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Zwei Gewinner beim Alaska-Gipfel

Putins Ziele beim Alaska-Gipfel mit Trump: „Ukraine-Krieg spielt untergeordnete Rolle“

Trump und Putin treffen sich in Alaska: Politikwissenschaftler Klemens Fischer spricht über Putins Ziele und die Erwartungen an den Gipfel zum Ukraine-Krieg.

Anchorage – Zum ersten Mal seit Beginn seiner zweiten Amtszeit trifft US-Präsident Donald Trump den russischen Machthaber Wladimir Putin. Bei einem Gipfel am Freitag (15. August) in Alaska soll es um die Beendigung des Kriegs in der Ukraine gehen. Putins vorrangiges Ziel bei dem Treffen mit Trump sei jedoch ein anderes, erklärt der Politikwissenschaftler Klemens Fischer. Für Putin gehe es primär darum, „dass Russland wieder die Stelle in der Welt bekommt, von der er glaubt, dass sie diesem Land zusteht“.

Trump-Putin-Gipfel in Alaska: Politikwissenschaftler spricht über die Ziele des russischen Präsidenten

Putin sehe sich und Russland damit wieder dort, „wo er glaubt hinzugehören: An der Spitze; und Russland bestimmt mit den USA, wie die Weltordnung aussieht“. Für Putin sei dies „das politisch Hauptsächliche“, erklärt der Professor für internationale Beziehungen und Geopolitik an der Universität zu Köln im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Ukraine-Krieg, glaubt er, spiele für den russischen Machthaber bei dem Treffen mit Donald Trump in Alaska eine „untergeordnete Rolle“.

