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Im Ukraine-Krieg: Soldaten aus Nordkorea desertieren offenbar an der Front

Einiges deutet darauf hin, dass Russland im Ukraine-Krieg auch Soldaten aus Nordkorea einsetzt. Nun sollen 18 von ihnen desertiert sein.

Im Ukraine-Krieg sind offenbar 18 Soldaten aus Nordkorea, die auf der Seite Russlands gekämpft haben, desertiert. Das berichtet die südkoreanische Tageszeitung Choson Ilbo am Mittwoch (16. Oktober) unter Berufung auf einen ukrainischen Militärbeamten.

Demnach haben sich die Soldaten sieben Kilometer nordwestlich der russisch-ukrainischen Grenze, zwischen Bryansk und Kursk, von ihrer Einheit abgesetzt. „Die russischen Streitkräfte sind derzeit auf der Suche nach den Deserteuren“, sagte der ukrainische Beamte der Zeitung. „Die Soldaten wurden noch nicht festgenommen, und lokale russische Militäreinheiten versuchen Berichten zufolge, den Vorfall vor ihren Vorgesetzten zu verbergen.“

Unabhängig bestätigen lassen sich die Informationen nicht. Unklar ist zudem, ob sich tatsächlich nordkoreanische Soldaten in der Ukraine oder im russischen Grenzgebiet aufhalten. Allerdings deuten immer mehr Berichte darauf hin. So meldete die ukrainische Kyiv Post Anfang Oktober, dass sechs Nordkoreaner bei einem ukrainischen Raketenangriff nahe der besetzten Stadt Donezk ums Leben gekommen seien, drei weitere wurden demnach verletzt.

