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„Dummheit im Endstadium“

Erste Gerüchte zu Merz‘ Kanzlerwahl-Debakel – Sorgen Abweichler bald wieder für Zerreißproben?

Manches spricht dafür, dass sowohl Unions- als auch SPD-Leute ihren Parteispitzen Denkzettel verpassen wollten. Das hat schwerwiegende Folgen.

Berlin – Vom ersten Schock nach dem Kanzlerwahl-Debakel im Bundestag dürfte sich die schwarz-rote Koalition erholt haben. Wenn man was zu tun hat, lenkt das ja auch ab: Noch bis in den späten Dienstagabend tagten die Mitglieder der neuen Regierung bei ihrer konstituierenden Kabinettsitzung.

Am Tag danach wird indes niemand einfach zur Tagesordnung übergehen können. Denn die Ereignisse vom Dienstag haben Folgen. Friedrich Merz scheiterte im ersten Wahlgang zum Bundeskanzler, weil 18 Abweichler aus Union und SPD ihm ihre Stimme verweigerten. Erste Reaktionen: Fassungslosigkeit, Entsetzen. Außer bei der AfD. Da wurde gelacht und gefeixt, die Abgeordneten der als rechtsextremistisch eingestuften Partei konnten ihr Glück kaum fassen.

Merz-Kanzlerwahl: Gefahr für Zusammenhalt der demokratischen Parteien gegen AfD

Was versinnbildlicht: Das Kanzlerwahl-Debakel ist letztlich eine Gefahr für den Zusammenhalt der demokratischen Parteien gegen rechte Kräfte, und die schwarz-rote Koalition startet geschwächt in ihre Regierungszeit. Haben die Abweichler das wissend in Kauf genommen? Welche Motive hatten sie?

„Egal, aus welchen Parteien die Abweichler kommen, das ist Dummheit im Endstadium“, sagte der SPD-Abgeordnete Serdar Yüksel im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Abgeordneten, die in der Wahlkabine mit Nein gestimmt haben, hätten „der Demokratie einen Bärendienst erwiesen“, ärgerte sich der SPD-Parlamentarier.

Abweichler bei CDU oder SPD: Denkzettel für Klingbeil oder Merz?

Vor allem zeigt das Wahlergebnis: Das Vertrauen in die Spitzen der Koalitionsparteien ist wohl angeknackst. Man munkelt in Abgeordnetenkreisen von Denkzetteln für – je nachdem, wen man fragt – Kanzler Friedrich Merz oder SPD-Chef Lars Klingbeil. An beiden Versionen dürfte was dran sein.

In der SPD gibt es durchaus Einzelne, die nicht zufrieden mit Klingbeil sind, es kritisch sehen, dass er sich als neuer starker Mann geriert, wärehnd Co-Chefin Saskia Esken bei der Vergabe von Kabinettsämtern leer ausgegangen ist. Bei der Union wiederum monieren viele das Aufweichen der Schuldenbremse – und auch die umstrittene Abstimmung mit der AfD dürfte manchen noch in den Knochen stecken.

Bei der SPD betont man derweil, dass es im Vorfeld keine Hinweise auf mögliche Abweichler gegeben habe, die Fraktion sei geschlossen. In der Tat hat es in der Partei Tradition, dass Unzufriedenheit offen ausgesprochen statt verklausuliert in geheimen Wahlen ausgelebt wird. Allerdings: Matthias Miersch erhielt bei der Wahl zum SPD-Fraktionschef am Mittwoch 83 Prozent der Stimmen – nicht gerade ein Traumergebnis. Und – Zufall mit Ironiepotenzial – wieder waren es 18 Abgeordnete, die gegen die vorgegebene Linie stimmten.

Nach Kanzlerwahl: Bild von der schwarz-roten Fortschrittskoalition eingetrübt

Bei der Union wiederum schloss bis zum Schluss niemand explizit aus, dass die Stimmen gegen Merz aus der eigenen Fraktion gekommen sein könnten – das wäre bei einer geheimen Wahl auch eine kaum verlässliche Aussage. Aus Abgeordnetenkreisen war indes zu hören, dass Einzelne in Gesprächen angedeutet haben sollen, gegen Merz zu stimmen.

Klar ist: Die Abweichler haben Schwarz-Rot den Start übel erschwert. Noch am Montag hatten die Fraktionsspitzen bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags im symbolträchtigen Gasometer Schöneberg – einst Wahrzeichen der industriellen Erneuerung – eine echte Koalition des Fortschritts beschworen, die es anders macht als die zerstrittene Ampel. Dieses Bild ist nun arg getrübt. Und manche Abgeordnete äußern die Sorge, dass auch bei künftigen Abstimmungen Abweichler die Arbeit der neuen Regierung immer wieder zur Zerreißprobe machen könnten.

Rubriklistenbild: © Peter Sieben (Montage)

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