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Ukraine-Schlingerkurs

Sanktionen gegen Putin: EU laut internem Papier zu Alleingang gezwungen

Während Trump in den Ukraine-Verhandlungen pendelt, verfolgt die EU eigene Pläne. Ein Bericht enthüllt: Bei Sanktionen gegen Russland gab es den Bruch.

Berlin/Washington, D.C. – Donald Trump hält mit seinem Schlingerkurs bei den Verhandlungen zum Ende des Ukraine-Kriegs die Welt in Atem: Der US-Präsident stellt sich mal auf die Seite der Ukraine und Europas, mal auf die von Russland und dessen Präsidenten Wladimir Putin.

Was Trump bezweckt und zu welchen Schritten er bereit ist, ist schleierhaft. Ein internes Papier des Auswärtigen Amts soll nun zeigen, dass die EU die Hoffnung aufgegeben hat, Trump bei Russland-Sanktionen noch auf ihrer Seite zu haben.

Sanktionen gegen Russland: Trump scheint Haltung zu Putin täglich zu ändern

Ob Trump zu weiteren Sanktionen bereit ist, schien bisher offen: Vor rund zwei Wochen wähnten die europäischen Regierungschefs ihn dahingehend noch auf ihrer Seite. Nach einem Telefonat mit Putin schienen dann schärfere Russland-Sanktionen für Trump kein Thema mehr zu sein.

Nach heftigen Drohnen-Attacken Russlands gegen Kiew mit dutzenden Toten attackierte Trump dann aber Putin scharf und sagte, der russische Präsident sei „absolut verrückt“ geworden. Plötzlich scheinen schärfere Sanktionen der USA gegen Putin jetzt wieder möglich, sogar noch in dieser Woche.

