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US-Außenminister reist nach China

„Nur im Kalten Krieg war es zwischen China und den USA noch schlimmer“

Im November trafen Xi Jinping und Joe Biden in Bali zusammen.
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Im November trafen Xi Jinping und Joe Biden beim G20-Gipfel in Bali zusammen.

Annäherung unmöglich? Am Wochenende reist US-Außenminister Blinken nach Peking. Ein Experte bezweifelt, dass das Treffen die Beziehungen zwischen China und den USA verbessern wird.

München – „Solange die Hügel grün sind, gibt es Holz, das man verbrennen kann“, heißt es in einem chinesischen Sprichwort. Auf Deutsch würde man wohl sagen: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Das gilt natürlich auch für die derzeit wohl kompliziertesten Beziehungen in der Weltpolitik, nämlich jene zwischen China und den USA. Auf dem Spiel steht vieles, vom Frieden in der Taiwan-Straße bis zur Zusammenarbeit beim Klimaschutz. Die Hoffnung aber schwindet, dass die beiden Großmächte bald wieder zueinander finden könnten. Dazu wurde in den vergangenen Jahren und Monaten zu viel Porzellan zerschlagen, von beiden Seiten. Ob der für dieses Wochenende geplante Peking-Besuch von US-Außenminister Blinken daran etwas ändern wird, ist fraglich.

Es habe in der Vergangenheit schon viele Tiefpunkte in den Beziehungen zwischen Peking und Washington gegeben, sagt Andrew Small, China-Experte bei der US-Denkfabrik German Marshall Fund. Etwa nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Jahr 1989, als die Führung in Peking Hunderte Demonstranten niederschießen ließ. Oder während einer der heftigsten Taiwan-Krisen, Mitte der 90er-Jahre: Damals wählte Taiwan erstmals frei seinen Präsidenten – und China feuerte als Antwort mehrere Raketen in Richtung Taiwan ab. Die USA schickten daraufhin mehrere Kriegsschiffe in die Region.

