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Frankfurter Rundschau-Gespräche

Neues Feuer für Merz im Taurus-Streit – auch aus der Ukraine: „Russlands Flugzeuge töten“

Friedrich Merz forderte den Taurus, nun zögert er selbst bei der Lieferung. Die „deutsche Taurus-Angst“ stößt auf Unverständnis – auch in der Ukraine.

Vilnius – Seit Jahren ringt Deutschland um die vergleichsweise banale Frage, ob es Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern soll. Auch unter dem neuen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) scheint kein Ende der Debatte in Sicht – obwohl Merz selbst noch vor Wochen die „Taurus“ für das von Russland angegriffene Land in Aussicht gestellt hatte.

Die Ukraine hat zuletzt selbst gehandelt, ohne westliche Waffen: In der Aktion „Spinnennetz“ zerstörten Drohnen mehrere russische Langstreckenbomber auf Militärflugplätzen hunderte bis tausende Kilometer von der Ukraine entfernt. Unter Vertretern und Helfern der Ukraine sind Enttäuschung und Unverständnis über Merz’ Zurückhaltung indes groß, wie die Frankfurter Rundschau am Rande einer Konferenz in Litauens Hauptstadt Vilnius erfahren hat.

„Bitte geben Sie uns die Taurus“: Selenskyj-Parteifreundin warnt vor weiteren Toten durch Russland

Jevheniia Kravchuk, Fraktionsvize von Wolodymyr Selenskyjs Partei „Diener des Volkes“ im ukrainischen Parlament, erklärte im Gespräch mit unserer Redaktion: „Wir bitten seit zwei Jahren um Taurus. Ich kann es natürlich wiederholen: Bitte geben Sie uns die Taurus!“ Die Aktion „Spinnennetz“ zeige aber eindrücklich Hintergründe und Bedeutung dieser Bitte, betonte Kravchuk am Rande der Veranstaltung der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung.

Die Ukraine muss bei Schlägen gegen russische Flugfelder improvisieren – Yevheniia Kravchuk appelliert an Friedrich Merz.

„Wir wussten, dass auf diesen Flugfeldern diese mit Raketen bestückten Flugzeuge standen. Genau diese Flugzeuge steigen in der Nacht auf und töten Menschen in der Ukraine.“ In der deutschen Debatte geäußerte Befürchtungen, die Ukraine werde etwa Moskau angreifen, wies Kravchuk zurück: „Es ist Russland, das zivile Infrastruktur angreift. Die Ukraine greift militärische Ziele an, so wie auch jetzt.”

„Diese deutsche Taurus-Angst”: Merz irritiert Helfer der Ukraine

Irritiert über das Zögern Deutschlands äußerte sich Jonas Öhman, Mitgründer und Vorstands-Mitglied der NGO „blue/yellow”. Diese liefert spendenfinanziert von Litauen aus nicht-tödliches militärisches Equipment an ukrainische Einheiten an der Front – und steht daher regelmäßig in Kontakt mit Soldaten vor Ort. „Ich verstehe diese deutsche Taurus-Angst nicht”, sagte Öhman der FR. Spätestens Donald Trumps Gesprächsinitiativen hätten gezeigt, dass Wladimir Putin Freundlichkeiten nicht honoriere. 

Der „Taurus“ und der Ukraine-Krieg

600 Taurus-Lenkflugkörper, geliefert in den 00er bis frühen 10er-Jahren, besitzt die Bundeswehr. Auf „bis zu 500 Kilometer“ beziffert sie die Reichweite der von Flugzeugen abgesetzten Waffe. Das ist noch einmal ein gutes Stück weiter als die von Frankreich und Großbritannien bereits an die Ukraine gelieferten SCALP- und Storm-Shadow-Systeme.

Genau das macht Taurus für Kiew im Ukraine-Krieg potenziell wertvoll: Notgedrungen vor allem mittels Drohnen attackiert die Ukraine bislang tiefer im russischen Landesinneren gelegene Flugfelder. Von diesen aus steigen russische Bomber auf, um (oftmals zivile) Ziele in der Ukraine anzugreifen. Solche Attacken im Vorfeld zu unterbinden ist effizienter und einfacher, als Flugzeuge in der Luft zu bekämpfen. Völkerrechtlich ist es unzweifelhaft erlaubt, für kriegerische Angriffe genutzte Infrastruktur zur eigenen Verteidigung zu zerstören.

Zugleich gelte: „Der Krieg der Zukunft wird Waffen mit großer Reichweite verlangen. Aktuell gäbe es eine Gelegenheit, Taurus zu testen.“ Klar sei mittlerweile, dass das Überschreiten Putins „roter Linien“ nicht in einen Einsatz von Atomwaffen münde. „Das würde ihm Probleme bereiten, die er nicht lösen könnte“, erklärte Öhman. Ähnlich hatte sich bereits vor einiger Zeit Sicherheitsexperte Nico Lange im Gespräch mit unserer Redaktion geäußert.