Ukraine-Krieg: Die Ursprünge des Konflikts mit Russland

Menschen in Kiews feiern die Unabhängigkeit der Ukraine von der Sowjetunion
Alles begann mit dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989. Die Öffnung der Grenzen zunächst in Ungarn leitete das Ende der Sowjetunion ein. Der riesige Vielvölkerstaat zerfiel in seine Einzelteile. Am 25. August 1991 erreichte der Prozess die Ukraine. In Kiew feierten die Menschen das Ergebnis eines Referendums, in dem sich die Bevölkerung mit der klaren Mehrheit von 90 Prozent für die Unabhängigkeit von Moskau ausgesprochen hatte. Im Dezember desselben Jahres erklärte sich die Ukraine zum unabhängigen Staat. Seitdem schwelt der Konflikt mit Russland. © Anatoly Sapronenkov/afp
Budapester Memorandum
Doch Anfang der 1990er Jahre sah es nicht danach aus, als ob sich die neuen Staaten Russland und Ukraine rund 30 Jahre später auf dem Schlachtfeld wiederfinden würden. Ganz im Gegenteil. Im Jahr 1994 unterzeichneten Russland, das Vereinigte Königreich und die USA in Ungarn das „Budapester Memorandum“ – eine Vereinbarung, in der sie den neu gegründeten Staaten Kasachstan, Belarus und der Ukraine Sicherheitsgarantien gaben.  © Aleksander V. Chernykh/Imago
Ukrainedemo, München
Als Gegenleistung traten die drei Staaten dem Atomwaffensperrvertrag bei und beseitigten alle Nuklearwaffen von ihrem Territorium. Es sah danach aus, als ob der Ostblock tatsächlich einen Übergang zu einer friedlichen Koexistenz vieler Staaten schaffen würde. Nach Beginn des Ukraine-Kriegs erinnern auch heute noch viele Menschen an das Budapester Memorandum von 1994. Ein Beispiel: Die Demonstration im Februar 2025 in München.  © Imago
Orangene Revolution in der Ukraine
Bereits 2004 wurde deutlich, dass der Wandel nicht ohne Konflikte vonstattengehen würde. In der Ukraine lösten Vorwürfe des Wahlbetrugs gegen den Russland-treuen Präsidenten Wiktor Janukowytsch Proteste  © Mladen Antonov/afp
Ukraine proteste
Die Menschen der Ukraine erreichten vorübergehend ihr Ziel. Der Wahlsieg Janukowytschs wurde von einem Gericht für ungültig erklärt, bei der Wiederholung der Stichwahl setzte sich Wiktor Juschtschenko durch und wurde neuer Präsident der Ukraine. Die Revolution blieb friedlich und die Abspaltung von Russland schien endgültig gelungen. © Joe Klamar/AFP
Wiktor Juschtschenko ,Präsident der Ukraine
Als der Moskau kritisch gegenüberstehende Wiktor Juschtschenko im Januar 2005 Präsident der Ukraine wurde, hatte er bereits einen Giftanschlag mit einer Dioxinvariante überlebt, die nur in wenigen Ländern produziert wird – darunter Russland. Juschtschenko überlebte dank einer Behandlung in einem Wiener Krankenhaus.  © Mladen Antonov/afp
Tymoschenko Putin
In den folgenden Jahren nach der Amtsübernahme hatte Juschtschenko vor allem mit Konflikten innerhalb des politischen Bündnisses zu kämpfen, das zuvor die demokratische Wahl in dem Land erzwungen hatte. Seine Partei „Unsere Ukraine“ zerstritt sich mit dem von Julija Tymoschenko geführten Parteienblock. Als Ministerpräsidentin der Ukraine hatte sie auch viel mit Wladimir Putin zu tun, so auch im April 2009 in Moskau. © Imago
Das Bündnis zerbrach und Wiktor Janukowitsch nutzte bei der Präsidentschaftswahl 2010 seine Chance.
Das Bündnis zerbrach und Wiktor Janukowytsch nutzte bei der Präsidentschaftswahl 2010 seine Chance. Er gewann die Wahl mit knappem Vorsprung vor Julija Tymoschenko. Amtsinhaber Wiktor Juschtschenko erhielt gerade mal fünf Prozent der abgegebenen Stimmen.  © Yaroslav Debely/afp
Proteste auf dem Maidan-Platz in Kiew, Ukraine, 2014
Präsident Wiktor Janukowytsch wollte die Ukraine wieder näher an Russland führen – auch aufgrund des wirtschaftlichen Drucks, den Russlands Präsident Wladimir Putin auf das Nachbarland ausüben ließ. Um die Ukraine wieder in den Einflussbereich Moskaus zu führen, setzte Janukowytsch im November 2013 das ein Jahr zuvor verhandelte Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union aus.  © Sergey Dolzhenko/dpa
Maidan-Proteste Ukraine
Es folgten monatelange Massenproteste in vielen Teilen des Landes, deren Zentrum der Maidan-Platz in Kiew war. Organisiert wurden die Proteste von einem breiten Oppositionsbündnis, an dem neben Julija Tymoschenko auch die Partei des ehemaligen Boxweltmeisters und späteren Bürgermeisters von Kiew, Vitali Klitschko, beteiligt waren. © Sandro Maddalena/AFP
Proteste auf dem Maidan-Platz in Kiew, der Hauptstadt der Ukraine
