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„Kein Grund, warum sie es nicht tun sollten“

Vor Putin-Besuch: US-Geheimdienste alarmiert – Russland könnte China bei einer Taiwan-Invasion unterstützen

China will sich Taiwan einverleiben – zur Not auch mit Gewalt. Rückendeckung bekommt Peking von Russland, das in der Region seine eigenen Interessen verfolgt.

Im Ukraine-Krieg weiß Russland den großen Nachbarn China an seiner Seite. Peking hat den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Russen bislang nicht verurteilt, fordert keinen Rückzug der Kreml-Truppen – und lässt zu, dass chinesische Unternehmen Güter an Russland verkaufen, die sich auch militärisch nutzen lassen. „Russland würde es schwer haben, seinen Angriff auf die Ukraine ohne Chinas Unterstützung aufrechtzuerhalten“, sagte unlängst US-Außenminister Antony Blinken. Der Krieg hat auch Russlands Präsidenten Wladimir Putin und Chinas Staatschef Xi Jinping enger zusammengebracht, ab Donnerstag (16. Mai) wird Putin einmal mehr in Peking erwartet.

Zum Dank für die chinesische Unterstützung deckt Putin den Chinesen in einem anderen großen Konflikt den Rücken: In Sachen Taiwan hat sich Russland ganz auf die Seite Pekings gestellt, zuletzt nach seinem Wahlsieg Mitte März erklärte Putin, die demokratisch regierte Insel sei ein Teil Chinas und müsse mit der Volksrepublik vereinigt werden.

Chinas Staats- und Parteichef: So stieg Xi Jinping zum mächtigsten Mann der Welt auf

