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Gipfel mit Japan und den Philippinen

Bündnis gegen China: Joe Biden schmiedet neue Asien-Allianz

US-Präsident Biden (Mitte) empfing am Donnerstag Ferdinand Marcos Jr. (links) und Fumio Kishida in Washington.
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US-Präsident Biden (Mitte) empfing am Donnerstag Ferdinand Marcos Jr. (links) und Fumio Kishida in Washington.

Drei gegen einen: Auf einem „historischen“ Gipfel in Washington haben die USA, Japan und die Philippinen ihr Bündnis vertieft. Im Visier: die Volksrepublik China.

Auf chinesischen Weltkarten liegt nicht Europa im Zentrum, sondern Asien. Afrika und Europa sind an den linken Rand gedrängt, ganz rechts liegt Amerika. Blicken chinesische Politiker und Strategen nach Osten, dann sehen sie also vor allem eines: Rivalen. Da sind natürlich die USA, die versuchen, das Land mit Sanktionen und immer neuen Bündnissen kleinzuhalten – so zumindest sieht man das in Peking. Und auch direkt vor Chinas Haustür sind die Amerikaner präsent. Mehr als 28.000 US-Soldaten sind in Südkorea stationiert, in Japan sind es rund 50.000. Hinzu kommen Militärbasen auf den Philippinen, die von den Amerikanern genutzt werden – und natürlich Taiwan, das von den USA mit Waffen versorgt wird, auch wenn beide Länder keine diplomatischen Beziehungen miteinander unterhalten.

In dieser Woche hat US-Präsident Joe Biden nun zwei der wichtigsten Partner der USA noch enger an sich gebunden: Japan und die ehemalige Kolonie Philippinen. Am Dienstag empfing er zunächst Japans Premierminister Fumio Kishida zu einem Staatsbankett – eine Ehre, die Biden bislang nur vier weiteren Gästen zuteil kommen ließ. Bereits im vergangenen Jahr war Kishida in den USA, zu einem Dreiergipfel mit Südkoreas Präsidenten Yoon Suk-yeol. Am Mittwoch unterzeichneten Biden und Kishida mehrere bilaterale Abkommen, die Biden als „bedeutendstes Upgrade unseres Bündnisses seit seiner Gründung“ bezeichnete.

USA und Japan besorgt wegen China: „Die Ukraine von heute kann morgen Ostasien sein“

Die Streitkräfte beider Länder sollen künftig enger zusammenarbeiten, die USA wollen Japans Militär materiell und technologisch weiter unterstützen. Auch wird Tokio enger ins amerikanische Bündnissystem eingebunden. Geplant sind gemeinsame Militärmanöver mit Großbritannien und der Aufbau eines Luftabwehrnetzes zusammen mit Australien. Auch gibt es Überlegungen, Japan in das Verteidigungsbündnis AUKUS (bestehend aus Australien, Großbritannien und den USA) zu integrieren. Japan würde so bei der Entwicklung fortschrittlicher Kampffähigkeiten wie Künstlicher Intelligenz, Unterwasserdrohnen und Hyperschallraketen mit den drei AUKUS-Staaten zusammenarbeiten.

Dass es bei all dem um ein immer selbstbewusster auftretendes China geht, mussten Biden und Kishida gar nicht aussprechen. „Die Ukraine von heute kann morgen Ostasien sein“, erklärte Japans Premier lediglich. Bereits Ende 2022 hatte sich Japan eine neue Nationale Sicherheitsstrategie verpasst, in der vom „ärgsten und kompliziertesten Sicherheitsumfeld“ seit dem Zweiten Weltkrieg die Rede ist. Bis 2027 will Japan seinen Verteidigungsetat auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts verdoppeln.

Tokio und Peking streiten seit Jahrzehnten um ein paar unbewohnte Inselchen im Ostchinesischen Meer, vor allem aber ist in Japan die Sorge groß, China könnte eines Tages Ernst machen und Taiwan angreifen – die demokratisch regierte Insel, die Peking als Teil des eigenen Staatsgebiets betrachtet, liegt nur einen Steinwurf entfernt von Japans südwestlichem Zipfel. „Bei einer chinesischen Invasion wird Japan die USA sehr wahrscheinlich unterstützen“, sagt May-Britt Stumbaum, Direktorin der Denkfabrik Spear Institute und Associate Fellow an der Bundeswehr Universität München. Den USA gehe es beim Schulterschluss mit Japan deshalb auch um einen „Abschreckungseffekt auf ein als zunehmend aggressiv wahrgenommenes China“.

