Eindringlicher Appell von der Neuen
Söders neue Vize „muss Alarm schlagen“ – in mehrere Richtungen: „Unser Land steht am Scheideweg“
Ulrike Scharf ist überraschend zu Söders Stellvertreterin aufgestiegen. Die Sozialministerin meldet sich schnell mit einem brisanten Appell zu Wort.
München – Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist mit der Berufung von Parteikollegin Ulrike Scharf zu seiner Stellvertreterin zuletzt eine kleine Überraschung geglückt. Sozialministerin Scharf wiederum will gestärkt durch das Bonus-Amt nun offenbar schnell Akzente setzen: Ein ungewohnt eindringlicher Appell der Erdingerin zum Zustand von Demokratie und Land taugte am Sonntag (12. November) für Schlagzeilen.
„Unser Land steht am Scheideweg“ war die Pressemitteilung aus Scharfs Ministerium übertitelt. Inhalt des Papiers waren an sich neue „Schwerpunktsetzungen“. Die Rede war aber nicht von trockenen Verwaltungsakten – sondern vom Kampf gegen Antisemitismus und das Vorbeugen gegen Gewalt. „Als Sozialministerin und Ministerin gegen Extremismus muss ich Alarm schlagen“, betonte Scharf. Der Landtag hatte am Mittwoch (8. November) das neue Kabinett bestätigt.
Söders Vize warnt: „Demokratie in Grundfesten erschüttert“
Die CSU-Politikerin nahm nicht nur Hass gegen Jüdinnen und Juden, sondern auch Gefahren für die Demokratie in den Blick. „Die extremen Ränder werden stärker, unsere Demokratie wird in ihren Grundfesten erschüttert und das Vertrauen in die Politik schwindet rapide“, warnte Scharf in der Aussendung: Der Rückhalt in der Bevölkerung bröckele, man könne nun „nicht länger tatenlos zusehen“.
Ich bin bestürzt und es ist für mich schier unerträglich, dass jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger in Deutschland wieder Angst haben müssen und sich nicht mehr sicher fühlen.
Wie zuvor auch ihr Pendant auf Bundesebene, Vizekanzler Robert Habeck, nannte Scharf mehrere Dimensionen von Antisemitismus als Gefahr. Zuvorderst dabei Rechtsextremismus. Söders weiterer Stellvertreter, Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger, hatte sich vergangene Woche im ARD-Talk „Maischberger“ noch mit der Grünen-Co-Vorsitzenden Ricarda Lang über Quellen von Antisemitismus gestritten – und dabei Islamismus als Hauptproblem genannt.
„Wir müssen mit gezielter Jugendarbeit Rechtsextremismus, Antisemitismus und islamischer Hasspropaganda entgegenwirken“, betonte Scharf nun. „Junge Menschen müssen aktiv an unserer Demokratie teilnehmen“, fügte sie hinzu.
Bayerns Sozialministerin Scharf fordert „Steuerung von Migration“ – und aus für „enge Käfige in Herzen“
Auch Scharf forderte aber, Menschen mit Asyl in Deutschland müssten sich „in unsere Wertegemeinschaft integrieren“. „Sie müssen sich zu unserer Lebensart klar und deutlich bekennen – vom Frauenbild bis hin zur uneingeschränkten Solidarität mit Israel.“ Es sei ihr ein „großes Anliegen“, Menschen bestmöglich zu integrieren, erklärte Söders Sozialministerin. Sie stellte im selben Atemzug Forderungen an die Ampel-Koalition in Berlin. Integration könne nur gelingen, „wenn wir Zuwanderung begrenzen, steuern und verteilen“.
Bayerns Ministerpräsidenten seit 1945




„Das ist weder ungerecht noch unsozial oder unmenschlich – das ist schlicht und ergreifend die einzige Möglichkeit, die große Solidarität unserer Gesellschaft nicht zu überfordern und das Grundrecht auf Asyl und eine gelingende Integration umzusetzen“, erklärte Scharf. In der Migrationsdebatte müsse man aber „endlich raus aus den engen Käfigen in den Köpfen und Herzen“.
Es dürfe nicht „ein Mosaikstein moralisch gegen den anderen ausgespielt werden“, betonte Scharf weiter. Worauf genau sie anspielte, war aus dem Text der Mitteilung nicht klar ersichtlich. Qua Amt ist Scharf aber unter anderem für Familien, Kinder und Arbeit zuständig. Möglich, dass ihre Intervention indirekt auch als Appell gegen allzu harsche einseitige Schuldzuweisungen in der Debatte um Antisemitismus zu verstehen ist. Warnungen gab es zuletzt auch vor antimuslimischen Schlagseiten im aktuellen Streit. (fn)
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