China und Taiwan: Darum geht es in dem Konflikt

Taiwans F-16-Kampfjet (links) überwacht einen der beiden chinesischen H-6-Bomber, die den Bashi-Kanal südlich von Taiwan und die Miyako-Straße in der Nähe der japanischen Insel Okinawa überflogen.
Seit Jahrzehnten schon schwelt der Taiwan-Konflikt. Noch bleibt es bei Provokationen der Volksrepublik China; eines Tages aber könnte Peking Ernst machen und in Taiwan einmarschieren. Denn die chinesische Regierung hält die demokratisch regierte Insel für eine „abtrünnige Provinz“ und droht mit einer gewaltsamen „Wiedervereinigung“. Die Hintergründe des Konflikts reichen zurück bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. © Taiwan Ministry of Defence/AFP
Chinas letzter Kaiser Puyi
Im Jahr 1911 zerbricht das viele Jahrtausende alte chinesische Kaiserreich. Der letzte Kaiser Puyi (Bild) wird abgesetzt, die Xinhai-Revolution verändert China für immer. Doch der Weg in die Moderne ist steinig. Die Jahre nach der Republikgründung waren von Wirren und internen Konflikten geprägt.  © Imago
Porträt von Sun Yatsen auf dem Tiananmen-Platz in Peking
Im Jahr 1912 gründet Sun Yat-sen (Bild) die Republik China. Es folgen Jahre des Konflikts. 1921 gründeten Aktivisten in Shanghai die Kommunistische Partei, die zum erbitterten Gegner der Nationalisten (Guomindang) Suns wird. Unter seinem Nachfolger Chiang Kai-shek kommt es zum Bürgerkrieg mit den Kommunisten. Erst der Einmarsch Japans in China ab 1937 setzt den Kämpfen ein vorübergehendes Ende. © Imago
Mao Zedong ruft die Volksrepublik China aus
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der Kapitulation Japans flammt der Bürgerkrieg wieder auf. Aus diesem gehen 1949 die Kommunisten als Sieger hervor. Mao Zedong ruft am 1. Oktober in Peking die Volksrepublik China aus (Bild).  © Imago Images
Chiang Kai-shek
Verlierer des Bürgerkriegs sind die Nationalisten um General Chiang Kai-shek (Bild). Sie fliehen 1949 auf die Insel Taiwan. Diese war von 1895 bis 1945 japanische Kolonie und nach der Niederlage der Japaner an China zurückgegeben worden. Auf Taiwan lebt seitdem die 1912 gegründete Republik China weiter. Viele Jahre lang träumt Chiang davon, das kommunistisch regierte Festland zurückzuerobern – während er zu Hause in Taiwan mit eiserner Hand als Diktator regiert. © Imago
Richard Nixon und Zhou Enlai 1972
Nach 1949 gibt es zwei Chinas: die 1949 gegründete Volksrepublik China und die Republik China auf Taiwan, die 1912 gegründet wurde. Über Jahre gilt die taiwanische Regierung als legitime Vertreterin Chinas. Doch in den 70er-Jahren wenden sich immer mehr Staaten von Taiwan ab und erkennen die kommunistische Volksrepublik offiziell an. 1972 verliert Taiwan auch seinen Sitz in den Vereinten Nationen, und Peking übernimmt. Auch die USA brechen mit Taiwan und erkennen 1979 – sieben Jahre nach Richard Nixons legendärem Peking-Besuch (Bild) – die Regierung in Peking an. Gleichzeitig verpflichten sie sich, Taiwan mit Waffenlieferungen zu unterstützen. © Imago/UIG
Chiang Ching-Kuo in Taipeh
Im Jahr 1975 stirbt Taiwans Dikator Chiang Kai-shek. Neuer Präsident wird drei Jahre später dessen Sohn Chiang Ching-kuo (Bild). Dieser öffnet Taiwan zur Welt und beginnt mit demokratischen Reformen. © imago stock&people
Chip made in Taiwan
Ab den 80er-Jahren erlebt Taiwan ein Wirtschaftswunder: „Made in Taiwan“ wird weltweit zum Inbegriff für günstige Waren aus Fernost. Im Laufe der Jahre wandelt sich das Land vom Produzenten billiger Produkte wie Plastikspielzeug zur Hightech-Nation. Heute hat in Taiwan einer der wichtigsten Halbleiter-Hersteller der Welt - das Unternehmen TSMC ist Weltmarktführer. © Torsten Becker/Imago
Tsai Ing-wen
Taiwan gilt heute als eines der gesellschaftlich liberalsten und demokratischsten Länder der Welt. In Demokratie-Ranglisten landet die Insel mit ihren knapp 24 Millionen Einwohnern immer wieder auf den vordersten Plätzen. Als bislang einziges Land in Asien führte Taiwan 2019 sogar die Ehe für alle ein. Regiert wurde das Land von 2016 bis 2024 von Präsidentin Tsai Ing-wen (Bild) von der Demokratischen Fortschrittspartei. Ihr folgte im Mai 2024 ihr Parteifreund Lai Ching-te. © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping
Obwohl Taiwan nie Teil der Volksrepublik China war, will Staats- und Parteichef Xi Jinping (Bild) die Insel gewaltsam eingliedern. Seit Jahrzehnten droht die kommunistische Führung mit der Anwendung von Gewalt. Die meisten Staaten der Welt – auch Deutschland und die USA – sehen Taiwan zwar als einen Teil von China an – betonen aber, dass eine „Wiedervereinigung“ nur friedlich vonstattengehen dürfe. Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus. Die kommunistiche Diktatur Chinas ist für die meisten Taiwaner nicht attraktiv. © Dale de la Rey/AFP
Militärübung in Kaohsiung
Ob und wann China Ernst macht und in Taiwan einmarschiert, ist völlig offen. Es gibt Analysten, die mit einer Invasion bereits in den nächsten Jahren rechnen – etwa 2027, wenn sich die Gründung der Volksbefreiungsarmee zum 100. Mal jährt. Auch das Jahr 2049 – dann wird die Volksrepublik China 100 Jahre alt – wird genannt. Entscheidend dürfte sein, wie sicher sich China ist, einen Krieg auch zu gewinnen. Zahlenmäßig ist Pekings Armee der Volksrepublik den taiwanischen Streitkräften überlegen. Die Taiwaner sind dennoch gut vorbereitet. Jedes Jahr finden große Militärübungen statt; die Bevölkerung trainiert den Ernstfall, und die USA liefern Hightech-Waffen.  © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping auf einem chinesischen Kriegsschiff
Analysten halten es für ebenso möglich, dass China zunächst nicht zu einer Invasion Taiwans blasen wird, sondern mit gezielten Nadelstichen versuchen könnte, den Kampfgeist der Taiwaner zu schwächen. So könnte Xi Jinping (Bild) eine Seeblockade anordnen, um die Insel Taiwan vom Rest der Welt abzuschneiden. Auch ein massiver Cyberangriff wird für möglich gehalten.  © Li Gang/Xinhua/Imago
Protest in Taiwan
Auch wenn die Volksrepublik weiterhin auf eine friedliche „Wiedervereinigung“ mit Taiwan setzt: Danach sieht es derzeit nicht aus. Denn die meisten Taiwaner fühlen sich längst nicht mehr als Chinesen, sondern eben als Taiwaner. Für sie ist es eine Horrorvorstellung, Teil der kommunistischen Volksrepublik zu werden und ihre demokratischen Traditionen und Freiheiten opfern zu müssen. Vor allem das chinesische Vorgehen gegen die Demokratiebewegung in Hongkong hat ihnen gezeigt, was passiert, wenn die Kommunistische Partei den Menschen ihre Freiheiten nimmt. © Ritchie B. Tongo/EPA/dpa