Die Forderung der Menschen war eindeutig: Rücktritt der Regierung Janukowiysch und vorgezogene Neuwahlen um das Präsidentenamt. „Heute ist die ganze Ukraine gegen die Regierung aufgestanden, und wir werden bis zum Ende stehen“, so Vitali Klitschko damals. Die Protestbewegung errichtete mitten auf dem Maidan-Platz in Kiew ihr Lager. Janukowytsch schickte die Polizei, unterstützt von der gefürchteten Berkut-Spezialeinheit. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, die über mehrere Monate andauerten. © Sergey Dolzhenko/dpa
Der Platz Euromaidan in Kiew, Hauptstadt der Ukraine, ist nach den Protesten verwüstet.
Die monatelangen Straßenkämpfe rund um den Maidan-Platz in Kiew forderten mehr als 100 Todesopfer. Etwa 300 weitere Personen wurden teils schwer verletzt. Berichte über den Einsatz von Scharfschützen machten die Runde, die sowohl auf die Protestierenden als auch auf die Polizei gefeuert haben sollen. Wer sie schickte, ist bis heute nicht geklärt. Petro Poroschenko, Präsident der Ukraine von 2014 bis 2019, vertrat die These, Russland habe die Scharfschützen entsendet, um die Lage im Nachbarland weiter zu destabilisieren. Spricht man heute in der Ukraine über die Opfer des Maidan-Protests, nennt man sie ehrfürchtig „die Himmlischen Hundert“. © Sergey Dolzhenko/dpa
Demonstranten posieren in der Villa von Viktor Janukowitsch, ehemaliger Präsident der Ukraine
Nach rund drei Monaten erbittert geführter Kämpfe gelang dem Widerstand das kaum für möglich Gehaltene: Die Amtsenthebung Wiktor Janukowytschs. Der verhasste Präsident hatte zu diesem Zeitpunkt die UKraine bereits verlassen und war nach Russland geflohen. Die Menschen nutzten die Gelegenheit, um in der prunkvollen Residenz des Präsidenten für Erinnerungsfotos zu posieren. Am 26. Februar 2014 einigte sich der „Maidan-Rat“ auf eigene Kandidaten für ein Regierungskabinett. Präsidentschaftswahlen wurden für den 25. Mai anberaumt. Die Ukraine habe es geschafft, eine Diktatur zu stürzen, beschrieb zu diesem Zeitpunkt aus der Haft entlassene Julija Tymoschenko die historischen Ereignisse.  © Sergey Dolzhenko/dpa
Ein Mann stellt sich in Sewastopol, eine Stadt im Süden der Krim-Halbinsel, den Truppen Russlands entgegen.
Doch der mutmaßliche Frieden hielt nicht lange. Vor allem im Osten der Ukraine blieb der Jubel über die Absetzung Janukowytschs aus. Gouverneure und Regionalabgeordnete im Donbass stellten die Autorität des Nationalparlaments in Kiew infrage. Wladimir Putin nannte den Umsturz „gut vorbereitet aus dem Ausland“. Am 1. März schickte Russlands Präsident dann seine Truppen in den Nachbarstaat. Wie Putin behauptete, um die russischstämmige Bevölkerung wie die auf der Krim stationierten eigenen Truppen zu schützen. In Sewastopol, ganz im Süden der Halbinsel gelegen, stellte sich ein unbewaffneter Mann den russischen Truppen entgegen. Aufhalten konnte er sie nicht. © Viktor Drachev/afp
Bürgerkrieg in Donezk, eine Stadt im Donbas, dem Osten der Ukraine
Am 18. März 2014 annektierte Russland die Halbinsel Krim. Kurz darauf brach im Donbass der Bürgerkrieg aus. Mit Russland verbündete und von Moskau ausgerüstete Separatisten kämpften gegen die Armee und Nationalgarde Kiews. Schauplatz der Schlachten waren vor allem die Großstädte im Osten der Ukraine wie Donezk (im Bild), Mariupol und Luhansk. © Chernyshev Aleksey/apf
Prorussische Separatisten kämpfen im Donbas gegen Einheiten der Ukraine
Der Bürgerkrieg erfasste nach und nach immer mehr Gebiete im Osten der Ukraine. Keine der Parteien konnte einen nachhaltigen Sieg erringen. Prorussische Separatisten errichteten Schützengräben, zum Beispiel nahe der Stadt Slawjansk. Bis November 2015 fielen den Kämpfen laut Zahlen der Vereinten Nationen 9100 Menschen zum Opfer, mehr als 20.000 wurden verletzt. Von 2016 an kamen internationalen Schätzungen zufolge jährlich bis zu 600 weitere Todesopfer dazu. © Michael Bunel/Imago
Trümmer von Flug 17 Malaysian Airlines nach dem Abschuss nahe Donezk im Osten der Ukraine
Aufmerksam auf den Bürgerkrieg im Osten der Ukraine wurde die internationale Staatengemeinschaft vor allem am 17. Juli 2014, als ein ziviles Passagierflugzeug über einem Dorf nahe Donezk abstürzte. Alle 298 Insassen kamen ums Leben. Die Maschine der Fluggesellschaft Malaysian Airlines war von einer Boden-Luft-Rakete getroffen worden. Abgefeuert hatte die Rakete laut internationalen Untersuchungen die 53. Flugabwehrbrigade der Russischen Föderation. In den Tagen zuvor waren bereits zwei Flugzeuge der ukrainischen Luftwaffe in der Region abgeschossen worden. © ITAR-TASS/Imago