Taurus-Ärger auch in Deutschland: „Friedrich Merz scheint sein Wort nicht zu halten“

Auch die (außerparlamentarische) Opposition in der Heimat übt Kritik. „Friedrich Merz scheint sein Wort nicht zu halten. Erst hat er das Thema Taurus symbolträchtig hochgezogen, nun will er offenbar doch nicht liefern“, rügte FDP-Vize Henning Höne vor deutschen Journalisten in Vilnius. Auf diese Weise verspiele man schnell weiteres Vertrauen bei den Wählerinnen und Wählern – und bei NATO-Partnern in Osteuropa.

Minister unter Merz: Komplette Liste des Kabinetts – von Klingbeil bis zu „neuen Gesichtern“

17 Ministerinnen und Minister, dazu ein Bundeskanzler namens Friedrich Merz: Sie bilden das Kabinett der Koalition aus CDU, CSU und SPD und damit die 25. Bundesregierung Deutschlands.
17 Ministerinnen und Minister, dazu ein Bundeskanzler namens Friedrich Merz: Sie bilden das Kabinett der Koalition aus CDU, CSU und SPD und damit die 25. Bundesregierung Deutschlands. © dpa
Fritze Merz Kabinett CDU CSU Minister
Der neue Kanzler (offiziell ab dem 6. Mai): Friedrich Merz hat sein Kabinett zusammengestellt. Der 69-Jährige hat vertraute und neue Gesichter auserkoren. In dieser Fotostrecke finden Sie alle von der CDU bestimmten Minister, auch die von der CSU und SPD sind hier zu finden.  © IMAGO/Uwe Koch
Thorsten Frei Kanzleramtsminister Merz Kabinett
Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes: Thorsten Frei (51) ist einer der engsten Vertrauten von Friedrich Merz und in der CDU angesehen.  © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Johann Wadephul Außenminister Merz Kabinett
Bundesminister für Auswärtiges: Johann Wadephul (CDU) heißt der neue Außenminister.  © IMAGO/ESDES.Pictures, Bernd Elmenthaler
Katherina Reiche Wirtschaftsministerin Merz Kabinett
Bundesministerin für Wirtschaft und Energie aus der CDU: Katherina Reiche ist 51 Jahre alt und wird die Nachfolge von Robert Habeck antreten. © IMAGO
Karin Prien Bildungsministerin FAmilie merz Kabinett
Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Karin Prien von der CDU wird Bildungs- und Familienministerin, sie ist 59 Jahre alt. © IMAGO/Jens Schicke
Nina Warken Gesundheitsministerin Kabinett Merz
Bundesministerin für Gesundheit: CDU-Ministerin Nina Warken (45) soll die Nachfolge von Karl Lauterbach antreten.  © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Karsten Wildberger Digitalminister Merz Kabinett
Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung: Karsten Wildberger ist die wohl größte Überraschung, der ehemalige MediaMarkt-Chef ist 56 Jahre alt.  © AnikkaxBauer
Wolfram Weimer Minister für Kultur
Kulturstaatsminister: Wolfram Weimer, der 60-Jährige pflegt gute Kontakte in einige Verlage.  © IMAGO/Thomas Bartilla
Schnieder Vekehrsminister CDU Kabinett Merz
Bundesminister für Verkehr: Patrick Schnieder von der CDU soll Verkehrsminister werden. © IMAGO
Dobrindt Innenminister CSU Kabinett Merz Liste
Bundesminister des Innern und für Heimat: Alexander Dobrindt. Der 54-jährige CSU-Mann ist schon zum zweiten Mal Minister. Unter Angela Merkel war er von 2013 bis 2017 Verkehrsminister © IMAGO/ESDES.Pictures, Bernd Elmenthaler
Alois Rainer LAndwirtschaft Merz Kabinett
Landwirtschaftsminister soll der CSU-Politiker Alois Rainer werden. Der 60-Jährige ist durchaus ein überraschender Name, den Söder hier aus den CSU-Kreisen ausgewählt hat.  © IMAGO/Christian Spicker
Bär Ministerin Söder Merz KAbinett
Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt: Dorothee Bär (47) übernimmt das neu zusammengestellte Ministeramt. Die CSU-Politikerin galt von vorneherein als Favoritin aus Bayern.  © IMAGO/Heiko Becker
Klingbeil Kabinett Vizekanzler Finanzminister
Lars Klingbeil wird Vizekanzler und Finanzminister. Der 47-Jährige spricht über die SPD-Minister mit den Worten: „Generationswechsel“ und „neue Gesichter und erfahrene Persönlichkeiten“. Nachfolgend sind alle SPD-Ministerinnen und SPD-Minister aufgelistet.  © IMAGO/FRANK TURETZEK
Boris Pistorius Verteidigunsminister SPD Merz Klingbgeil