Trump und Putin: Die Geschichte ihrer Beziehung in Bildern

Wandbild Putin Trump Litauen
Einen besseren US-Präsidenten als Donald Trump kann sich Kremlchef Wladimir Putin gar nicht wünschen: So könnte dieses Wandbild in der litauischen Hauptstadt Vilnius interpretiert werden. Bemerkenswert: Es ist eine Aufnahme aus dem Mai 2016, als Trump nicht gar nicht im Amt war. Offenbar schwante den Menschen in Litauen schon damals Böses. © Petras Malukas/AFP
Trump telefoniert mit Putin
Trump hat seit Jahren einen guten Draht zu Putin. Am 28. Januar 2017 telefonierte er im Oval Office des Weißen Hauses zum ersten Mal mit dem russischen Präsidenten. © Mandel Ngan/AFP
Wachsfiguren von Trump und Putin
Schon damals standen sie sich auch in Wachsfigurenkabinetten nahe, so auch in Sofia (Bulgarien). © Valentina Petrova/dpa
G20-Gipfel - Trump trifft Putin
Das erste persönliche und extrem heikle Treffen mit Putin wickelte Trump beim G20-Gipfel in Hamburg im Juli 2017 unfallfrei ab. Im Kreml wie im Weißen Haus herrschten anschließend Optimismus und Zufriedenheit.  © Evan Vucci/dpa
G20 Summit - Demonstration
Aktivisten von Oxfam standen dem G20-Gipfel kritisch gegenüber. Mit ihrer Aktion wollten sie auf den Abzweig zwischen mehr sozialer Ungleichheit und weniger Armut hinzuweisen. Sie trugen Masken von Theresa May, Donald Trump, Shinzō Abe, Emmanuel Macron, Angela Merkel, Justin Trudeau, Wladimir Putin, und Jacob Zuma. © Michael Kappeler/dpa
G20-Gipfel - Trump trifft Putin
„Der Fernseh-Trump unterscheidet sich sehr vom realen Menschen,“ sagte Putin nach dem G20-Gipfel in Hamburg vor der Presse über seinen US-Kollegen Donald Trump. © Steffen Kugler/dpa
Apec-Gipfel in Vietnam
Ein zweites Mal trafen sich Trump und Putin am Rande des Gipfels der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) im vietnamesischen Da Nang. © dpa
Putin trifft Trump beim Apec-Gipfel in Vietnam
Beide Präsidenten stimmten damals überein, dass das Verhältnis ihrer Länder nicht gut sei. Putin sah weiter eine tiefe Krise. Russland sei aber bereit, „eine neue Seite aufzuschlagen, vorwärtszugehen, in die Zukunft zu schauen“. © Mikhail Klimentyev
Trump Putin Da Nang
„Wenn wir ein Verhältnis zu Russland hätten, das wäre eine gute Sache“, sagte Trump. Sein persönliches Verhältnis zu Putin sei gleichwohl in sehr gutem Zustand, obwohl man sich nicht gut kenne. © Jorge Silva/AFP
Helsinki-Gipfel
Im Juli 2018 kamen Trump und Putin in Helsinki zu ihrem ersten offiziellen Gipfel zusammen.  © Heikki Saukkomaa/dpa
USA Ausstieg aus INF-Abrüstungsvertrag
Sie begrüßten sich mit einem kurzen, doch kräftigen Händedruck. „Es ist an der Zeit, detailliert über unsere bilateralen Beziehungen zu sprechen und über die schmerzhaften Punkte auf der Welt. Davon gibt es sehr viele“, sagte Putin. Trump betonte: „Die Welt möchte, dass wir miteinander auskommen.“ © Alexander Zemlianichenko/dpa
Helsinki
Während des Gipfeltreffens gingen in Helsinki mehrere Hundert Menschen aus Protest auf die Straßen. Dabei machten sie auf eine Reihe von Missständen aufmerksam.  © Joonas SaloIlta-Sanomat/Imago
Melania Trump
Auch First Lady Melania Trump war in Helsinki mit von der Partie. © Alexei Nikolsky/AFP
Trump und Putin
Trump äußerte sich hinterher zufrieden über sein Treffen mit Putin: „Der Dialog ist sehr gut verlaufen“, sagte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Putin. „Ein produktiver Dialog ist nicht nur gut für die Vereinigten Staaten und Russland, sondern für die Welt.“ © Brendan Smialowski/AFP
Proteste gegen Treffen von Trump und Putin
Derweil protestierten die Menschen auch im fernen Washington, D.C., gegen das Treffen. Unter anderem hielt eine Frau vor dem Weißen Haus ein Schild in die Höhe, auf dem die beiden Präsidenten karikiert waren.  © Andrew Harnik/dpa
100. Jahrestag Waffenstillstand Erster Weltkrieg
Im November 2018 nahmen Trump und Putin an einer Gedenkfeier anlässlich des Endes des Ersten Weltkriegs in Paris teil. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lud damals zum Spitzentreffen ein. © Ludovic Marin/AFP
Erster Weltkrieg - Waffenstillstand 1918
Auch vor Ort waren First Lady Melania Trump (links), die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel und Brigitte Macron, die Ehefrau des französischen Präsidenten. © Francois Mori/dpa
Beginn des G20-Gipfels
Kurz danach trafen Trump und Putin beim G20-Gipfel in Buenos Aires erneut aufeinander. © Ralf Hirschberger/dpa
G20-Gipfel in Argentinien
Die Gespräche wurden von der Eskalation zwischen Russland und der Ukraine um einen Seezwischenfall vor der Krim überschattet. Deshalb sagte Trump ein direktes Treffen mit Putin am Rande des Gipfels kurzfristig ab.  © dpa
Japan, Osaka
Im Juni 2019 trafen Trump und Putin beim G20-Treffen im japanischen Osaka zusammen. © Imago
Osaka 2019
Trump wurde dabei von einem Reporter angesprochen, ob er Putin bei ihrem gemeinsamen Treffen auch sagen werde, dass sich der Kremlchef nicht in die US-Wahlen einzumischen habe. Trump beugte sich zu Putin und sagte: „Mische Dich nicht in unsere Wahlen ein“ – ein Lächeln glitt dabei über Trumps Gesicht. Die Aktion war allerdings nicht ganz ernst gemeint. © Brendan Smialowski/AFP
Osaka 2019
Trump nannte das Verhältnis zu Putin „sehr, sehr gut“.  © Brendan Smialowski/AFP
Trump Putin
Am Ende seiner ersten Amtszeit musste sich Trump wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen im Senat verantworten. Hintergrund war die sogenannte Ukraine-Affäre. Viele Menschen in den USA sahen Trump als Verräter – und Putin als Feind. © Olivier Douliery/AFP
Ukrainekrieg - Anti-Kriegsprotest in New York
Im Januar 2025 kam Trump zum zweiten Mal an die Macht. Im Ukraine-Krieg stellte er sich auf die Seite von Putin. Das rief Proteste hervor. Auch am Times Square in New York galt: Trump ist ein Verräter. © Adam Gray/dpa
Trump Putin
Trump sucht dennoch weiter die Nähe zu Putin. Nach offiziellen Angaben haben beide im Februar 2025 ein erstes Mal miteinander telefoniert, seit der US-Präsident wieder im Amt ist. Vor dem zweiten Gespräch am 18. März verkündete Trump: „Ich freue mich sehr auf das Gespräch mit Präsident Putin.“ Auch danach telefonierte er noch mehrmals mit seinem russischen Amtskollegen. © Alexander Nemenow/AFP
Trump und Putin
Am 15. Augsut 2025 kam es zum Gipfel zwischen Trump und Putin in Alaska. Es handelte sich um das erste persönliche Treffen der beiden Staatschefs seit Putins Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022. Das Treffen fand in der Stadt Anchorage statt. Am Ende gab es von beiden Staatschefs nichts Konkretes. © Andrew Caballero-Reynolds/AFP

Doch die Erfahrung lehrt, dass Trumps Meinung sich jederzeit ändern könnte. Am Sonntag klang der deutsche Außenminister Johann Wadephul (CDU) in der ARD jedenfalls zögerlich, was eine Unterstützung von Trump bei Sanktionen gegen Putin angeht. „Es wird eine klare Reaktion des Westens geben“, sagte er, „und ich denke auch von den Vereinigten Staaten von Amerika“.

