste Amtszeiten: Putin nutzte Anschläge zur Herrschaftssicherung

Analysten zufolge werde der russische Staatschef dies mit ziemlicher Sicherheit auch dieses Mal wieder versuchen. Eine führende Kreml-Propagandistin, Margarita Simonyan, die Leiterin des staatlichen Senders RT, behauptete bereits am Samstag, dass die Warnung der Amerikaner vor dem Angriff darauf hindeute, dass sie an der Vorbereitung des Angriffs beteiligt waren. Ehemalige US-Beamte und Analysten sagen, dass die Rhetorik, die Ukraine und den Westen kollektiv zu beschuldigen, wahrscheinlich fortgesetzt würde und weitere Hetzen verursachen werde, da Putin versuche, sein Land für einen langwierigen Krieg zu mobilisieren.

Andere sagen, das Blutvergießen wecke besorgniserregende Erinnerungen an eine Zeit, von der Putin dachte, sie läge lange hinter ihm. Während der ersten beiden Amtszeiten des Präsidenten in den 2000er Jahren wurde Russland von opferreichen Terroranschlägen heimgesucht, die Putin später nutzte, um ein hartes Vorgehen des Militärs und der Sicherheitsdienste zu rechtfertigen und seine Herrschaft zu stärken.

Moskauer Geschäftsmann zum Anschlag: „Es hätte eine Menge Polizei vor Ort sein sollen“

Verwiesen wird auf den offensichtlichen Mangel an angemessenen Sicherheitsvorkehrungen in Crocus City, einem riesigen Unterhaltungs- und Einkaufszentrum am Stadtrand von Moskau, trotz der Warnung der US-Regierung.

„Crocus City ist ein riesiger Ort mit vielen Konzertsälen“, sagt ein Moskauer Geschäftsmann und weist darauf hin, dass sich die Büros der Moskauer Regionalregierung in der Nähe befinden. „Es hätte ernsthafte Sicherheitsvorkehrungen geben müssen und eine Menge Polizei vor Ort sein sollen.“

„Es fehlt an Verantwortung für die Sicherheit bei großen öffentlichen Veranstaltungen“, sagt der Geschäftsmann, der aus Angst vor Repressalien anonym bleiben will. „Fast dasselbe passierte vor 20 Jahren bei der Belagerung des Nord-Ost-Theaters, und seitdem hat sich nichts geändert.“ Er bezieht sich damit auf die Geiselnahme von 2002, bei der mehr als 115 Menschen starben, nachdem tschetschenische Terroristen ein Theater im Zentrum Moskaus in ihre Gewalt gebracht hatten.

Trauernde zünden in Mytischtschi, nordöstlich von Moskau, Kerzen an, um der Opfer des Terroranschlags vom 22. März auf das Krasnogorsker Krokus-Stadthaus zu gedenken. Der 24. März wurde zum nationalen Trauertag erklärt.

Überwachung statt Schutz: Versäumnisse der Sicherheitsdienste in Russland

Ein russischer Wissenschaftler mit engen Beziehungen zu hochrangigen Moskauer Diplomaten äußert sich ähnlich über das Versagen Russlands, den Anschlag vom Freitagabend zu verhindern. „Es ist klar, dass wir nach ukrainischen Fingerabdrücken und möglicherweise denen westlicher Sicherheitsdienste suchen werden“, sagt der Akademiker, der anonym bleiben will, weil Putins Regime häufig gegen Kritiker vorgeht. „Aber wahrscheinlich wird jede Untersuchung Versäumnisse unserer Sicherheitsdienste aufdecken.“

Russlands Sicherheitsdienste haben enorme Ressourcen in die Überwachung der Aktivitäten von Gegnern des Putin-Regimes gesteckt und Gesichtserkennungstechnologie eingesetzt, um diejenigen zu verfolgen und zu befragen, die an den jüngsten Protesten gegen Putins Wahl teilgenommen haben oder Blumen zu Ehren des vergangenen Monat im Gefängnis verstorbenen Oppositionsführers Alexej Nawalny niedergelegt haben.

Russland war schon vorher mit Aktivitäten des Islamischen Staates konfrontiert

Die Gewährleistung eines angemessenen Schutzes der Bürgerinnen und Bürger vor Bedrohungen, die von bekannten terroristischen Gruppen ausgehen, scheint auf der Prioritätenliste aber nach unten gerutscht zu sein, so die Analysten. Und das, obwohl das Land in den vergangenen Jahren immer wieder mit Terroranschlägen konfrontiert war, darunter zwei, die dem Islamischen Staat zugeschrieben oder von ihm beansprucht wurden.

Anfang dieses Monats erklärte der russische Inlandsgeheimdienst (FSB), er habe einen vom Islamischen Staat geplanten Anschlag auf eine Synagoge in Moskau vereitelt und bei einer Razzia in der Region Kaluga, südwestlich der Hauptstadt, eine unbekannte Anzahl von Kämpfern der Gruppe „neutralisiert“. Kasachstan bestätigte später, dass zwei seiner Staatsbürger bei der Razzia getötet worden seien.