Russlands Präsident Putin (l.), Frankreichs Präsident Francois Hollande, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Petro Poroschenko in Minsk
Die Ukraine wollte den Osten des eigenen Landes ebenso wenig aufgeben wie Russland seine Ansprüche darauf. Im September 2014 kamen deshalb auf internationalen Druck Russlands Präsident Putin (l.), Frankreichs Präsident François Hollande, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Petro Poroschenko in Minsk zusammen. In der belarussischen Hauptstadt unterzeichneten sie das „Minsker Abkommen“, das einen sofortigen Waffenstillstand und eine schrittweise Demilitarisierung des Donbass vorsah. Die OSZE sollte die Umsetzung überwachen, zudem sollten humanitäre Korridore errichtet werden. Der Waffenstillstand hielt jedoch nicht lange und schon im Januar 2015 wurden aus zahlreichen Gebieten wieder Kämpfe gemeldet. © Mykola Lazarenko/afp
Wolodymyr Selenskyj feiert seinen Sieg bei der Präsidentschaftswahl in der Ukraine 2019
Während die Ukraine im Osten zu zerfallen drohte, ereignete sich in Kiew ein historischer Machtwechsel. Wolodymyr Selenskyj gewann 2019 die Präsidentschaftswahl und löste Petro Poroschenko an der Spitze des Staates ab.  © Genya Savilov/afp
Wolodymyr Selenskyj
Selenskyj hatte sich bis dahin als Schauspieler und Komiker einen Namen gemacht. In der Comedy-Serie „Diener des Volkes“ spielte Selenskyj von 2015 bis 2017 bereits einen Lehrer, der zunächst Youtube-Star und schließlich Präsident der Ukraine wird. Zwei Jahre später wurde die Geschichte real. Selenskyj wurde am 20. Mai 2019 ins Amt eingeführt. Kurz darauf löste der bis dato parteilose Präsident das Parlament auf und kündigte Neuwahlen an. Seine neu gegründete Partei, die er nach seiner Fernsehserie benannte, erzielte die absolute Mehrheit.  © Sergii Kharchenko/Imago
Russische Separatisten in der Ost-Ukraine
Selenskyj wollte nach seinem Wahlsieg die zahlreichen innenpolitischen Probleme der Ukraine angehen: vor allem die Bekämpfung der Korruption und die Entmachtung der Oligarchen. Doch den neuen, russland-kritischen Präsidenten der Ukraine holten die außenpolitischen Konflikte mit dem Nachbarn ein. © Alexander Ryumin/Imago
Ukraine Militär
Im Herbst 2021 begann Russland, seine Truppen in den von Separatisten kontrollierte Regionen in der Ost-Ukraine zu verstärken. Auch an der Grenze im Norden zog Putin immer mehr Militär zusammen. Selenskyj warnte im November 2021 vor einem Staatsstreich, den Moskau in der Ukraine plane. Auch die Nato schätzte die Lage an der Grenze als höchst kritisch ein. In der Ukraine wurden die Militärübungen forciert. © Sergei Supinsky/AFP
Putin
Noch drei Tage bis zum Krieg: Am 21. Februar 2022 unterzeichnet der russische Präsident Wladimir Putin verschiedene Dekrete zur Anerkennung der Unabhängigkeit der Volksrepubliken Donezk und Lugansk. © Alexey Nikolsky/AFP
Explosion in Kiew nach Beginn des Ukraine-Kriegs mit Russland
Am 24. Februar 2022 wurde der Ukraine-Konflikt endgültig zum Krieg. Russische Truppen überfielen das Land entlang der gesamten Grenze. Putins Plan sah eine kurze „militärische Spezialoperation“, wie die Invasion in Russland genannt wurde, vor. Die ukrainischen Streitkräfte sollten mit einem Blitzkrieg in die Knie gezwungen werden. Moskau konzentrierte die Attacken auf Kiew. Innerhalb weniger Tage sollte die Hauptstadt eingenommen und die Regierung Selenskyjs gestürzt werden. Doch der Plan scheiterte und nach Wochen intensiver Kämpfe und hoher Verluste in den eigenen Reihen musste sich die russische Armee aus dem Norden des Landes zurückziehen. Putin konzentrierte die eigene Streitmacht nun auf den Osten der Ukraine. © Ukrainian President‘s Office/Imago
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, bei einer Fernsehansprache aus Kiew
Seit Februar 2022 tobt nun der Ukraine-Krieg. Gesicht des Widerstands gegen Russland wurde Präsident Wolodymyr Selenskyj, der sich zu Beginn des Konflikts weigerte, das Angebot der USA anzunehmen und das Land zu verlassen. „Ich brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit“, sagte Selenskyj. Die sollte er bekommen. Zahlreiche westliche Staaten lieferten Ausrüstung, Waffen und Kriegsgerät in die Ukraine. Hunderttausende Soldaten aus beiden Ländern sollen bereits gefallen sein, ebenso mehr als 10.000 Zivilpersonen. Ein Ende des Kriegs ist nach wie vor nicht in Sicht. © Ukraine Presidency/afp