China wirft den USA „umfassende Eindämmung und Unterdrückung“ vor

„Heute aber geht es nicht um einzelne spezifische Themen“, sagt Small zu IPPEN.MEDIA. „Sondern um die Tatsache, dass beide Seiten sich in einer sich verschärfenden Rivalität sehen, die andauern wird.“ Im vergangenen März warf Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping dem Westen und allen voran den USA vor, „eine umfassende Eindämmung und Unterdrückung Chinas“ zu betreiben. Washington wolle den Aufstieg des Landes verhindern, etwa durch Sanktionen auf hoch entwickelte Mikrochips, klagt man in Peking. Die USA wiederum werfen Peking unfaire Handelsbedingungen, ein aggressives Machtgebaren im Südchinesischen Meer und in der Taiwan-Straße vor, sowie Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang und Tibet.

Längst ist ein neuer Systemkonflikt entbrannt. Xi Jinping will die weltweite Dominanz der USA brechen, mit Wladimir Putin als seinem Juniorpartner. Die USA wollen das nicht hinnehmen. Ein China auf Augenhöhe ist für Demokraten und Republikaner gleichermaßen ein Albtraumszenario. Die Beziehungen zwischen Peking und Washington seien zuletzt vor Aufnahme der diplomatischen Beziehungen in den 1970-er Jahren „oder gar nur in der Frühphase des Kalten Krieges noch schlimmer gewesen“ als heute, sagt Experte Small.

Blinken in China: Wieder Spionagevorwürfe kurz vor Reisebeginn

Voraussichtlich am Sonntag und Montag wird US-Außenminister Blinken in Peking mit seinem chinesischen Amtskollegen Qin Gang und wohl auch mit Präsident Xi zusammentreffen. Blinken ist der hochrangigste US-Politiker, der seit dem Amtsantritt von Joe Biden in China empfangen wird. Biden und Xi sprachen zuletzt im November, am Rande des G20-Gipfels, miteinander. Seitdem gab es zwar einige Treffen hochrangiger Diplomaten beider Seiten, vor allem aber viel verbales Säbelrasseln. Zuletzt Mitte der Woche, als Qin Gang von seinem amerikanischen Amtskollegen am Telefon „Respekt“ einforderte sowie die Bereitschaft, „Chinas Souveränität, Sicherheit und Entwicklungsinteressen“ zu respektieren.

Ursprünglich wollte Blinken bereits im Februar nach Peking fliegen, sagte seinen Besuch aber kurzfristig ab, nachdem über den USA ein mutmaßlicher chinesischer Spionageballon entdeckt worden war. Auch jetzt belastet eine Spionageaffäre die Beziehungen: Nachdem vergangene Woche zunächst das Wall Street Journal über angebliche chinesische Spionageaktivitäten auf Kuba berichtet hatte, sah sich Blinken gezwungen, die Vorwürfe weitgehend zu bestätigen. China wies die Anschuldigungen umgehend zurück und warf den USA „wahllose Massenspionage in der ganzen Welt“ vor.

China und die USA: Beziehungen vor Missverständnissen schützen

Manch einer in China glaubt, dass der WSJ-Bericht nicht zufällig so kurz vor Blinkens Peking-Besuch lanciert wurde. Sondern dass auch die neuen Spionage-Vorwürfe Teil einer von langer Hand geplanten Kampagne gegen China seien.

Entsprechend gering sind die Hoffnungen, dass der Blinken-Besuch eine echte Trendwende einleiten könnte. China gibt sich zwar gesprächsbereit, wirft Washington aber zugleich ein falsches Spiel vor. „Es ist nicht hinnehmbar, dass man um Kommunikation bittet und dabei die Interessen der anderen Seite verletzt“, sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin am Freitag. „Man kann nicht das eine sagen und das andere tun.“

Das Risiko versehentlicher Eskalationen ist in dieser Lage nicht zu unterschätzen. Es gehe jetzt vor allem darum, die Beziehungen „effektiv zu verwalten und zumindest die Fähigkeit zu erhalten, Geschäfte zu tätigen, Meinungen auszutauschen und Missverständnisse zu minimieren“, sagt daher Andrew Small. Mehr sei derzeit nicht drin im Verhältnis zwischen China und den USA.

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