Im vergangenen Jahr berichtete die Nachrichtenagentur Tass, der FSB habe zwei weitere Kämpfer des Islamischen Staates getötet, die einen Anschlag auf eine Chemieanlage in Kaluga geplant hätten.

Ein Tatverdächtiger wird von Polizisten und FSB-Beamten im Basmanny-Bezirksgericht eskortiert.

Ehemaliger US-Geheimdienstmitarbeiter: Sicherheitsmängel in Russland sind die Regel

„Überall hat man das Gefühl, dass wir in einem Polizeistaat leben, der jeden Bürger genau überwacht“, sagt Andrei Kolesnikov vom „Carnegie Russia Eurasia Center“. „Die Menschen werden jetzt oft am Eingang der U-Bahn angehalten und kontrolliert. Auf den Flughäfen sind die Sicherheitsvorkehrungen viel strenger geworden. … Es stellt sich wirklich die Frage, wie so etwas überhaupt passieren konnte.“

Andere meinen, Sicherheitsmängel in Russland seien keine Ausnahme, sondern die Regel.

„Wenn es sich nicht gerade um ein hochkarätiges öffentliches Ereignis wie die Olympischen Spiele handelt oder Putin involviert ist, … ist Russlands Wachsamkeit in Sachen Sicherheit immer gering“, sagt ein ehemaliger hochrangiger US-Geheimdienstmitarbeiter, der unter der Bedingung der Anonymität spricht, um sensible Angelegenheiten besprechen zu können. „Man braucht wirklich ein ausgeklügeltes System, das auf diese Art von Bedrohungen zielt, und das hat sich auf andere Bereiche konzentriert.“

Hinweis auf IS-Terroranschlag: Mutmaßlicher Angreifer spricht Tadschikisch

In seiner am Samstag im Fernsehen übertragenen Rede ging Putin nicht auf die Einschätzung von US-Beamten ein, die sagen, es gebe „keinen Grund, die Behauptung anzuzweifeln“, dass ein in Afghanistan ansässiger Zweig des Islamischen Staates für den Anschlag verantwortlich sei. Russische Staatsmedien haben jedoch Aufnahmen von mindestens zwei der mutmaßlichen Angreifer bei Verhören ausgestrahlt. Darunter eine, in der der Verdächtige Tadschikisch spricht. Tadschikistan ist ein zentralasiatisches Land an der Grenze zu Afghanistan.

Die ehemaligen US-Beamten sagen, die potenzielle terroristische Bedrohung, die von Zentralasien ausgeht, sei zu einem blinden Fleck des Putin-Regimes geworden, während es sich auf die Verfolgung politischer Feinde in Russland und auf die Bedrohungen konzentriere, die sich aus Putins Invasion in der Ukraine ergeben, einschließlich der Drohnen- und grenzüberschreitenden Angriffe.

Russland als Terror-Ziel: Viele Menschen aus Zentralasien schlossen sich dem IS an

„Sie haben der Bedrohung durch den IS, dem viele Zentralasiaten angehören, keine Priorität eingeräumt“, sagt Douglas London, ein ehemaliger hochrangiger CIA-Offizier, der sich auf Terrorismusbekämpfung und Zentralasien spezialisiert hat und als außerordentlicher Professor an der „School of Foreign Service“ der Georgetown University tätig ist. „Tausende von Zentralasiaten schlossen sich dem Islamischen Staat an, und viele kehrten nach dem Verlust des Kalifats aus Syrien und dem Irak zurück. Viele von ihnen stiegen in sehr hohe Positionen auf und kamen entweder aus der Armee, der Polizei oder den Geheimdiensten einer Reihe von zentralasiatischen Staaten.“

„Das zentralasiatische Element von ISIS hatte es immer auf Russland abgesehen“, fügt London hinzu. „Ich glaube nicht, dass der russische Geheimdienst schockiert und überrascht ist, dass es ein Problem gab. Es stand einfach nicht hoch genug auf ihrer Agenda.“

Mary Ilyushina in Berlin, Natalia Abbakumova in Riga, Lettland, und Kostiantyn Khudov in Kiew haben zu diesem Bericht beigetragen.

Zu den Autoren

Catherine Belton ist eine internationale investigative Reporterin für die Washington Post und berichtet über Russland. Sie ist die Autorin von „Putin‘s People“, einem New York Times Critics‘ Book of 2020 und einem Buch des Jahres für die Times, den Economist und die Financial Times. Belton hat auch für Reuters und die Financial Times gearbeitet.

Robyn Dixon ist eine Auslandskorrespondentin, die zum dritten Mal in Russland ist, nachdem sie seit Anfang der 1990er Jahre fast ein Jahrzehnt lang dort berichtet hat. Seit November 2019 ist sie Leiterin des Moskauer Büros der Washington Post.

Wir testen zurzeit maschinelle Übersetzungen. Dieser Artikel wurde aus dem Englischen automatisiert ins Deutsche übersetzt.

Dieser Artikel war zuerst am 25. März 2024 in englischer Sprache bei der „Washingtonpost.com“ erschienen – im Zuge einer Kooperation steht er nun in Übersetzung auch den Lesern der IPPEN.MEDIA-Portale zur Verfügung.

Rubriklistenbild: © Anna Nosova/Imago

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