Abteilung Attacke
Kristina Frank steigt dem OB aufs Dach und betreibt Wahlkampf auf amerikanische Art
Der Wahlkampf für das Rennen um den OB-Sessel scheint eröffnet. CSU-Kandidatin Kristina Frank hat am Montagabend bei der Nominierungsversammlung erstmals OB Dieter Reiter (SPD) scharf attackiert.
München - Am Anfang sieht alles aus wie bei einem Foto-Shooting. Kristina Franks elegantes Kleid ist perfekt geschnitten. Sogar die hohen Absätze ihrer Stilettos harmonieren mit dem violetten Farbton ihres luftigen Sommerkleids. Frank wirft sich auf einer Dachterrasse im Werksviertel in Pose. Es wirkt wie eine inszenierte Botschaft, die da lautet: Hier will eine Frau hoch hinaus – will erste Oberbürgermeisterin der Stadt werden. Oder wie es später Bürgermeister Manuel Pretzl in seinem Appell an die CSU-Mitglieder ausdrückt: „Lasst uns gemeinsam Dieter Reiter aus dem Sattel heben.“
Kristina Frank vor OB-Wahl München 2020: Reiters Führungsstil gefällt ihr nicht
Auch Frank selbst verschärft bei ihrer Nominierungsrede in der Event-Location „Hoch5“ erstmals die Tonalität. Mit persönlichen Angriffen gegen den Oberbürgermeister. In luftiger Höhe steigt sie ihm sprichwörtlich aufs Dach. Das Pikante daran: Frank ist Kommunalreferentin der Stadt und ihre Partei regiert in München zusammen mit der SPD. Doch die Art und Weise, wie Reiter die Millionenstadt führt, gefällt der CSU-Kandidatin nicht. Zum Beispiel, dass die montäglichen Besprechungsrunden mit den Referenten in 15 Minuten durchgezogen würden. Wie solle es da zu klaren Leitlinien, Absprachen und zu einem Miteinander kommen? Frank: „Man stelle sich vor, Kabinettsrunden im Freistaat oder Bund hätten pro Minister eine Minute zur Verfügung.“ Ergo: „So kann es nicht weitergehen.“
OB-Wahl München 2020: Kristina Frank bemängelt Reiters Kulturinteresse
Überhaupt stellt Frank dem OB in puncto kreativer Amtsführung ein miserables Zeugnis aus. So werde es in München künftig noch viel mehr darum gehen, qualitativ hochwertige kulturelle Projekte gezielt zu fördern, sagt die 38-jährige Juristin. „Dafür brauchen wir aber einen Oberbürgermeister, der sich für Kultur überhaupt interessiert.“ Am Ende ihrer Rede betont Frank, dass die Kommunalwahl am 15. März eine Richtungswahl sei. Nämlich in dem Sinne: „Wollen die Menschen ein bevormundendes rot-grünes München oder ein lässig-pragmatisches bürgerliches München?“ Letzteres sei nur möglich mit einer Oberbürgermeisterin, die am Puls der Zeit sei, die Leidenschaft, Verantwortungsgefühl und Augenmaß verkörpere. „Also eine Oberbürgermeisterin der CSU“, stellt Frank klar. Und nicht jemand, der „sparkassendirektorenhaft“ die Stadt verwalte.
Kristina Frank plädiert für höhere Häuser in München
Interessant, dass sich Frank an diesem Abend kaum mit ihrer grünen Gegenspielerin Katrin Habenschaden beschäftigt, sondern am Amtsinhaber Dieter Reiter abarbeitet. Immerhin bekommen die Grünen noch ihr Fett weg, weil sie nach Dafürhalten Franks zusammen mit der SPD in 24 Jahren Stadtregierung den Ausbau der Infrastruktur verschlafen hätten. Und jetzt versuche man die Versäumnisse von damals mit einer Verbotspolitik „gegen die bösen Autofahrer“ zu korrigieren. Frank sagt, die Infrastruktur müsse vorhanden sein, „bevor wir an Wohnungsbau denken“. Das sei die „Crux der vergangenen Jahrzehnte“ gewesen. Die CSU-Kandidatin spricht sich wohnungspolitisch für „Bauen mit Sinn und Verstand“ aus, „mit neuen architektonischen Highlights“. Und: „München braucht höhere Häuser.“ Den CSU-Leitspruch Laptop und Lederhosen wandelt Frank auf sich gemünzt in ein feminines „Dirndl und Digitalisierung“ um.
OB-Wahl München 2020: Bekannter Sportmoderator trommelt für Kristina Frank
CSU-Bürgermeister Pretzl adelt Frank unterdessen als eine Frau, die „das Lebensgefühl der Stadt wie keine Zweite vertritt – und dabei eine Top-Figur macht“. Mit den weiblichen Vorzügen der Politikerin kokettiert auch der bekannte Sportmoderator Marcel Reif, der Frank im lockeren Plausch interviewt. Der prominente CSU-Wahlkampfhelfer applaudiert artig bei der Vorstellung Franks, entschwindet dann aber nach getaner Arbeit flugs aus dem Saal – ehe Frank überhaupt mit ihrer Rede begonnen hat. Zwischendrin werden zwei Werbefilme mit der Kandidatin auf der Leinwand gezeigt. Reif hatte zuvor im Übrigen zur Linken von Frank Platz genommen, zur Rechten saß Ehemann Felix, daneben Kristina Franks Mutter.
Am Ende wird die CSU-Hoffnungsträgerin mit 119 von 121 Stimmen gewählt. „Lasst uns die Stadt gemeinsam rocken“, ruft Frank in den Saal. Plakate werden hoch gehoben: „Kristina rocks.“ Standing Ovations. Dann wird der Queen-Hit „Don’t stop me now“ abgespielt. Alles wirkt schön amerikanisch durchinszeniert an diesem Abend – hoch oben in der „Rooftop Bar“.
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Wer dem OB wirklich gefährlich wird und wie Dieter Reiter aktuell gegen den Sog der eigenen Partei ankämpfen muss. Das KVR griff CSU-OB-Kandidatin Kristina Frank wegen eines Wahlplakats an.