Nordkorea – Kim Jong-uns abgeschottete Diktatur

Menschen an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea
Nordkorea ist das wohl geheimnisvollste Land der Erde: eine totalitäre Diktatur, in der der Einzelne nichts zählt, ohne Freiheiten und Menschenrechte, abgeschottet vom Rest der Welt. Schätzungsweise 26 Millionen Menschen leben in dem Land, das im Norden an China und Russland grenzt und im Süden an das freiheitliche, demokratische Südkorea. Nordkoreas Grenzen sind für die meisten Menschen unüberwindbar – kaum einer kommt rein, noch weniger Menschen kommen raus.  © Ed Jones/afp
Die Skyline von Pjöngjang
Hauptstadt sowie kulturelles und wirtschaftliches Zentrum des Landes ist Pjöngjang. Rund drei Millionen Menschen leben in der nordkoreanischen Metropole, die so anders ist als die anderen Mega-Städte Asiens. Pjöngjang ist grau, geprägt von Hochhäusern, gesichtslosen Wohnblöcken und gigantischen Monumenten, die der herrschenden Kim-Familie huldigen sollen. Wer in der Hauptstadt leben darf, ist privilegiert: Hier ist die Stromversorgung besser als auf dem Land, die Regale der Geschäfte sind voller, es gibt Freizeitparks, Kinos, Theater. © Olaf Schuelke/Imago
Kim Jong-un auf einem Pferd
Beherrscht wird Nordkorea seit 2011 von Kim Jong-un, einem Diktator, der skrupellos vor allem ein Ziel verfolgt: den eigenen Machterhalt und den seiner Sippe. Nordkorea ist das einzige kommunistische Land der Welt mit einer Erb-Monarchie, in der die politische Macht vom Vater auf den Sohn übergeht. Die sogenannte „Paektu-Blutlinie“ kontrolliert das Land seit dessen Gründung im Jahr 1948. Die Macht der Kims ist unanfechtbar, Aufstände gab es nie, dafür sorgt die lückenlose Überwachung und Kontrolle der gesamten Gesellschaft. © KCNA via KNS/afp
Sowjetische Soldaten in Pjöngjang
Korea war über Jahrhunderte ein geeintes Land. Die Geschichte der Teilung beginnt erst im 20. Jahrhundert: Von 1910 bis 1945 ist Korea eine japanische Kolonie, nach der Niederlage der Japaner besetzen sowjetische Truppen den Norden des Landes, der Süden wird von amerikanischen Truppen besetzt. Weil Verhandlungen über eine Vereinigung der beiden Landesteile scheitern, gründen sich 1948 auf der koreanischen Halbinsel zwei Staaten. © Jacob Gudkov/Imago
Szene des Koreakriegs
Zwei Jahre später dann die Tragödie: Der Korea-Krieg bricht aus. Kim Il-sung, Machthaber im Norden, schickt seine Truppen in den Südteil des Landes, um Korea mit Gewalt zu vereinen. Wenige Wochen später greifen die UN-Truppen unter Führung der USA den Norden an, stoßen bis an die chinesische Grenze vor. Das beunruhigt Peking – das nun auf der Seite von Nordkorea in den Krieg eingreift. 1953 wird ein Waffenstillstand verhandelt, das Land bleibt entlang des 38. Breitengrades geteilt. Ein Friedensvertrag wurde bis heute nicht unterzeichnet. © Imago
Familie Kim
Kim Il-sung, der Gründer und erste Präsident Nordkoreas, ist ein Machthaber von Stalins Gnaden. Geboren 1912, ist er als junger Mann im Widerstand gegen die japanische Besatzungsmacht aktiv. 1940 geht er ins Exil in die Sowjetunion, wo er schließlich zum späteren Machthaber Nordkoreas aufgebaut wird. Ab 1948 etabliert Kim einen auf ihn zugeschnittenen Personenkult. Mit brutalen Säuberungsaktionen entledigt er sich seiner Gegner. Politisch pendelt sein Land zwischen China und der Sowjetunion, vor allem, nachdem sich die beiden kommunistischen Führungsmächte ab Ende der 50er-Jahre zunehmend voneinander entfremden. © Imago
Kim Il-sung und Kim Jong-il
Schon in den 1970ern beginnt Kim Il-sung, seinen Sohn Jong-il zu seinem Nachfolger aufzubauen. Als er 1994 stirbt, übergibt er Kim Jong-il ein verarmtes Land. Mit dem Untergang der Sowjetunion wenige Jahre zuvor hat Nordkorea seinen wichtigsten und engsten Partner verloren, es stürzt in eine wirtschaftliche Krise, auf die eine fatale Hungersnot folgt. Hunderttausende Menschen verhungern. Unter Kim Jong-il, der 1941 oder 1942 geboren wurde, verschlechtern sich die Beziehungen zwischen Nordkorea und dem Rest der Welt, das Land schottet sich immer mehr ab. Vor allem die USA sowie Südkorea – das sich seit den 80ern zur Demokratie gewandelt hat – werden zu Feindbildern. © KCNA via KNS/afp
Fernsehbilder vom ersten nordkoreanischen Atomtest 2006
Unter Kim Jong-il beginnt die beispiellose Aufrüstung des bettelarmen Landes. Wichtigstes Ziel Kims ist es, Nordkorea zur Atommacht zu machen. 2006 gelingt ihm das, Nordkorea testet erstmals eine Atombombe. Die Welt ist geschockt, die Vereinten Nationen erlassen Strafmaßnahmen, denen insgesamt neun weitere Sanktionsrunden folgen. Heute ist Nordkorea eine Atommacht, die wohl Dutzende Sprengkörper besitzt. © Jung Yeon-Je/afp
Kim Jong-un beobachtet einen Raketentest
Zudem testet das Land regelmäßig ballistische Raketen, auf denen die nuklearen Sprengköpfe montiert werden können. So kann das Regime mit seinen Atomwaffen sogar die USA erreichen – zumindest in der Theorie, denn noch ist unklar, wie leistungsfähig die Raketen tatsächlich sind. © KCNA via KNS/afp
Donald Trump und Kim Jong-un an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea
Kim Jong-il stirbt 2011. Ihm folgt einer seiner Söhne nach: Kim Jong-un. Der treibt das Raketen- und Nuklearprogramm seines Vaters weiter voran. Als Hauptfeinde hat er Südkorea und die USA ausgemacht, die sein Regime regelmäßig mit drastischen Beleidigungen überzieht. Unter US-Präsident Donald Trump sieht es für einen kurzen Moment so aus, als könnten sich die Spannungen zwischen Nordkorea und dem Westen abkühlen – dreimal treffen sich Kim und Trump, auch Südkoreas damaliger Präsident kommt mit Kim zu einem Gipfeltreffen zusammen. © Brendan Smialowski/afp
Passanten in Pjöngjang währen der Corona-Pandemie
Doch die diplomatischen Initiativen scheitern 2019. Ein Jahr später sucht die Corona-Pandemie die Welt heim. Auch Nordkorea schließt seine Grenzen – und schottet sich gegen das Virus so hermetisch ab wie kein anderer Staat weltweit. Trotzdem meldet das Regime im Mai 2022 erste Corona-Fälle. Auch nach dem Ende der Pandemie bleibt Nordkorea ein international isoliertes Land. © Imago
Putin und Kim in Russland
Enge Beziehungen unterhält das Regime in Pjöngjang heute vor allem zu seinen beiden nördlichen Nachbarn China und Russland. Zu Wladimir Putin pflegt Kim ein besonders gutes Verhältnis, denn Russlands Präsident benötigt Nordkoreas Unterstützung für seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine – als Lieferant von Waffen und Munition. Im Herbst 2023 treffen Putin und Kim in Russlands Fernem Osten zusammen, es ist Kims erste Auslandsreise seit der Pandemie. © KCNA via KNS/afp
Kim Jong-un und seine Tochter Ju-ae
Kim Jong-un wurde 1982, 1983 oder 1984 geboren, hat also möglicherweise noch viele Jahre vor sich. Nordkoreas Diktator ist allerdings bei schlechter Gesundheit. Er gilt als Kettenraucher und Alkoholiker und ist sichtbar übergewichtig. Was, wenn er stirbt? Experten glauben, dass Kim seine Tochter Ju-ae zu seiner Nachfolgerin aufbauen will. Seit November 2022 zeigen Staatsmedien das Mädchen, das wohl 2012 oder 2013 zur Welt gekommen ist, regelmäßig an der Seite ihres mächtigen Vaters. © KCNA via KNS/afp
Kim Yo-jong
Aber auch Kims Schwester Kim Yo-jong gilt als mögliche Erbin auf den Thron. Die Macht, die die Kims seit bald 80 Jahren innehaben, dürften sie jedenfalls so schnell nicht aus der Hand geben. © Jorge Silva/afp