Chinas heutiger Staatschef Xi Jinping (2. von links) mit anderen Jugendlichen im Mao-Anzug
Xi Jinping wurde am 15. Juni 1953 in Peking geboren. Als Sohn eines Vize-Ministerpräsidenten wuchs er sehr privilegiert auf. Doch in der Kulturrevolution wurde er wie alle Jugendlichen zur Landarbeit aufs Dorf geschickt. Das Foto zeigt ihn (zweiter von links) 1973 mit anderen jungen Männer in Yanchuan in der nordwestlichen Provinz Shaanxi. Dort soll Xi zeitweise wie die Einheimischen in einer Wohnhöhle gelebt haben. © imago stock&people
Xi Jinping steht vor der Golden Gate Bridge in San Francisco
Xi Jinping 1985 vor der Golden Gate Bridge in San Francisco: Damals war er als junger Parteichef des Landkreises Zhengding in der nordchinesischen Agrarprovinz Hebei Delegationsleiter einer landwirtschaftlichen Studienreise nach Muscatine im US-Bundesstaat Iowa. Dort nahm die Gruppe nach offiziellen Berichten „jeden Aspekt der modernen Landwirtschaft unter die Lupe“. Anschließend reiste Xi weiter nach Kalifornien. Es war sein erster USA-Besuch. © imago stock&people
Xi Jingping und Peng Liyuan
Zweites Eheglück: Xi Jinping und seine heutige Ehefrau, die Sängerin Peng Liyuan, Anfang 1989. Zu dieser Zeit war Xi Vizebürgermeister der ostchinesischen Hafenstadt Xiamen. Die beiden haben eine gemeinsame Tochter. Xis erste Ehe war nach nur drei Jahren an unterschiedlichen Lebenszielen gescheitert. Seine erste Frau, die Diplomatentochter Ke Lingling, zog in den 1980er-Jahren nach Großbritannien. © imago
Xi Jinping gräbt mit Parteikollegen an einem Damm zur Verstärkung eines Deiches in Fujian
Aufstieg über die wirtschaftlich boomenden Küstenregionen: 1995 war Xi Jinping bereits stellvertretender Parteichef der Taiwan gegenüberliegenden Provinz Fujian – und noch ganz volksnah. Im Dezember 1995 arbeitet er mit an der Verstärkung eines Deiches am Minjiang-Fluss. © Imago/Xinhua
Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt Chinas Vizepräsident Xi Jinping das Regierungsviertel in Berlin
Vizepräsident Xi Jinping 2009 im Kanzleramt bei Angela Merkel: Die deutsch-chinesischen Beziehungen waren unter Merkel relativ eng und von wirtschaftlicher Zusammenarbeit geprägt. Merkel und Xi reisten aus Berlin weiter nach Frankfurt, um die dortige Buchmesse zu eröffnen. China war als Ehrengast geladen. © GUIDO BERGMANN/Pool/Bundesregierung/AFP
Die Vizepräsidenten Xi Jinping aus China und Joe Biden aus den USA halten T-Shirts mit einer Freundschaftsbekundung in die Kamera
Ein Bild aus besseren Zeiten: Aus ihrer jeweiligen Zeit als Vizepräsidenten kamen Joe Biden und Xi Jinping mehrmals zusammen. Im Februar 2012 demonstrierten sie bei einer Reise Xis nach Los Angeles in einer Schule „guten Willen“ zur Freundschaft mit T-Shirts, die ihnen die Schüler überreicht hatten. Damals fehlten Xi nur noch wenige Monate, um ganz an die Spitze der Kommunistischen Partei aufzusteigen. © FREDERIC J. BROWN/AFP
Ein alter Mann in Shanghai schaut auf Xi bei seiner ersten Rede als Parteichef im Fernseher.
Xi Jinping hat es geschafft: Zum Ende des 18. Parteitags am 15. November 2012 wurde Xi als neuer Generalsekretär der Kommunisten präsentiert – und ganz China schaute zu. Xi gelobte in seiner ersten kurzen Rede als Parteichef, die Korruption zu bekämpfen und ein „besseres Leben“ für die damals 1,3 Milliarden Menschen des Landes aufzubauen.  © PETER PARKS/AFP
Der neue Staatschef Xi Jinping geht hinter seinem Vorgänger Hu Jintao zu seinem Platz in der Großen Halle des Volkes in Peking.
Übernahme auch des obersten Staatsamtes: Xi Jinping wurde auf dem Nationalen Volkskongress im März 2013 Präsident und schloß damit den Übergang von seinem Vorgänger Hu Jintao (vorn im Bild) zur Xi-Ära ab. © GOH CHAI HIN/AFP
Chinas Präsident und seine Ehefrau Peng Liyuan gehen über den Flughafen Orly in Paris.
Xi Jinpings Ehefrau Peng Liyuan ist die erste First Lady Chinas, die auch öffentlich in Erscheinung tritt. Hier kommt das Ehepaar zu einem Staatsbesuch in Frankreich an. Die Gattinnen von Xis Vorgängern hatten sich nie ins Rampenlicht gedrängt. Vielleicht auch, weil Maos politisch aktive dritte Ehefrau Jiang Qing nach dem Tod des „Großen Vorsitzenden“ als Radikale verurteilt worden war. © YOAN VALAT/Pool/AFP
Funktionäre der Kommunistischen Partei Chinas auf dem Weg zum Parteitag in Peking
So sehen KP-Funktionäre aus: Delegierte des 19. Parteitags auf dem Weg zur Großen Halle des Volkes in Peking im Oktober 2017. Auf diesem Parteitag gelang es dem Staats- und Parteichef, seine „Xi Jinping-Gedanken zum Sozialismus Chinesischer Prägung in der Neuen Ära“ in die Parteiverfassung aufzunehmen. Er war der erste nach Mao, der zu Lebzeiten in der Verfassung eine Theorie mit seinem Namen platzieren konnte. Einen Kronprinzen präsentierte Xi auf dem Parteitag nicht – entgegen den normalen Gepflogenheiten. © GREG BAKER/AFP
Xi Jinping nimmt in einer Staatslimousine „Rote Fahne“ die Parade zum 70. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China ab.
70 Jahre Volksrepublik China: Staatschef Xi Jinping nahm 2019 in einer offenen Staatslimousine Marke „Rote Fahne“ die Militärparade in Peking zum Jahrestag der Staatsgründung ab. © GREG BAKER/AFP
Wirtschaftsforum in Wladiwostok
Xi Jinping pflegt eine offene Freundschaft zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin – bis heute, trotz des russischen Angriffskrieges in der Ukraine. Putin und Xi teilen die Abneigung gegen die von den USA dominierte Weltordnung. Hier stoßen sie 2018 bei einem gemeinsamen Essen auf dem Wirtschaftsforum von Wladiwostok, auf dem sich Russland als Handelspartner und Investitionsziel im asiatischen Raum präsentierte, miteinander an. © Sergei Bobylev/POOL TASS Host Photo Agency/dpa
Xi Jinping besucht im weißen Kittel ein Labor und lässt sich die Impfstoffentwicklung erklären
Ende 2019 brach in China die Corona-Pandemie aus. Im April 2020 informierte sich Xi Jinping in einem Labor in Peking über die Fortschritte bei der Impfstoffentwicklung. Xi ist bis heute überzeugt, dass China die Pandemie besser im Griff hat als der Rest der Welt. Seine Null-Covid-Politik beendet er nicht, wohl auch wegen der viel zu niedrigen Impfquote unter alten Menschen. © Ding Haitao/Imago/Xinhua
Xi Jinpings Konterfei lächelt von einem Teller mit rotem Hintergrund
Auf dem 20. Parteitag im Oktober 2022 ließ sich Xi Jinping zum dritten Mal zum Generalsekretär der Kommunisten ernennen. Damit ist er der mächtigste Parteichef seit Mao Zedong. © Artur Widak/Imago

