Druck auf Hamas
Krieg in Nahost: Israel will Gazastreifen dauerhaft besetzen – Zwangsumsiedlung angekündigt
Israels Militär will den Gazastreifen endgültig besetzen und plant Netanjahu zufolge eine „Umsiedlung“ der Bewohnerinnen und Bewohner.
Update vom 5. Mai, 17.55 Uhr: Das israelische Sicherheitskabinett plant nach Angaben aus Regierungskreisen die Einnahme und dauerhafte Besetzung des Gazastreifens. Ein in der Nacht verabschiedeter Plan sehe die „Eroberung“ des Palästinensergebiets und das „Festhalten“ an den eroberten Territorien vor, verlautete am Montag aus israelischen Regierungskreisen. Zuvor hatte Israels Armeechef Ejal Samir eine Ausweitung des Militäreinsatzes gegen die radikalislamische Hamas im Gazastreifen und die Einberufung zehntausender Zivilpersonen angekündigt.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte zudem in einem Video, die erweiterte Gaza-Offensive werde „intensiv“ sein und habe zum Ziel, die Hamas endgültig zu besiegen. Außerdem werde die Bevölkerung „zu ihrem eigenen Schutz umgesiedelt“, sagte Netanjahu. Das Militär werde dauerhaft im Gazastreifen bleiben.
Israel weitetet Gaza-Offensive wieder aus
Erstmeldung: Tel Aviv/Gaza – Israel will seine Offensive im Gazastreifen weiter verstärken. Dies sei bei einer Sitzung des Sicherheitskabinetts um Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einstimmig beschlossen worden, berichteten verschiedene israelische Medien unter Berufung auf Beamte. Ziel ist es, den Druck auf die Hamas zu erhöhen, um die Freilassung weiterer Geiseln zu erzwingen. Zudem billigte das Sicherheitskabinett einen Plan zur Wiederaufnahme von Hilfslieferungen in den abgeriegelten Küstenstreifen. Man werde allerdings mit der neuen Offensive bis zum Besuch von US-Präsident Donald Trump in der Region in der nächsten Woche warten, berichtet die Times of Israel.
Nach israelischen Angaben befinden sich weiterhin 24 Geiseln und die Leichen von 35 Verschleppten in der Gewalt der Hamas. Der israelische Generalstabschef Ejal Zamir bestätigte die bereits beschlossene massive Mobilisierung von Reservisten für eine Ausweitung der Angriffe im Gaza-Krieg. „Diese Woche versenden wir Zehntausende Einberufungsbefehle an unsere Reservisten, um unsere Operation im Gazastreifen zu verstärken und auszuweiten“, sagte der Militärchef bei einem Besuch in einer Marinebasis südlich von Haifa.
Israel weitetet Gaza-Offensive wieder aus: Komplette Eroberung des Gazastreifens geplant
Ziel sei unter anderem die „Eroberung“ des Gazastreifens und eine dauerhafte Besetzung des Palästinensergebiets. Die Bevölkerung des Gazastreifens solle „zu ihrem Schutz“ nach Süden umgesiedelt werden, hieß es am Montag aus Politikkreisen weiter. Israels Regierungschef Netanjahu befürworte weiterhin den von US-Präsident Donald Trump vorgestellten Plan zu einer „Umsiedlung“ der Palästinenser. Dieser sieht die Zwangsumsiedlung der Palästinenser etwa nach Somaliland und Marokko vor.
HRW warnt vor ethnischer Säuberung im Gazastreifen
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) warnt davor. Das würde „zu einer alarmierenden Eskalation der Zwangsvertreibung und ethnischen Säuberung der Palästinenser*innen in Gaza führen“, teilt HRW auf ihrer Internetseite mit. „Das humanitäre Völkerrecht untersagt die dauerhafte Vertreibung der Bevölkerung eines besetzten Gebiets. Wenn eine solche Vertreibung mit krimineller Absicht durchgeführt wird, ist sie ein Kriegsverbrechen. Wenn sie als Teil eines groß angelegten oder systematischen Angriffs auf die Zivilbevölkerung durchgeführt wird, der Ausdruck staatlicher Politik ist, ist sie ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.
Israels Blockade: US-Firma soll Lebensmittel im Gazastreifen verteilen
Unterdessen wird die humanitäre Lage im Gazastreifen immer schlimmer. Das israelische Militär lässt seit rund zwei Monaten keine humanitären Hilfslieferungen mehr in das abgeriegelte Gebiet zu, in dem etwa zwei Millionen Palästinenser leben. Die israelische Regierung wirft der Hamas vor, die Hilfsgüter gewinnbringend weiterzuverkaufen, um ihre Kämpfer und Waffen zu finanzieren. Beim nun vom Sicherheitskabinett gebilligten Plan sei der Mechanismus überarbeitet worden, um eine Abzweigung von Gütern durch die Hamas zu minimieren, hieß es.
Internationale Organisationen und private Sicherheitsfirmen sollten Lebensmittel und Hilfsgüter an Familien verteilen. Die israelische Armee sei nicht direkt daran beteiligt, sondern solle die Verteilung der Güter schützen. Das Nachrichtenportal Axios berichtete zuletzt, die USA und Israel planten, mithilfe einer privaten US-Firma Hilfsgüter an der Hamas vorbei in den Gazastreifen zu bringen.
Hilfsgüter für den Gazastreifen: UN lehnen Plan von Israel und den USA ab
Die UN weisen das Vorhaben jedoch zurück. „(Der Plan) verstößt gegen grundlegende humanitäre Prinzipien und scheint darauf ausgelegt zu sein, die Kontrolle über lebenswichtige Güter als Druckmittel zu verstärken – als Teil einer militärischen Strategie“, teilte das humanitäre UN-Team im Gazastreifen mit. Israel wolle die Zustimmung der UN, um Hilfsgüter über israelische Ausgabestellen unter Bedingungen zu verteilen, die das israelische Militär festlegt. Diese Strategie sei gefährlich, weil sie die Zivilbevölkerung in militarisierte Zonen treibe, um Rationen zu erhalten. Das könne für die Menschen und die Helfer lebensbedrohlich sein. Weniger mobile Menschen könnten so nicht erreicht werden, die Zwangsvertreibung werde vorangetrieben.
Keine Hilfen in Gazastreifen seit Ende von Waffenstillstand
Inzwischen sind angesichts der totalen Absperrung des Gazastreifens die Lebensmittelvorräte aufgebraucht. Das Welternährungsprogramm der UN (WFP) schlägt daher Alarm. „Wir sind mitschuldig. Wir sind die Verursacher dieser Situation. Sie und alle, die nichts dagegen tun. Als Arzt bin ich wütend – auf mich selbst, auf Sie, auf die Welt“, sagte Mark Ryan in einer Erklärung am 1. Mai in Genf. Der palästinensische Rote Halbmond fordert daher das Ende der Blockade. „Keine Hilfe. Kein Essen. Kein Wasser. Gaza leidet. Öffnet den Gaza-Übergang JETZT“, schreibt die Hilfsorganisation auf X. (erpe/dpa/AFP)
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