Nordkoreanische Soldaten sollen in der Ukraine bereits im Einsatz sein

Südkoreas Verteidigungsminister Kim Yong-hyun bezeichnete den Bericht wenig später als „sehr wahrscheinlich“ und verwies vor dem Parlament in Seoul auf ein Abkommen, das Moskau und Pjöngjang im Juni geschlossen hatten. Der Pakt zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Nordkoreas Diktator Kim Jong-un ähnele „einem Militärbündnis“, so Kim. Es sei deshalb gut möglich, dass Nordkorea auch Soldaten in den Ukraine-Krieg entsende.

Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf dem Kim-Regime vor, Soldaten in den Krieg gegen sein Land zu schicken. Es gebe eine gestärkte Allianz zwischen Moskau und Regimen wie jenem von Kim Jong-un in Pjöngjang, sagte Selenskyj am Wochenende in seiner abendlichen Videoansprache. „Es geht jetzt nicht mehr nur um Waffenlieferungen, sondern um die Eingliederung von Nordkoreanern in die Besatzungstruppen.“ Im September hatte Selenskyj vor den Vereinten Nationen Nordkorea als „de-facto-Komplizen“ im „kriminellen Krieg“ der Russen bezeichnet.

Bericht: „Mehrere Tausend“ Nordkoreaner bereiten sich auf Einsatz im Ukraine-Krieg vor

Wie viele Soldaten aus Nordkorea in der Ukraine im Einsatz sind, ist offen. Die Washington Post zitierte unlängst einen Mitarbeiter des ukrainischen Militärgeheimdienstes mit den Worten, „mehrere Tausend“ nordkoreanische Infanteriesoldaten würden in Russland ein Training absolvieren und könnten bis Ende des Jahres an die Front geschickt werden. Offiziere aus Nordkorea befänden sich bereits in russischen besetzten Gebieten in der Ukraine, um die Lage auf dem Schlachtfeld zu studieren. Man habe aber noch keine nordkoreanischen Soldaten kämpfen sehen, so der Geheimdienstmitarbeiter. Während sich die USA „besorgt“ über die Berichte über eine Beteiligung nordkoreanischer Soldaten am Ukraine-Krieg zeigten, sprach der Kreml von „Falschmeldungen“.

Nordkoreanische Soldaten bei einer Übung.

Das Regime von Diktator Kim Jong-un hatte sich unmittelbar nach Kriegsbeginn an die Seite Russlands gestellt und später die Annexion der Regionen Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja durch den Kreml anerkannt. Geheimdienstberichten aus den USA und Südkorea zufolge liefert Nordkorea zudem massenhaft Munition an die Front, auch nordkoreanische Raketen sollen dort eingesetzt werden. Für Moskau ist Pjöngjang so zu einem der wichtigsten Verbündeten geworden, ohne den es seinen Angriffskrieg in der jetzigen Intensität wohl nicht führen könnte.

Nordkorea verschärft Konfrontation mit dem Süden

Für Nordkorea bringt die Zusammenarbeit mit Russland gleich mehrere Vorteile. So verhinderte Russland neue UN-Sanktionen gegen Pjöngjang und stoppte die Arbeit eines Expertengremiums der UN, das für die Überwachung der Sanktionen zuständig war. Auch soll Nordkorea Devisen, Lebensmittel und Treibstoff von Russland erhalten. Experten vermuten zudem, dass Russland das nordkoreanische Waffen- und Atomprogramm mit Know-how und Komponenten unterstützt.

Nordkorea testet immer wieder ballistische Raketen, die mit Atomsprengköpfen bestückt werden und die gesamten USA erreichen könnten. Vor allem gegen Südkorea hat das Regime in Pjöngjang zuletzt seine Drohgebärden massiv verschärft und einer friedlichen Wiedervereinigung eine Absage erteilt. Anfang dieser Woche begann Nordkorea zudem damit, Verkehrsverbindungen in den Süden zu sprengen.

Rubriklistenbild: © KCNA/AFP

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