China und Taiwan: Darum geht es in dem Konflikt

Taiwans F-16-Kampfjet (links) überwacht einen der beiden chinesischen H-6-Bomber, die den Bashi-Kanal südlich von Taiwan und die Miyako-Straße in der Nähe der japanischen Insel Okinawa überflogen.
Seit Jahrzehnten schon schwelt der Taiwan-Konflikt. Noch bleibt es bei Provokationen der Volksrepublik China; eines Tages aber könnte Peking Ernst machen und in Taiwan einmarschieren. Denn die chinesische Regierung hält die demokratisch regierte Insel für eine „abtrünnige Provinz“ und droht mit einer gewaltsamen „Wiedervereinigung“. Die Hintergründe des Konflikts reichen zurück bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. © Taiwan Ministry of Defence/AFP
Chinas letzter Kaiser Puyi
Im Jahr 1911 zerbricht das viele Jahrtausende alte chinesische Kaiserreich. Der letzte Kaiser Puyi (Bild) wird abgesetzt, die Xinhai-Revolution verändert China für immer. Doch der Weg in die Moderne ist steinig. Die Jahre nach der Republikgründung waren von Wirren und internen Konflikten geprägt.  © Imago
Porträt von Sun Yatsen auf dem Tiananmen-Platz in Peking
Im Jahr 1912 gründet Sun Yat-sen (Bild) die Republik China. Es folgen Jahre des Konflikts. 1921 gründeten Aktivisten in Shanghai die Kommunistische Partei, die zum erbitterten Gegner der Nationalisten (Guomindang) Suns wird. Unter seinem Nachfolger Chiang Kai-shek kommt es zum Bürgerkrieg mit den Kommunisten. Erst der Einmarsch Japans in China ab 1937 setzt den Kämpfen ein vorübergehendes Ende. © Imago
Mao Zedong ruft die Volksrepublik China aus
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der Kapitulation Japans flammt der Bürgerkrieg wieder auf. Aus diesem gehen 1949 die Kommunisten als Sieger hervor. Mao Zedong ruft am 1. Oktober in Peking die Volksrepublik China aus (Bild).  © Imago Images
Chiang Kai-shek
Verlierer des Bürgerkriegs sind die Nationalisten um General Chiang Kai-shek (Bild). Sie fliehen 1949 auf die Insel Taiwan. Diese war von 1895 bis 1945 japanische Kolonie und nach der Niederlage der Japaner an China zurückgegeben worden. Auf Taiwan lebt seitdem die 1912 gegründete Republik China weiter. Viele Jahre lang träumt Chiang davon, das kommunistisch regierte Festland zurückzuerobern – während er zu Hause in Taiwan mit eiserner Hand als Diktator regiert. © Imago
Richard Nixon und Zhou Enlai 1972
Nach 1949 gibt es zwei Chinas: die 1949 gegründete Volksrepublik China und die Republik China auf Taiwan, die 1912 gegründet wurde. Über Jahre gilt die taiwanische Regierung als legitime Vertreterin Chinas. Doch in den 70er-Jahren wenden sich immer mehr Staaten von Taiwan ab und erkennen die kommunistische Volksrepublik offiziell an. 1972 verliert Taiwan auch seinen Sitz in den Vereinten Nationen, und Peking übernimmt. Auch die USA brechen mit Taiwan und erkennen 1979 – sieben Jahre nach Richard Nixons legendärem Peking-Besuch (Bild) – die Regierung in Peking an. Gleichzeitig verpflichten sie sich, Taiwan mit Waffenlieferungen zu unterstützen. © Imago/UIG
Chiang Ching-Kuo in Taipeh
Im Jahr 1975 stirbt Taiwans Dikator Chiang Kai-shek. Neuer Präsident wird drei Jahre später dessen Sohn Chiang Ching-kuo (Bild). Dieser öffnet Taiwan zur Welt und beginnt mit demokratischen Reformen. © imago stock&people
Chip made in Taiwan
Ab den 80er-Jahren erlebt Taiwan ein Wirtschaftswunder: „Made in Taiwan“ wird weltweit zum Inbegriff für günstige Waren aus Fernost. Im Laufe der Jahre wandelt sich das Land vom Produzenten billiger Produkte wie Plastikspielzeug zur Hightech-Nation. Heute hat in Taiwan einer der wichtigsten Halbleiter-Hersteller der Welt - das Unternehmen TSMC ist Weltmarktführer. © Torsten Becker/Imago
Tsai Ing-wen
Taiwan gilt heute als eines der gesellschaftlich liberalsten und demokratischsten Länder der Welt. In Demokratie-Ranglisten landet die Insel mit ihren knapp 24 Millionen Einwohnern immer wieder auf den vordersten Plätzen. Als bislang einziges Land in Asien führte Taiwan 2019 sogar die Ehe für alle ein. Regiert wurde das Land von 2016 bis 2024 von Präsidentin Tsai Ing-wen (Bild) von der Demokratischen Fortschrittspartei. Ihr folgte im Mai 2024 ihr Parteifreund Lai Ching-te. © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping
Obwohl Taiwan nie Teil der Volksrepublik China war, will Staats- und Parteichef Xi Jinping (Bild) die Insel gewaltsam eingliedern. Seit Jahrzehnten droht die kommunistische Führung mit der Anwendung von Gewalt. Die meisten Staaten der Welt – auch Deutschland und die USA – sehen Taiwan zwar als einen Teil von China an – betonen aber, dass eine „Wiedervereinigung“ nur friedlich vonstattengehen dürfe. Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus. Die kommunistiche Diktatur Chinas ist für die meisten Taiwaner nicht attraktiv. © Dale de la Rey/AFP
Militärübung in Kaohsiung
Ob und wann China Ernst macht und in Taiwan einmarschiert, ist völlig offen. Es gibt Analysten, die mit einer Invasion bereits in den nächsten Jahren rechnen – etwa 2027, wenn sich die Gründung der Volksbefreiungsarmee zum 100. Mal jährt. Auch das Jahr 2049 – dann wird die Volksrepublik China 100 Jahre alt – wird genannt. Entscheidend dürfte sein, wie sicher sich China ist, einen Krieg auch zu gewinnen. Zahlenmäßig ist Pekings Armee der Volksrepublik den taiwanischen Streitkräften überlegen. Die Taiwaner sind dennoch gut vorbereitet. Jedes Jahr finden große Militärübungen statt; die Bevölkerung trainiert den Ernstfall, und die USA liefern Hightech-Waffen.  © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping auf einem chinesischen Kriegsschiff
Analysten halten es für ebenso möglich, dass China zunächst nicht zu einer Invasion Taiwans blasen wird, sondern mit gezielten Nadelstichen versuchen könnte, den Kampfgeist der Taiwaner zu schwächen. So könnte Xi Jinping (Bild) eine Seeblockade anordnen, um die Insel Taiwan vom Rest der Welt abzuschneiden. Auch ein massiver Cyberangriff wird für möglich gehalten.  © Li Gang/Xinhua/Imago
Protest in Taiwan
Auch wenn die Volksrepublik weiterhin auf eine friedliche „Wiedervereinigung“ mit Taiwan setzt: Danach sieht es derzeit nicht aus. Denn die meisten Taiwaner fühlen sich längst nicht mehr als Chinesen, sondern eben als Taiwaner. Für sie ist es eine Horrorvorstellung, Teil der kommunistischen Volksrepublik zu werden und ihre demokratischen Traditionen und Freiheiten opfern zu müssen. Vor allem das chinesische Vorgehen gegen die Demokratiebewegung in Hongkong hat ihnen gezeigt, was passiert, wenn die Kommunistische Partei den Menschen ihre Freiheiten nimmt. © Ritchie B. Tongo/EPA/dpa

