Fachkräftekongress
Azubis erklären Habeck und Heil, was bei der Ausbildung schiefläuft
Schon heute fehlen die Fachkräfte von morgen: Azubis. Nun erklärten junge Menschen den Ministern Habeck, Heil und Stark-Watzinger, wieso Ausbildungen zu unattraktiv sind.
Berlin – Am deutschen Arbeitsmarkt fehlt es quasi an allem: Fachkräften, Azubis, Arbeitskräften insgesamt. Beim Fachkräftekongress in Berlin kamen Politik und Wirtschaft zusammen, um die Probleme am Arbeitsmarkt der Zukunft zu besprechen. Dabei konfrontierten Azubis die zuständigen Minister mit den Problemen bei der Berufsausbildung: schlechte Bezahlung, zu wenig Hilfe vom Staat und Prüfungen, die die Fachkräfte von morgen abhängen.
Ausbildung: Tausende Stellen sind unbesetzt – und das Problem verschärft sich
„Wenn wir uns jetzt nicht darum kümmern, wird der Arbeits- und Fachkräftemangel zu unserer zentralen Wachstumsbremse“, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bei der Eröffnung des deutschen Fachkräftekongresses, der eines der drängendsten Probleme des Wirtschaftsstandorts Deutschland adressierte. Allein bis 2030 müssen sieben Millionen Menschen in ihren Berufen ersetzt werden, sagte Heil – zusätzlich zu den ohnehin schon unbesetzten Stellen. „Wir sind nach wie vor ein starkes Land, aber dieses Land braucht ein Update“, forderte der Arbeitsminister deshalb vor den anwesenden Wirtschaftsvertretern und Unternehmern.
Ein Teil des Problems ist, dass es in Deutschland zu wenig Azubis gibt. 2023 erreichte die Zahl unbesetzter Ausbildungsstellen mit über 73.000 einen neuen Höchstwert, wie aus Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) hervorgeht. Auch deshalb suchten Arbeitsminister Heil, Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) sowie Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) abseits von Geschäftsführern und Betriebschefs das Gespräch mit Auszubildenden. Sie sollten den Politikern erklären, wieso trotz so vielen unbesetzten Ausbildungsplätzen allein 2021 über 2,6 Millionen Menschen zwischen 20 und 34 Jahren keinen Berufsabschluss hatten.
Azubis kritisieren schlechte Bezahlung und eine Ausbildung, die mit den Anforderungen nicht mitkommt
„Die Politik will das Ansehen einer Ausbildung erhöhen, das ist ja schön. Aber eine Ausbildung muss mit guter Qualität für sich sprechen, das ist aber oft einfach nicht der Fall. Allein schon finanziell betrachtet“, sagte ein junger Lehrling zum Verfahrenstechnologen zu Arbeitsminister Heil. Auch viele andere Azubis erzählten den Ministern, dass die Bezahlung in einigen Betrieben kaum Anreize für eine Ausbildung gebe und zum Leben oft nicht reiche. Heil stimmte dem zu und versprach besonders für Lehrlinge, die nicht mehr zu Hause wohnen können, Besserung. „Deshalb ist es wichtig, nicht nur studentisches Wohnen zu fördern, sondern auch das für Azubis.“
Den zwei anderen Ministern erklärten gleich mehrere Lehrlinge, dass moderne Ausbildungen zwar gut seien, Berufsschulen bei der Anpassung ihrer Lehrpläne aber nicht hinterherkämen und deshalb reihenweise Azubis durch Prüfungen rasseln und am Ende ohne Berufsabschluss dastehen. „In der Prüfung kommen plötzlich Fragen, die wir in der Schule nie behandelt haben“, sagte etwa eine angehende IT-Kauffrau aus Franken. „Deshalb fallen etliche durch die Prüfungen, obwohl sie die perfekten Mitarbeiter wären – das sagen auch die Betriebe selbst.“
Habeck und Stark-Watzinger lernen von Azubis
Habeck schrieb sich die Bedenken der jungen Menschen auf und resümierte für sich: „Die Hürden der Prüfungsanforderungen sind also zu hoch.“ Auch Bildungsministerin Stark-Watzinger zeigte sich von dem Problem überrascht und versprach, bei den für die Ausbildungen zuständigen Ländern nachzufragen, wie viele Menschen Prüfungen nicht bestehen und versicherte den Nachwuchskräften, das Ansehen von Ausbildungen weiter erhöhen zu wollen.
Rubriklistenbild: © picture alliance/dpa | Carsten Koall