Putin-Trump-Treffen: Was von dem Alaska-Gipfel zum Ukraine-Krieg zu erwarten ist

Putin werde seine bereits bekannten Ziele und Bedingungen für ein Ende des Ukraine-Kriegs vortragen. Dem US-Präsidenten müsse er aber „etwas anbieten, denn Trump ermöglicht ihm die Rückkehr auf die große Bühne“, erklärt der ehemalige Diplomat. Putin werde jedoch darauf bedacht sein, Trump mit Blick auf den Ukraine-Krieg kein Angebot zu unterbreiten, das die russischen Kriegsziele behindern könnte. „Vorläufig keine Angriffe mehr auf zivile Einrichtungen“ – also ein Stopp der Bomben-, Raketen- und Drohnenangriffe auf ukrainische Städte, erwartet Klemens Fischer. Die Kampfhandlungen an der Front würden davon jedoch unberührt bleiben.

„Die Russen werden das anbieten, was sie nicht in ihrer Kriegsführung behindern wird. Und nicht mehr.“ Dieses Zugeständnis würde zwar der „völligen Zermürbung in der Zivilbevölkerung“ entgegenwirken, die „diesem Luftangriffsterror nahezu schutzlos ausgeliefert ist“. Politisch wäre es jedoch „sehr wenig, was die Russen hier anbieten“. Einen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg werde es mit dem Treffen zwischen Trump und Putin noch nicht geben, glaubt der Politikwissenschaftler. Dafür spreche schon, dass Russland bereits zu einem zweiten Treffen geladen hat: sehr wahrscheinlich werde man sich eine solche Einigung für dieses zweite Treffen aufsparen.

Ukraine-Gipfel in Alaska – ohne Selenskyj: Experte sieht zwei Gewinner beim Trump-Putin-Treffen

Somit sei es zum einen Putin, der von dem Treffen profitiere: „Und der zweite Profiteur ist natürlich Trump.“ Für Donald Trump sei das Treffen eine Win-win-Situation, unabhängig vom Ausgang. „Egal was rauskommt, er wird daraus den Greatest Deal Ever machen“, analysiert der Experte. Selbst ein aus russischer Sicht wenig bedeutendes Zugeständnis – wie der Stopp von Angriffen auf zivile Ziele – könnte Trump als großen Erfolg verkaufen; und sich als Friedensstifter inszenieren. Bei einem Scheitern der Gespräche über die Beendigung des Ukraine-Kriegs könne Trump sich zurückziehen und argumentieren, der Ukraine-Krieg sei nicht sein Krieg und er habe alles versucht.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird bei dem Treffen in Alaska am Freitag nicht dabei sein. Jegliche Entscheidungen zur Ukraine bei dem Gipfel schloss der ukrainische Präsident im Vorfeld wiederholt aus. „Zur Ukraine können sie ohne uns nichts beschließen“, sagte er der Nachrichtenagentur RBK-Ukraine zufolge in Kiew. Selenskyj hoffe, dass Trump dies bewusst sei. Zugleich zeigte er sich überzeugt, dass es im Nachgang zu einem Dreiertreffen mit Putin und Trump kommen werde, um den Ukraine-Krieg zu beenden. 

Trump bringt vor Putin-Treffen Gebietstausch ins Spiel: Politikwissenschaftler über „bitteren Fakt“

Vor dem Treffen am Freitag brachte US-Präsident Trump wiederholt einen möglichen Gebietstausch zwischen der Ukraine und Russland für ein Ende des Krieges in Spiel. Ein Gebietstausch würde bedeuten, dass nicht nur die Ukraine Gebiete aufgibt. Auch Russland würde sich seinerseits aus Territorien zurückziehen. Russland beharrt mit Blick auf mögliche Gebietsabtretungen nach wie vor auf Putins Maximalforderungen.