Transatlantischer Bruch bei Russland-Sanktionen? Interner Bericht zu EU-Sitzung lässt tief blicken

Bisher versuchte der deutsche Kanzler Friedrich Merz viel, um das transatlantische Bündnis auch im Ukraine-Krieg zu erhalten. Denn ohne Mitwirkung der USA sind Sanktionen gegen Russland bei weitem nicht so wirksam wie europäische Strafmaßnahmen allein. Auch auf US-Waffenlieferungen ist die Ukraine dringend angewiesen.

Ein interner Bericht des Auswärtigen Amts, der dem WDR, dem NDR und der Süddeutschen Zeitung vorliegt, zeigt jetzt aber, dass die EU offenbar keine Hoffnung mehr hat, dass Trump bei Sanktionen gegen Putin mitzieht. Das Papier ist die Zusammenfassung einer nicht-öffentlichen Sitzung des EU-Rates für Auswärtige Angelegenheiten am 20. Mai in Brüssel. Ranghohe Beamte nahmen daran teil, wie der EU-Sanktionsbeauftragte David O‘Sullivan und Daniel Markic, Direktor der EU-Geheimdienstkoordinierungsstelle.

Putin-Sanktionen: „Abbruch aller Gesprächskanäle“ mit Trump laut internem Bericht

Wie O‘Sullivan aus dem internen Bericht zitiert wird, sei es zum „Abbruch aller Gesprächskanäle mit der US-Seite zu Sanktionsumgehungen“ gekommen. Es finde dazu „kein gemeinsamer Outreach mehr statt“, also gemeinsame Bemühungen, aktiv daran zu arbeiten. Auch die Kooperation der G7-Staaten habe dahingehend „an Schwung verloren“.

Trump ließ Task Force zur Sanktionen gegen Russland-Vermögen auflösen

Wie es auf tagesschau.de heißt, hat Donald Trump gleich nach seinem Amtsantritt eine Taskforce auflösen lassen, die zum Ziel hatte, Vermögen russischer Oligarchen im Ausland aufzuspüren. Auch der Austausch dazu zwischen europäischen und US-amerikanischen Finanzvermittlern finde seit einigen Wochen nicht mehr statt, heiße es aus EU-Kreisen. Die USA würden unter Trump keine Informationen mehr dazu liefern.

Die deutsche Regierung unter Merz und die europäischen Verbündeten der Ukraine sind auch ohne die USA bereit, schärfere Sanktionen gegen Putin zu beschließen. Ein 17. Sanktionspaket hat die EU vergangene Woche verabschiedet, an einem 18. Paket wird derzeit gefeilt. Offenbar soll es gegen den russischen Energie- und Bankensektor zielen.

Mit US-Hilfe bei Russland-Sanktionen wird nicht mehr gerechnet (v.l.): Der polnische Premier Donald Tusk, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der britische Premier Keir Starmer und Kanzler Friedrich Merz bei einem Telefonat mit Donald Trump am 16. Mai.

Sanktionen gegen Russland wirken offenbar – Putin fordert Beendigung in Ukraine-Verhandlungen

Ohne die Mitwirkung von Trump wirken Sanktionen gegen Russland zwar weit weniger scharf, sind aber offenbar nicht wirkungslos: Die russische Wirtschaft sei erheblich durch die schon geltenden Sanktionen getroffen, hätten O‘Sullivan und Markic laut dem internen Bericht des Auswärtigen Amts betont.

Dasselbe berichtet auch der Russland-Experte Andrey Gurkov im aktuellen Bild-Podcast „Ronzheimer“. „Die Sanktionen wirken“, versicherte er, „und mit der Zeit immer mehr“. Nicht zufällig sei eine von Putins Forderungen die Aussetzung von Sanktionen, bevor er zu Ukraine-Verhandlungen bereit sei.

Merz hebt Reichweitenbeschränkung für Ukraine-Waffen auf – Trump ohne Kommentar

Nicht nur bei den Sanktionen scheinen sich die EU und Deutschland gezwungenermaßen von den USA zu emanzipieren. Auch in Sachen Reichweitenbeschränkung von westlichen Waffen in der Ukraine vollzog Kanzler Friedrich Merz eine Wende: Am Montag erklärte er, die Waffen dürfen nun auch Militärstellungen in Russland treffen und nicht mehr nur Ziele in der Ukraine oder in den russisch besetzten Gebieten. Ob damit auch die Lieferung von Taurus-Raketen gemeint ist, blieb unklar.

Damit verlässt Merz womöglich den bisher beschrittenen Weg, alle Maßnahmen in der Ukraine eng mit den USA abzustimmen. Die Biden-Regierung hatte sich stets gegen eine Aufhebung der Reichweitenbeschränkungen ausgesprochen, da sie eine Eskalation des Ukraine-Krieges befürchtete. Das Weiße Haus unter Donald Trump lehnte eine Stellungnahme zu den Beschränkungen ab. (smu)

Rubriklistenbild: © IMAGO/UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS OFF

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