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Bruder als Nachfolger gehandelt
Hoffnung und Jubel nach Tod von Hamas-Chef Sinwar – „wurde eliminiert, als er vor Angst weglief“
Israel hat mit Jihia al-Sinwar den nächsten Anführer getötet, der das Land seit Jahren terrorisiert. Benjamin Netanjahu nährt Hoffnung auf ein Ende der Gewalt.
Tel Aviv – Rund ein Jahr lang machte Israels Armee im Gazastreifen Jagd auf Jihia al-Sinwar. Die bestätigte Tötung des Hamas-Chefs, der das Massaker vom 7. Oktober 2023 mit mehr als 1000 Toten geplant haben soll, löste im Land Jubel aus. Verbunden mit der Hoffnung, die sich rasant drehende Gewaltspirale könnte nun wieder an Tempo verlieren.
Im Internet kursieren Videos von pfeifenden und klatschenden Menschen in der Stadt Aschdod oder jubelnden Badegästen nach einer Lautsprecherdurchsage an einem Strand. Ein anderer Clip soll die letzten Momente im Leben des 61-Jährigen zeigen. Zu sehen sind augenscheinlich Aufnahmen einer Drohne, die in die obere Etage eines zerstörten Gebäudes fliegt und eine vermummte und auf einem Sessel hockende Person filmt, die nach ein paar Sekunden eine Stange in Richtung des Flugobjekts wirft.
Hamas-Chef al-Sinwar tot: Top-Terrorist hatte wohl AK-47 und UNRWA-Mitarbeiterausweis bei sich
Nach dem Tod von Auslands-Chef Ismail Hanija im Sommer in Teheran ist es der zweite schwere Schlag für die radikalislamische Palästinenserorganisation, die Israel vom Gazastreifen aus mit der beispiellosen Terrorattacke überzog und noch immer 101 Geiseln in ihrer Gewalt haben soll. Laut dem israelischen Journalisten Amit Segal fanden die Soldaten bei al-Sinwars Leiche neben einer AK-47, einer Taschenlampe, einem 2017 abgelaufenen Mitarbeiterausweis des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA und Geld auch eine Packung Kaubonbons.
Der 1962 im Flüchtlingslager Chan Yunis zur Welt gekommene al-Sinwar war laut BBC auch als Abu Ibrahim bekannt. Er machte seinen High-School-Abschluss an der Chan Yunis Secondary School for Boys und studierte Arabistik an der Islamischen Universität Gaza. Bereits mit 19 Jahren wurde er erstmals von Israel verhaftet – wegen „islamischer Aktivitäten“.
1985 kam al-Sinwar erneut in Haft. Zu jener Zeit wurde er zu einem wichtigen Verbündeten von Hamas-Gründer Scheich Ahmad Yasin. In den 1980ern baute er zudem die al-Madschd auf, die interne Sicherheitsorganisation der Hamas. Weiter heißt es, al-Sinwar sei verantwortlich für einige brutale Tötungen von Menschen, die im Verdacht standen, mit Israel zusammenzuarbeiten. So verdiente er sich den Beinamen „Schlächter von Chan Yunis“.
Israel tötet Hamas-Chef al-Sinwar: 2011 trotz lebenslanger Haft bei Gefangenenaustausch freigekommen
Weil er der Beteiligung an der Ermordung von vier Palästinensern schuldig gesprochen wurde, wurde al-Sinwar 1988 zu lebenslanger Haft verurteilt. 2011 kam er gemeinsam mit mehr als 1000 anderen palästinensischen Gefangenen im Austausch gegen den sechs Jahre zuvor von Hamas-Terroristen entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit frei. Es wird vermutet, dass er sich hinter Gittern noch mehr radikalisiert hat.
Seine Führungsposition innerhalb der Hamas nahm er danach wieder ein. Nach Hanijas Tod übernahm al-Sinwar auch die politische Führung. Zuletzt soll Israel ihm sogar den Weg raus aus dem Gazastreifen geebnet haben. Als sein möglicher Nachfolger im Gazastreifen wird sein jüngerer Bruder Mohammed al-Sinwar gehandelt, der ebenfalls eine tragende Rolle innerhalb der Terror-Organisation einnimmt. Er soll bereits mehrere israelische Attentatsversuche überlebt haben.
