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Nieuw Sociaal Contract

„Neuer Gesellschaftsvertrag“: Junge Partei könnte Wahl in den Niederlanden gewinnen

Eine neue Partei schickt sich an, die Parlamentswahl in den Niederlanden zu gewinnen. Ihr Gründer scheint einen Nerv zu treffen.

Amsterdam – Eine neue Partei könnte die niederländischen Parlamentswahlen am 22. November gewinnen. Nach einer kürzlich durchgeführten Umfrage würde ihr Vorsitzender, Pieter Omtzigt, schon jetzt 46 Parlamentssitze erhalten, wenn er an der Wahl teilnähme. Wer ist dieser Mann und was verbirgt sich hinter seinem Projekt?

„Nieuw Sociaal Contract“ (NSC) – auf Deutsch „Neuer Gesellschaftsvertrag“ – heißt die Partei, die am 20. August dieses Jahres gegründet wurde. Zur Wahl tritt sie mit ehrgeizigen Zielen an. Laut dem Gründungsdokument sollen „Gute Regierungsführung“ und „Existenzsicherheit“ die beiden Leitprinzipien sein. „Diese Ideen verlangen nicht nur etwas von den Politikern in Den Haag, sondern sie verlangen auch einen Beitrag von allen Niederländern. Nur wenn Gesellschaft und Politik zusammenarbeiten, können wir für ein Zuhause, ein Auskommen und eine reife, faire und offene Regierung sorgen“, so Omtzigt gegenüber der niederländischen Zeitung NL Times.

„Nieuw Sociaal Contract“ überzeugt die Wähler in den Niederlanden

Die Partei ist zwar neu, für ihren Initiator gilt das jedoch nicht: Omtzigt ist ein alter Hase in der niederländischen Politik. Lange Zeit war er Mitglied der Christen-Democratisch Appèl (CDA) Partei. Er wurde 2003 in die zweite Kammer des niederländischen Parlaments gewählt und war in den folgenden Jahren ein bedeutendes Mitglied, insbesondere in Fragen der Finanzen, Wirtschaft und Steuerpolitik. Am 12. Juni 2021 gab Omtzigt seinen Austritt aus dem CDA bekannt. Zuvor hatte er der Partei in einer umfassenden schriftlichen Stellungnahme gravierende Mängel vorgeworfen. Vorausgegangen waren innerparteiliche Spannungen.

Pieter Omtzigt, Gründer des „Nieuw Sociaal Contract“.

Omtzigt ist in den Niederlanden für seine akribische Arbeitsethik und sein Engagement für Transparenz und Rechenschaftspflicht in der Regierung bekannt. Er wurde in der Vergangenheit oft als einer der fähigsten und fleißigsten Abgeordneten des niederländischen Parlaments angesehen. Besonders berühmt wurde der 49-Jährige für seine Rolle bei der Aufdeckung des Kinderbetreuungszuschuss-Skandals . Seine Arbeit in diesem Fall trug dazu bei, ein großes öffentliches Bewusstsein für die Unregelmäßigkeiten in der Regierung und den Umgang mit dem Sozialleistungsprogramm zu schaffen. Diese Enthüllungen, und die Rolle seiner damaligen Partei, waren es schließlich, die ihn zum Austritt aus dem CDA bewegten.

Pieter Omtzig der „Dossierfresser“: Der beliebte Politiker wird durch Direktstimmen gewählt

Die Beharrlichkeit, mit der er vorgeht, hat ihm in Den Haag den Beinamen „Dossierfresser“ eingebracht. In seiner ehemaligen Partei hat er sich dadurch aber nicht nur Freude gemacht. Immer wieder sei er beim CDA auf aussichtslose Listenplätze gesetzt worden, so der Tagesspiegel. Von seiner Parteiführung habe er sich übergangen gefühlt, als es um die Spitzenkandidatur für die letzte Wahl ging. Zudem habe er sich nie in die Parteidisziplin zwingen lassen und sich strikt gegen die Tolerierung eines Kabinetts durch den Rechtspopulisten Geert Wilders ausgesprochen. Vielen habe er daher als skurril und unberechenbar gegolten. Ins Parlament wurde er trotzdem immer wieder gewählt – durch Direktstimmen.

Diese könnten auch bei der nächsten Wahl entscheidend sein. Schon jetzt sprechen ihm Umfragen 46 von 150 Sitzen zu, wie der Tagesspiegel schreibt. Das „Anti-Establishment“-Image, das er sich aufgebaut hat, mache ihn bei Wählern von links bis rechts beliebt, so das Newsportal Euractiv. Omtzigt ziehe vor allem die Wähler der Agrarpartei BBB, der rechtsgerichteten PVV und seiner früheren Partei CDA an. Allerdings schaffe er es auch, die Wähler der linken SP, der liberalen VVD, der liberalen D66 und des Mitte-Links-Bündnisses GL-PvdA anzuziehen. Dieser breiten Wählerkoalition sei es zu verdanken, dass der NSC in den ersten beiden Umfragen nach der Gründung mit 19-20 Prozent an erster Stelle stehe.

Omtzigts Motto überzeugt – reicht es für die niederländische Parlamentswahl?

Allerdings bleibe abzuwarten, ob Omtzigt diese heterogene Wählerschaft zusammenhalten könne, sobald sein politisches Programm konkreter wird. Bisher scheint sein Vorhaben allerdings vielversprechend. Der erfahrene Politiker schaffe es mit seiner neuen Partei, sozialen Unmut zu kanalisieren, ohne dabei nach rechts zu blicken, urteilte Der Freitag. Das Kernthema seines Wahlkampfes, Existenzsicherheit für alle, hat er direkt aus der Verfassung abgeleitet. Laut Omtzigt ist diese „grundgesetzliche Aufgabe aller Abgeordneten“, wie er in einem Interview für die niederländische Tageszeitung Trouw betonte. Diese Aufgabe umfasse Bildungschancen, einen sozialen Wohnungsmarkt, bezahlbare Nahrungsmittel sowie erschwingliche Energiepreise.

Gegenüber der Zeitung bezeichnete der Parteigründer seinen Wertekanon als „konservativ“, was für ihn auch bedeute, kritisch gegenüber Individualismus und Neoliberalismus zu sein. Die Achtung der Verfassung spiegelt sich auch in einem anderen Punkt wider, der Omtzig wichtig ist: Er setzt sich dafür ein, dass Parlamentarier Gesetzesvorhaben gründlicher auf ihre Verfassungstreue prüfen und das Selbstbewusstsein des Parlaments gegenüber der Regierung zu stärken. Zusammen mit seinem Reformwillen, scheint das bei den Wählerinnen und Wählern anzukommen.

Dennoch könnte eine Regierungsbildung schwierig werden, da die niederländische Parteienlandschaft extrem zersplittert ist. Die Umfragen deuten derzeit auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hin. Wer nach den vorgezogenen Neuwahlen am 22. November die neue Regierung bilden wird, ist noch völlig offen. (tpn)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Remko de Waal

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