Programm von BSW
Politiker von Wagenknecht-Partei über das Gendern: „Kann verstehen, dass die Leute genervt sind“
Das Bündnis Sahra Wagenknecht zeigt sich bislang als Dagegen-Partei. Vor allem ein Thema taucht dabei immer wieder auf.
Düsseldorf/Berlin – Links, rechts oder irgendwo in der Mitte? Die neue Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) lässt sich nur bedingt ins politische Spektrum einordnen. Wirtschaftspolitisch zeigt sich die Wagenknecht-Partei eher links, plädiert für staatliche Eingriffe zugunsten sozialer Gerechtigkeit und lehnt die Privatisierung der öffentlichen Infrastruktur ab. Gesellschaftspolitisch hingegen vertritt das BSW konservative Positionen, etwa mit einer strengen Migrationspolitik. Das Wagenknecht-Bündnis wirkt bisher vor allem wie eine Dagegen-Partei: gegen alle anderen, etablierten Parteien.
Bündnis Sahra Wagenknecht: „Es gibt bei uns eben keine Cancel Culture“
Die Ausrichtung ist eher schwammig ausformuliert. „Wir stehen für eine Politik, die sich an der Realität statt an Wunschdenken ausrichtet“, heißt es auf der Webseite vom BSW. Ein offizielles Programm gibt es noch nicht. „Wir wollen diejenigen AfD-Wähler abholen, die diese rechte völkische Programmatik der Partei nicht teilen, aber eine Alternative zur Politik der Merkel- und Scholz-Jahre suchen. Wir streben nach vernünftigen Lösungen und stehen für eine ergebnisoffene Debatte“, sagte Gründungsmitglied der Wagenknecht-Partei Thomas Geisel zuletzt im Interview mit IPPEN.MEDIA.
Der ehemalige Düsseldorfer Oberbürgermeister war 40 Jahre lang bei der SPD, will jetzt für die Wagenknecht-Partei Europapolitik machen. Er erklärt das BSW so: „Wir streben nach vernünftigen Lösungen und stehen für eine ergebnisoffene Debatte. Es gibt bei uns eben keine Cancel Culture.“ Ähnlich ist es auch auf der Webseite der neuen Partei formuliert. Das Thema scheint so wichtig für das Wagenknecht-Bündnis zu sein, dass ihm gar ein eigenes Unterkapitel gewidmet ist. Und auch Sahra Wagenknecht selbst hatte unter anderem ihrer Ex-Partei, der Linken, Cancel Culture vorgeworfen. Aber was ist denn Cancel Culture aus Sicht von BSW?
Wagenknecht-Partei-Politiker über das Gendern: „In einer Baugenehmigung brauchen wir kein Gender-Sternchen“
Thomas Geisel sagt: „Nehmen wir die Corona-Diskussion. Da hieß es: Entweder bist du auf Söder-Kurs, oder du bist Corona-Leugner. Dazwischen gab es nichts. Da war man ganz schnell als Aluhut-Träger abgestempelt, wenn man einen Vorschlag gemacht hat. Und auch in der Sprache gibt es ja jetzt solche Vorschriften.“ Damit meine er das Gendern: „In einer Baugenehmigung brauchen wir kein Gender-Sternchen. Weil den Leuten das schlicht Wurst ist. Boris Palmer hat das mal Sprachjakobinismus genannt. Ich kann verstehen, dass den Leuten das Gendern auf die Nerven geht“, so Geisel.
Abseits der Oppositionsstellung – ist das BSW auch für eine Sache? „BSW steht für einen starken Sozialstaat. Einrichtungen der Infrastruktur – Straßen, Schienen, aber auch Energie- und Telekommunikationsnetze – sind natürliche Monopole und gehören in staatliche Hand“, sagt Thomas Geisel – und positioniert sich im nächsten Satz wieder gegen die Etablierten: „Gleichzeitig müssen wir der überbordenden Bürokratie und Regelungswut zu Leibe rücken. Als Robert Habeck anfing, für die erneuerbaren Energien alle möglichen Beschleunigungsgesetze zu machen, hätte ich gesagt: Herr Wirtschaftsminister, jetzt schauen Sie erst einmal, welche Vorschriften bislang alles entschleunigt haben. Die sollten wir abschaffen.“
BSW-Spitzenkandidat für Europawahl 2024: „Russland ist ein Teil Europas“
Vom 6. bis zum 9. Juni 2024 ist Europawahl, Thomas Geisel will als Spitzenkandidat für die Wagenknecht-Partei antreten. Bis dahin hat das BSW Zeit, ein klares Programm auszuarbeiten. Klar ist schon jetzt: Die Partei ist dagegen, Russland wegen des Ukraine-Kriegs weiter zu sanktionieren. Man müsse an die Zeit nach Putin denken, so Geisel: „Europa muss zusammenstehen und Russland ist ein Teil Europas.“
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