Vor dem Gaza-Krieg: Die Geschichte des Israel-Palästina-Konflikts in Bildern
Auch Guido Steinberg erwähnte diese Option im „heute-Journal“ des ZDF. „Sein Bruder Mohammed ist möglicherweise die erste Wahl für die Organisation, ganz einfach deshalb, weil er im militärischen Flügel der letzten Jahre schon eine wichtige Rolle gespielt hat“, erläuterte der Nahost-Experte der „Stiftung Wissenschaft und Politik“. Für ihn ist al-Sinwars Tod „eine Zäsur für die Hamas“. Als künftige Polit-Büro-Chefs stünden „zwei bis drei Kandidaten in Katar bereit“.
Netanjahu mit Angebot an Hamas: „Krieg endet, wenn die Geiseln freigelassen werden“
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verkündete die Tötung des Top-Terroristen in der im südlichen Gazastreifen gelegenen Stadt Rafah und erklärte in einer Botschaft auf Hebräisch an die Menschen im Gazastreifen gewandt: „Sinwar hat euer Leben zerstört. Er hat euch erzählt, er sei ein Löwe, aber in Wirklichkeit hat er sich in einer dunklen Höhle versteckt – und er wurde eliminiert, als er voller Angst vor den Soldaten weglief.“
In einer weiteren Ansprache auf Englisch ergänzte der Regierungschef: „Auch wenn das nicht das Ende des Kriegs in Gaza ist, ist es der Anfang vom Ende.“ Bereits morgen könne der Krieg enden: „Er kann enden, wenn die Hamas die Waffen niederlegt und unsere Geiseln freilässt.“
Den Angehörigen der Verschleppten, die seit einem Jahr in Ungewissheit leben, versprach er: „Israel ist bereit, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um sie alle nach Hause zu holen.“ Zugleich werde die Sicherheit derer garantiert, die die Geiseln freigeben. Wer den Geiseln jedoch etwa antue, werde gejagt und seiner gerechten Strafe zugeführt.
Netanjahu nach Tötung von Hamas-Chef: „Achse des Terrors bricht vor unseren Augen zusammen“
Zugleich verbreitete Netanjahu die Aussicht auf ein Ende des Blutvergießens: „Die vom Iran aufgebaute Achse des Terrors bricht vor unseren Augen zusammen.“ In diesem Zusammenhang verwies er auch darauf, dass Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah und dessen Stellvertreter Fuad Schukr, auch bekannt als al-Haddsch Mohsin, im Zuge weiterer Operationen getötet wurden. Ebenso Mohammed Deif, Oberbefehlshaber der Kassam-Brigaden und Stellvertreter al-Sinwars.
Damit reichte er den Völkern im Nahen Osten die Hand und skizzierte eine Zukunft im Frieden: „Gemeinsam können wir die Kräfte der Dunkelheit zurückweisen und eine Zukunft des Lichts und der Hoffnung für uns alle erschaffen.“
Yahya Sinwar is dead.
He was killed in Rafah by the brave soldiers of the Israel Defense Forces.
— Benjamin Netanyahu - בנימין נתניהו (@netanyahu) October 17, 2024
US-Präsident Biden über Konflikt in Nahost: „Es liegt noch viel Arbeit vor uns“
Auch Israels wichtigster Unterstützer zeigte sich zuversichtlich. US-Präsident Joe Biden, aktuell auf Staatsbesuch in Deutschland, sieht die Chance auf einen „Tag danach“ im Gazastreifen. Die Hoffnung auf ein Ende des komplizierten Konflikts in der Region wachse, „aber es liegt noch viel Arbeit vor uns“.
Großbritanniens Premierminister Keir Starmer betonte, für einen nachhaltigen Frieden brauche es eine Freilassung der Geiseln, eine sofortige Waffenruhe und eine Erhöhung der humanitären Hilfe. „Großbritannien wird seinen Tod nicht betrauern“, fügte er mit Blick auf al-Sinwar hinzu. Seine Gedanken seien bei den Familien der Opfer.
Krieg im Nahen Osten: Israelische Armee greift weiter Ziele im Gazastreifen und im Libanon an
Derweil entspannte sich die Lage in der Region zunächst keineswegs. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters ist weder im Gazastreifen noch im Libanon, wo Israel gegen die Hisbollah vorgeht, ein Nachlassen der Kämpfe abzusehen. Die vom Iran unterstützte Miliz kündigte vielmehr eine neue und verschärfte Phase der Konfrontation an.
Nach israelischen Angaben wurden mindestens 15 Raketen vom Libanon auf israelisches Gebiet abgefeuert. Die Armee Jerusalems will derweil etwa 150 Terrorziele im Gazastreifen und im Libanon angegriffen haben. Unabhängig überprüfen ließen sich diese Angaben zunächst nicht. (mg, mit dpa)