„Wir sehen, dass China und Russland in Bezug auf Taiwan zusammenarbeiten“

Laut der US-Geheimdienstlerin Avril Haines könnte Russland China sogar bei einer Invasion des Inselstaats unterstützen. „Wir sehen, dass China und Russland zum ersten Mal in Bezug auf Taiwan zusammenarbeiten, und erkennen, dass China definitiv möchte, dass Russland mit ihnen zusammenarbeitet, und wir sehen keinen Grund, warum sie das nicht tun sollten“, sagte Haines Anfang Mai bei einer Anhörung vor dem US-Kongress. Die 54-Jährige ist als Direktorin der nationalen Nachrichtendienste für die Koordination der US-Geheimdienste zuständig und berät US-Präsident Joe Biden. Haines bezog sich in ihren Aussagen offenbar auf gemeinsame Militärmanöver Chinas und Russlands, die 2022 erstmals auch in der Nähe von Taiwan stattfanden.

Wie die meisten Länder unterhält auch Russland keine diplomatischen Beziehungen zur Regierung in Taipeh. Taiwan wiederum hat sich im Ukraine-Krieg auf die Seite des Westens gestellt und unterstützt Kiew mit humanitären Hilfsgütern. Außerdem hat sich Taiwan den internationalen Sanktionen gegen Russland angeschlossen. Der russische Angriffskrieg hat zudem die Möglichkeit einer chinesischen Invasion Taiwans neu ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit gerückt.

Taiwan unterstützt die Ukraine gegen Russland

„Die großangelegte Invasion in der Ukraine brachte Taipeh und Moskau endgültig an entgegengesetzte geopolitische Fronten“, schreibt der Analyst Andrei Dagaev in einem Beitrag für die US-Denkfabrik Carnegie. „Unmittelbar nach Ausbruch des Krieges bekundete Taipeh unmissverständlich seine Unterstützung für die Ukraine und verpflichtete sich, sich den westlichen Sanktionen anzuschließen. Daraufhin nahm Russland Taiwan in seine Liste der ‚unfreundlichen Länder und Gebiete‘ auf.“

China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, obwohl die Kommunistische Partei nie die Kontrolle über das faktisch unabhängige Land hatte. Laut Chinas Staatschef Xi Jinping strebt Peking die friedliche „Wiedervereinigung“ mit Taiwan an, schließt aber auch eine gewaltsame Invasion nicht aus. In den letzten Jahren hat China zudem den militärischen Druck auf Taiwan erhöht und schickt fast täglich Kampfjets und Kriegsschiffe in die Nähe der Insel.

USA schmieden Allianzen gegen China

Angesichts dieser Drohgebärden haben die USA, Taiwan engster Verbündeter, bestehende Allianzen in der Region mit neuem Leben gefüllt. So traf sich unlängst US-Präsident Biden in Washington zu einem als „historisch“ bezeichneten Dreiergipfel mit Japans Premierminister Fumio Kishida und dem philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos Jr. Beide Länder liegen in unmittelbarer Nähe zu Taiwan. In Japan sind rund 54.000 US-Soldaten stationiert, auf den Philippinen hat die US-Armee Zugriff auf neun Militärbasen. Zuletzt sagten die USA Taiwan und anderen Ländern in der Region im Rahmen eines Pakets, das auch Unterstützung für die Ukraine und Israel beinhaltet, acht Milliarden US-Dollar zu.

Für den russischen Politikwissenschaftler Oleg Janowski ist das Hilfspaket für Taiwan „die wahre Eskalation – zumindest aus russischer Perspektive“. Während die 61 Milliarden US-Dollar für die Ukraine keine Trendwende auf dem Schlachtfeld herbeiführen würden, seien die Gelder für Taiwan „der eigentliche Gamechanger“.

Das Paket werde „erhebliche Auswirkungen haben, die eine konzertierte Aktion Moskaus zur Wahrung seiner Interessen erfordern“, schreibt Janowski in einem Beitrag für das Magazin The Diplomat. „Die indo-pazifische Region ist Russlands Hinterhof und ein vorrangiges Ziel für Handel und Diplomatie.“ Die US-Hilfen dürften deswegen „nicht unterschätzt werden“. (sh)

Rubriklistenbild: © Imago/VCG

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