Verteidigungsminister bleibt Boris Pistorius, 65 Jahre alt. Er ist eines der prominentesten SPD-Mitglieder des Kabinetts. © IMAGO/Noah Wedel
Der bisherige Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gilt im Merz-Kabinett als gesetzt, wenn es mit schwarz-rot klappt. Er könnte allerdings das Ministerium wechseln und sogar Vizekanzler werden.
Pistorius ist der einzige Minister der einstigen Ampel-Koalition unter Olaf Scholz, der auch unter dessen Nachfolger Friedrich Merz einen Platz im Kabinett gefunden hat. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Bas Ministerin Arbeit Kabinett
Bärbel Bas, die 57-Jährige wird Bundesministerin für Arbeit und Soziales. Von 2021 bis 2025 war die SPD-Politikerin Präsidentin des Deutschen Bundestags.  © IMAGO
Hubig, Justiz 56 SPD MErz Kabinett
Dr. Stefanie Hubig ist 56 Jahre alt. Sie wird Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz. DIe SPD-Politikerin ist schon in Rheinland-Pfalz Ministerin für Bildung gewesen.  © IMAGO/Jürgen Heinrich
Reem Alabali-Radovan Bundesministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Die jüngste Person aus der SPD-Riege. Reem Alabali-Radovan ist 35 Jahre alt und kümmert sich um „Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“. © IMAGO/Jürgen Heinrich
Hubertz wohnen, Bauministerin SPD KAbinett Merz Klingbeiil
Auch nicht viel älter, auch von der SPD: Verena Hubertz, 37 Jahre, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.  © IMAGO
Carsten Schneider SPD Umweltminister Merz Klingbeil Kabinett
Carsten Schneider von der SPD (49), nicht zu verwechseln mit Patrick Schnieder, wird Bundesminister für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Saskia Esken, ehemalige Parteivorsitzende der SPD
Saskia Esken, ehemalige Parteivorsitzende der SPD, galt lange Zeit als aussichtsreiche Kandidatin für einen Kabinettsposten in der Regierung von Friedrich Merz. © Christophe Gateau/dpa
Armin Laschet (CDU) wollte 2021 selbst Kanzler werden und scheiterte. Nach der Bundestagswahl 2025 werden ihm Außenseiter-Chancen auf ein Amt unter Merz ausgerechnet.
Armin Laschet (CDU) wollte 2021 selbst Kanzler werden und scheiterte. Nach der Bundestagswahl 2025 galt er zumindest als Außenseiter-Kandidat für einen Posten im Kabinett von Friedrich Merz. Daraus wurde letztlich nichts. © IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Kultursenator Joe Chialo
Kultursenator Joe Chialo war für die Berliner CDU bei den Koalitionsverhandlungen dabei (Archivbild). Fachleute spekulierten daraufhin Chialo könnte von Friedrich Merz als Kultusminister in sein Kabinett berufen werden. Doch der Posten ging letztlich an den Merz-Vertrauten Wolfram Weimer. © Jörg Carstensen/dpa
Jens Spahn als neuer und alter Minister? Dahinter steht ein Fragezeichen, auch wenn Spahn gewiss Ambitionen hat. Der frühere Gesundheitsminister stand wegen der Maskenaffäre in der Kritik. Andererseits verfügt er über große Regierungserfahrung, die Merz selbst bekanntermaßen fehlt.
Auch Jens Spahn hatte sich Hoffnungen auf einen Kabinettsposten unter Kanzler Friedrich Merz gemacht. Der ehemalige Gesundheitsminister ging in Sachen Kabinett zwar leer aus, kann sich aber dennoch über eine Beförderung im neuen Bundestag freuen: Spahn wird die CDU-Abgeordneten im Bundestag künftig als Fraktionsvorsitzender anführen. © IMAGO/Jens Schicke

Kritiker möglicher Taurus-Lieferungen gibt es in Deutschland freilich auch – gerade auf linker Seite. Skeptisch zeigte sich zuletzt etwa Linke-Urgestein Gregor Gysi: Er warnte von einem „Kriegseintritt“ Deutschlands durch die Lieferung. Matthias Miersch, mittlerweile SPD-Fraktionschef, verwies auf Informationen aus dem „Geheimhaltungsbereich“. Merz selbst hatte zuletzt das Konzept der „strategischen Ambiguität” in den Fokus gerückt. Ein Taurus-Einsatz gegen Militär-Ziel tiefer in Russland würde der Öffentlichkeit gleichwohl ohnehin kaum verborgen bleiben.  (Aus Vilnius berichtet Florian Naumann)

Rubriklistenbild: © Montage: Henrik Montgomery/TT/Ministry of Defense of Ukraine/Imago/UPI/U. Stamm/Future Image/fn

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