Gefährliche Zusammenstöße im Südchinesischen Meer

Brisant sind auch die Gebietsstreitigkeiten, die China seit Jahren mit den Philippinen um mehrere Inselchen und Atolle im Südchinesischen Meer ausficht. Und das nicht nur mit Worten: Immer wieder stoßen Küstenwachenschiffe der beiden Länder in der Region zusammen, zuletzt wurden dabei mehrere Menschen verletzt. Die Regierung in Manila schätze „die Gefahr eines Krieges hier noch dringlicher und höher ein als in der Taiwan-Straße“, sagt Stumbaum. China beansprucht fast das gesamte Südchinesische Meer für sich, wichtige Handelsrouten verlaufen durch die Region, zudem werden dort große Öl- und Gasvorkommen vermutet.

Bei einem als „historisch“ bezeichneten Dreiergipfel von Biden, Kishida und dem philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos Jr. am Donnerstag sagte der US-Präsident den Philippinen erneut seine Unterstützung in der Region zu. „Jeder Angriff auf philippinische Flugzeuge, Schiffe oder Streitkräfte im Südchinesischen Meer“ würde eine Vereinbarung zur gegenseitigen Verteidigung aktivieren, so Biden. In einer gemeinsamen Stellungnahme werfen Biden, Kishida und Marcos China zudem ein „gefährliches und aggressives Verhalten“ in der strategisch wichtigen Meeresregion vor.

China wittert eine „Verleumdungskampagne“

Scharfe Kritik an dem Dreierbündnis kam umgehend aus Peking. „China ist gegen die Bildung exklusiver Gruppen in der Region“, teilte das Außenamt in Peking am Freitag mit und sprach von einer „Verleumdungskampagne“ gegen die Volksrepublik. Zudem bestellte Peking Diplomaten aus Japan und den Philippinen zum Rapport ein. Die staatliche China Daily warnte bereits im Vorfeld des Gipfels: „Wenn Japan und die Philippinen auf das Spiel der USA setzen, wird dies für sie selbst und die Region ein teurer Spaß.“

Für die Analystin Stumbaum ist der Zeitpunkt des Dreiergipfels von Washington kein Zufall. In den USA wird im November gewählt, dann könnte der nächste Präsident erneut Donald Trump heißen. Japan und den Philippinen sei „daran gelegen, vor einem möglichen Politikwechsel im November 2024 in Washington die Verbindungen so gut wie möglich auszubauen und mit Absprachen, Abkommen und Verträgen zu untermauern“, so Stumbaum. Denn Trump, das ist bekannt, ist kein Freund von Bündnissen. Japan und die Philippinen wollen vorbereitet sein.

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