Ukraine-Gipfel in Alaska: US-Präsident Donald Trump trifft den russischen Präsidenten Wladimir Putin. (Symbolbild)

Die Ukraine hatte Gebietsabtretungen noch zuletzt strikt abgelehnt, am Freitag erklärte Bundeskanzler Friedrich Merz jedoch in einer Pressekonferenz mit dem Selenskyj, die Ukraine sei bereit, über „territoriale Fragen“ zu verhandeln. Auf Nachfrage verwies Selenskyj jedoch erneut auf die ukrainische Verfassung: Territoriale Fragen könnten nicht ohne die Ukrainer diskutiert werden. Bereits zuvor hatte sich der ukrainische Präsident bei Gebietsfragen wiederholt auf die Verfassung seines Landes berufen, nach der Gebietsverzichte nicht möglich seien.

Wie Nato-Generalsekretär Mark Rutte hält auch Klemens Fischer Gespräche über Gebietsabtretungen für unvermeidbar: „Der Gebietstausch ist Fakt“, glaubt der Experte – auch wenn es „bitter ist“. Rutte hatte gegenüber dem US-Sender ABC erklärt: „Wir müssen im Moment zur Kenntnis nehmen, dass Russland einen Teil des ukrainischen Territoriums kontrolliert.“ Nach einer Waffenruhe werde sich die Frage stellen, wie es in territorialen Fragen und mit Blick auf mögliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine weitergehe. In territorialen Fragen sei es wichtig, zwischen einer „de facto“ und einer „de jure“ Anerkennung zu unterscheiden, sagte Rutte.

Gebietsabtretungen für ein Ende des Ukraine-Kriegs: Das sagt das Völkerrecht

„Das Völkerrecht gibt uns hier ein Mittel an die Hand, dass das Gesicht wahren lässt“, erklärt Fischer. „Die Russen können besetzen, was sie wollen, sie können das auch in die russische Föderation einbeziehen, das ist völlig egal, denn völkerrechtlich gilt es nicht als russisches Gebiet, solange es nicht von einer Mehrheit der Staaten anerkannt wird.“

Das sei der Unterschied zwischen de facto und de jure Gebietsabtretungen: „Das heißt, wir leben in der Fiktion, dass das weiterhin ukrainisches Gebiet ist, aber unter russischer Besatzung.“ Das Völkerrecht, erklärt Fischer, sei in solchen Fällen sehr hilfreich, „weil man den Gebietsanspruch nicht aufgeben muss, auch wenn er faktisch nicht umsetzbar ist. Vorläufig.“ Dem müsse allerdings auch die Ukraine zustimmen: „Sonst gibt es keinen Waffenstillstand.“

Vor Trump-Putin-Gipfel in Alaska: Merz versucht gemeinsame Linie zu finden

Im Vorfeld des Treffens zwischen Trump und Putin am Freitag versucht Bundeskanzler Friedrich Merz unterdessen, eine gemeinsame Linie zwischen den Europäern und US-Präsident Trump zu finden. Am Mittwoch berieten sich dafür auf Initiative des Kanzlers europäische Staats- und Regierungschefs mit Selenskyj und Trump. In einer darauffolgenden Pressekonferenz machte Merz deutlich, dass man versucht habe, den US-Präsidenten auf fünf Punkte für mögliche Friedensgespräche festzulegen – darunter einen Waffenstillstand und Sicherheitsgarantien.

Was die Verhandlungen über ein Ende des Ukraine-Kriegs betrifft, sehen viele Experten den Einfluss der Europäer dennoch enorm begrenzt. „Die Europäer spielen schlicht und ergreifend einfach keine Rolle“, erklärt der Politikwissenschaftler. Europa betreibe zuletzt „keine Außenpolitik, sondern allenfalls erweiterte Nachbarschaftspolitik“. Während die USA und Russland über die Zukunft der Ukraine entscheiden könnten, bleibt Europa als Zaungast zurück, analysiert Fischer. Der Grund für Europas Machtlosigkeit liege unter anderem in seiner militärischen Schwäche: „Wir haben militärisch in Europa absolut keinen Hebel.“ (pav mit dpa)

Rubriklistenbild: © IMAGO / ZUMA Press Wire, IMAGO / ZUMA Press

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