„Etwas kreativer“?
Letzte Generation will ins Europaparlament: Spitzenkandidat erklärt Pläne – und „Bammel“
„Parlament aufmischen“: Der Name lässt erahnen, was die Aktivisten in Straßburg vorhaben. Spitzenkandidat Theodor Schnarr verrät im Gespräch, was wirklich dahintersteckt.
Die Letzte Generation kennen die meisten von ihren Aktionen gegen die Klimakrise. Sind sie jetzt auch eine Partei? Mit ihrer neuen politischen Vereinigung „Parlament aufmischen“ wollen sie zumindest ins Europaparlament einziehen. „Wir wollen ins Parlament, um zu protestieren und damit die Aufmerksamkeit darauf lenken, wenn Unrecht passiert“, sagt Spitzenkandidat Theodor Schnarr BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA.
Letzte Generation bei der Europawahl: Diese Pläne verfolgt „Parlament aufmischen“
Bei der Letzten Generation kann Protest natürlich vieles bedeuten. Mitglieder der Gruppe klebten sich in der Vergangenheit auf Straßen und Rollfeldern fest oder begaben sich in den Hungerstreik. Wir fragen, ob sie im Parlament Zwischenrufe planen – ähnlich wie bei einer Podiumsdiskussion mit Olaf Scholz, den die Letzten Generation ausbuhte. Schnarr teilt mit, dass der Protest womöglich „etwas kreativer“ ablaufen könnte.
Den genauen Plan diskutiert „Parlament aufmischen“ noch. „Es wird darum gehen, die gespielte Normalität, die gerade existiert, zu unterbrechen“, sagt Schnarr. Der 33-Jährige meint damit den Umgang der europäischen Parteien mit der Klimakrise.
„Parlament aufmischen“ fordert „Ehrlichkeit“ von den anderen Parteien
„Wir stehen am Scheideweg. Entweder wir schauen zu, wie uns die Welt um die Ohren fliegt oder wir fangen an, sie mit den Veränderungen zu gestalten. Politikerinnen und Politiker müssen das ehrlich kommunizieren“, fordert Schnarr. Diese „Ehrlichkeit“ fordert „Parlament aufmischen“ auch bei der Europawahl. Den Aktivistinnen und Aktivisten geht es insbesondere darum, wie über Ereignisse der Klimakrise gesprochen wird.
Auch wenn Protest ihr erstes Ziel ist, wird sich die Letzte Generation bei Abstimmungen nicht zurückhalten. „Natürlich wollen wir unsere Stimme im Parlament auch nutzen“, sagt Schnarr. Wie gewöhnliche Parteien hat auch „Parlament aufmischen“ Forderungen: Einen Gesellschaftsrat für mehr politische Mitbestimmung, der schon länger auf der Agenda der Letzten Generation steht, sowie einen Gas- und Kohleausstieg bis 2030.
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Der junge Letzte-Generation-Spitzenkandidat hat „Bammel“ beim Gedanken ans Europaparlament
Ob überhaupt jeder von „Parlament aufmischen“ mitbekommen hat, da ist sich der 33-Jährige nicht sicher. Der Wahlkampf spielte sich hauptsächlich auf Social Media ab. Weil man keine klassische Partei sei, habe es auch keine Wahlwerbung gegeben, heißt es vom Spitzenkandidat. Stattdessen vergleicht er „Parlament aufmischen“ mit der Satire- und Protestpartei „Die Partei“.
Neben jungen Menschen könnten auch ältere Frustrierte unter den Wählerinnen und Wählern sein, vermutet er. Viele Menschen seien unzufrieden, weil „große Parteien business as usual machen, obwohl wir gerade in einer existenziellen Krise sind.“ Schnarr hält es für wahrscheinlich, dass „Parlament aufmischen“ in Straßburg und Brüssel einziehen wird. Wenn nicht er, der auf dem zweiten Listenplatz ist, dann seine Kollegin Lina Johnsen, die auf dem ersten Platz steht.
Beim Blick auf die bevorstehenden Wahlen verspürt der junge Spitzenkandidat eine „Achterbahn der Gefühle“. Bisher war der Aktivist, der schon einmal im Gespräch mit BuzzFeed News war, nur bei Straßenprotesten aktiv. „Wenn ich daran denke, dass es mit dem Einzug ins Parlament tatsächlich klappen könnte, bin ich positiv aufgeregt, aber habe gleichzeitig Bammel. Ich habe in Greifswald mein gewohntes Umfeld und weiß nicht, ob ich dort bleiben kann.“ Bevor es losgehen sollte, möchte er noch seine Doktorarbeit in Biochemie fertig schreiben.
Rubriklistenbild: © Corinne Holthuizen
