Migrationsdebatte
Vor Bund-Länder-Gipfel zur Migration: Das erwarten Merz und Co. von Bundeskanzler Scholz
Vor dem Bund-Länder-Gipfel fordert Merz von der Ampel, die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts zu stoppen. Die Union legt 26 Vorschläge vor.
Berlin – Am Montag findet der Bund-Länder-Gipfel statt – im Vordergrund steht dabei voraussichtlich das Thema Migration. Streitpunkte sind unter anderem die finanzielle Unterstützung der Kommunen, Grenzkontrollen und Rückführungsabkommen. Doch auch der Ruf nach einer Reduzierung der Asylbewerberzahlen wurde laut. Mit Blick auf die Spannungen des Gaza-Kriegs brauche es einen Stopp der geplanten Reform des Staatsbürgerschaftsrechts, forderte CDU-Politiker Friedrich Merz am Sonntag in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.
CDU-Bundesvorsitzender Merz hält geplante Reform des Staatsbürgerschaftsrechts für „abwegig“
Merz betonte in der Sendung „Bericht aus Berlin“, es gebe nicht „die eine Maßnahme“, die am nächsten Tag sofort wirksam werde. Stattdessen gebe es eine ganze Reihe von Vorschlägen. Damit bezog sich Merz auf die 26 Forderungen der Bundestagsfraktion von CDU und CSU, die dem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) seit Mitte Oktober vorliegen. Es müssten nun wirkliche Grenzen gezogen werden, forderte der CDU-Chef. „Zu dem Bündel der Maßnahmen gehört, dass man Kontrollzentren an den Außengrenzen schafft, dass man auch die Binnen- und Außengrenzen dauerhaft besser schützt.“
„Die Bundesregierung muss das stoppen“ – CDU-Chef @_FriedrichMerz im #BerichtausBerlin mit @TinaHassel über die geplante Reform des Einbürgerungsrechts. pic.twitter.com/1f6Qq3W8Tx
— Bericht aus Berlin (@ARD_BaB) November 5, 2023
Die Möglichkeit einer Einbürgerung nach schon drei Jahren statt wie bislang mindestens fünf Jahren sei angesichts der aktuellen Lage „abwegig“, kritisierte Merz. Zudem sieht der Politiker eine Vollzeitbeschäftigung als Grundvoraussetzung für die Staatsbürgerschaft, ebenso wie ein sauberes Polizeiregister. Die Bundesregierung müsse die Reform stoppen – auch mit Blick auf propalästinensische Demonstrationen, bei denen es auch zu antisemitischen Äußerungen gekommen war. „Wenn wir im Staatsbürgerschaftsrecht so vorgehen, dann dürfen wir uns über weitere Demonstrationen dieser Art nicht wundern“, argumentierte der CDU-Vorsitzende weiter.
Populismus-Vorwürfe an Merz (CDU): Viele der Forderungen gelten als kaum umsetzbar
Viele der Forderungen der CDU und CSU gelten als kaum umsetzbar. So etwa der Vorschlag, die Pull-Faktoren zu senken, es also weniger attraktiv für Einwanderer zu machen, nach Deutschland zu kommen. Laut Bundesverfassungsgericht ist das „aus migrationspolitischen Erwägungen unzulässig“, hieß es im „Bericht aus Berlin“ am Sonntag. Das Bundesverfassungsgericht schmetterte auch die Forderung ab, dass Sozialleistungen nur noch in Höhe des Transitlandes gezahlt werden sollen. Die Union fordert außerdem, dass die Bundesregierung eine Zuwanderungsobergrenze von 200.000 Personen pro Jahr bekannt gibt. Das gilt als unrealistisch, da alle drei Ampel-Parteien sich dagegen aussprechen.
Merz war zuletzt immer wieder Populismus vorgeworfen worden, hatte sich aber dagegen gewehrt. „Die AfD darf uns den Sprachraum nicht verstellen“, so der CDU-Chef. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, beklagte indes den generellen Tonfall in der Migrations-Debatte. „Eine Tonlage, die immer schärfer und populistischer wird, sowie täglich neue Scheinlösungen präsentiert, spaltet unsere Gesellschaft in „Die anderen“ und „Wir““, sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Deutschland braucht jährlich 1,5 Millionen Zuwanderer, um den Fachkräftemangel hierzulande zu bekämpfen, wie die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, jüngst erklärte
Das sieht die neue Staatsbürgerschaftsreform der Bundesregierung vor
Die Bundesregierung will mit dem neuen Staatsbürgerschaftsrecht kürzere Mindestaufenthalte für Einbürgerungen einführen - statt acht Jahren sollen fünf Jahre reichen, bei besonderen Integrationsleistungen auch nur drei. Im Gesetz ist bereits vorgesehen, dass der deutsche Pass für Menschen ausgeschlossen sein soll, die aus antisemitischen oder rassistischen Motiven Straftaten begangen haben. Voraussetzung soll auch sein, den Lebensunterhalt in der Regel ohne Sozialleistungen bestreiten zu können.
Darum geht es beim Migrations-Gipfel am Montag
Angesichts der Krisen weltweit war die Zahl der illegal Einreisenden laut Polizeistatistik zuletzt deutlich angestiegen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD9 betonte im Vorfeld des Gipfels, dass die Zahl der nach Deutschland kommenden Menschen sinken müsse. Eine Einigkeit in der Politik ist aus Sicht von Weil derzeit von „größter Bedeutung“. „Im Moment kommen zu viele Menschen irregulär nach Deutschland“, bestätigte auch Bundeskanzler Olaf Scholz dem Mannheimer Morgen. Gleichzeitig zeigte sich der Kanzler aber zuversichtlich, dass man sich auch in den Geldfragen einig werde. Die Aufteilung der Kosten der Zuwanderung ist besonders kontrovers.
Der Bund will seinen Anteil von aktuell 3,75 Milliarden Euro auf 1,25 Milliarden Euro im kommenden Jahr reduzieren. Die Länder sind dagegen und fordern stattdessen eine Pauschale von 1,25 Milliarden Euro sowie pro Migrant mindestens 10.500 Euro. Die Regierungschefs und -chefinnen der 16 Bundesländer treffen sich am Montag in Berlin, um über unter anderem über die Themen Migration, das Deutschlandticket und die Krankenhausreform zu beraten. Am Nachmittag gehen die Gespräche mit Olaf Scholz im Kanzleramt weiter (bme mit dpa).