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Eskalation auf der Halbinsel

Nordkorea sprengt Straßen nach Südkorea: Kim Jong-un macht Ernst

Nordkoreas Diktator Kim Jong-un lässt Verkehrsverbindungen zum „Hauptfeind“ Südkorea zerstören. Die Lage auf der koreanischen Halbinsel verschärft sich.

Unmittelbar an der Grenze zum Süden hat das Kim-Regime am Dienstag (15. Oktober) damit begonnen, wichtige Verbindungsstraßen in die Luft zu sprengen. Aufnahmen des südkoreanischen Militärs zeigen heftige Detonationen hinter einem Bauzaun, zudem nordkoreanische Soldaten, die im Grenzbereich hin und her laufen. „Nordkorea hat Teile der Straßen Gyeongui und Donghae nördlich der militärischen Demarkationslinie gesprengt“, erklärte der Generalstab in Seoul. Die südkoreanische Armee habe mit „Gegenfeuer in Gebieten südlich der militärischen Demarkationslinie“ reagiert, hieß es. Die Demarkationslinie trennt seit einem Waffenstillstand im Jahr 1953, der auf den dreijährigen Koreakrieg folgte, die koreanische Halbinsel in zwei verfeindete Staaten.

In der vergangenen Woche hatte die nordkoreanische Regierung angekündigt, das eigene Staatsgebiet „vollständig vom Gebiet Südkoreas zu trennen“. Noch am selben Tag werde man Straßen- und Schienenverbindungen Richtung Süden „vollständig kappen und die betreffenden Gebiete auf unserer Seite mit starken Verteidigungsstrukturen befestigen“. Mit etwas Verspätung hat das Kim-Regime nun offenbar damit begonnen, seine Drohungen umzusetzen.

Nordkoreas Diktator Kim Jong-un droht mit Atomschlag

Der Schritt ist vor allem symbolischer Natur. Denn die Grenze zwischen Nord- und Südkorea ist ohnehin seit Jahren geschlossen. Nur während kurzen Phasen der Entspannung war es südkoreanischen Touristen möglich, über die Grenze in den Norden zu reisen, in speziell ausgewiesene Touristengebiete. Auch ließen Unternehmen aus Südkorea zeitweise im Norden fertigen, mit Zügen und Lastwagen wurden Rohstoffe in den Norden und später die fertigen Produkte in den Süden transportiert. Seit Jahren schon ist das aber nicht mehr möglich.

Auf einem Fernsehbildschirm wird während einer Nachrichtensendung im Bahnhof von Seoul berichtet, dass Nordkorea Teile der Nordseite der innerkoreanischen Straßen gesprengt habe. Auf dem Bildschirm ist zu lesen: „Nord-Süd-Verbindung zwischen den Straßen Gyeongui und Donghae“.

Dass Kim Jong-un nun Verbindungsstraßen in den Süden in die Luft jagt, ist dennoch eine dramatische Verschärfung der Lage auf der koreanischen Halbinsel. Ende 2023 hatte Diktator Kim Jong-un Südkorea zum „Hauptfeind“ erklärt und einer Wiedervereinigung eine Absage erteilt. Auch ein Monument im Herzen der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang, das Kims Vater, Staatsgründer Kim Il-sung, einst errichten ließ und der Wiedervereinigung mit dem Süden gewidmet war, sprengte Kim in die Luft. Frieden auf der koreanischen Halbinsel war lange nicht mehr so unwahrscheinlich wie heute.

Nordkorea macht dafür freilich die Regierung des südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk-yeol verantwortlich. Regelmäßige Übungen des südkoreanischen Militärs mit den USA betrachtet das Regime als Provokation. Kim Yo-jong, die einflussreiche Schwester des nordkoreanischen Diktators, drohte den „Militärgangstern“ in Seoul am Wochenende: „Solcher Abschaum gehört auf eine Müllkippe.“ Ihr Bruder wird indes nicht müde, dem Süden einen Atomschlag anzudrohen, sollte Seoul den Befehl zum Angriff auf sein Regime geben.

Nordkorea – Kim Jong-uns abgeschottete Diktatur

Menschen an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea
Nordkorea ist das wohl geheimnisvollste Land der Erde: eine totalitäre Diktatur, in der der Einzelne nichts zählt, ohne Freiheiten und Menschenrechte, abgeschottet vom Rest der Welt. Schätzungsweise 26 Millionen Menschen leben in dem Land, das im Norden an China und Russland grenzt und im Süden an das freiheitliche, demokratische Südkorea. Nordkoreas Grenzen sind für die meisten Menschen unüberwindbar – kaum einer kommt rein, noch weniger Menschen kommen raus.  © Ed Jones/afp
Die Skyline von Pjöngjang
Hauptstadt sowie kulturelles und wirtschaftliches Zentrum des Landes ist Pjöngjang. Rund drei Millionen Menschen leben in der nordkoreanischen Metropole, die so anders ist als die anderen Mega-Städte Asiens. Pjöngjang ist grau, geprägt von Hochhäusern, gesichtslosen Wohnblöcken und gigantischen Monumenten, die der herrschenden Kim-Familie huldigen sollen. Wer in der Hauptstadt leben darf, ist privilegiert: Hier ist die Stromversorgung besser als auf dem Land, die Regale der Geschäfte sind voller, es gibt Freizeitparks, Kinos, Theater. © Olaf Schuelke/Imago
Kim Jong-un auf einem Pferd
Beherrscht wird Nordkorea seit 2011 von Kim Jong-un, einem Diktator, der skrupellos vor allem ein Ziel verfolgt: den eigenen Machterhalt und den seiner Sippe. Nordkorea ist das einzige kommunistische Land der Welt mit einer Erb-Monarchie, in der die politische Macht vom Vater auf den Sohn übergeht. Die sogenannte „Paektu-Blutlinie“ kontrolliert das Land seit dessen Gründung im Jahr 1948. Die Macht der Kims ist unanfechtbar, Aufstände gab es nie, dafür sorgt die lückenlose Überwachung und Kontrolle der gesamten Gesellschaft. © KCNA via KNS/afp
Sowjetische Soldaten in Pjöngjang
Korea war über Jahrhunderte ein geeintes Land. Die Geschichte der Teilung beginnt erst im 20. Jahrhundert: Von 1910 bis 1945 ist Korea eine japanische Kolonie, nach der Niederlage der Japaner besetzen sowjetische Truppen den Norden des Landes, der Süden wird von amerikanischen Truppen besetzt. Weil Verhandlungen über eine Vereinigung der beiden Landesteile scheitern, gründen sich 1948 auf der koreanischen Halbinsel zwei Staaten. © Jacob Gudkov/Imago
Szene des Koreakriegs
Zwei Jahre später dann die Tragödie: Der Korea-Krieg bricht aus. Kim Il-sung, Machthaber im Norden, schickt seine Truppen in den Südteil des Landes, um Korea mit Gewalt zu vereinen. Wenige Wochen später greifen die UN-Truppen unter Führung der USA den Norden an, stoßen bis an die chinesische Grenze vor. Das beunruhigt Peking – das nun auf der Seite von Nordkorea in den Krieg eingreift. 1953 wird ein Waffenstillstand verhandelt, das Land bleibt entlang des 38. Breitengrades geteilt. Ein Friedensvertrag wurde bis heute nicht unterzeichnet. © Imago
Familie Kim
Kim Il-sung, der Gründer und erste Präsident Nordkoreas, ist ein Machthaber von Stalins Gnaden. Geboren 1912, ist er als junger Mann im Widerstand gegen die japanische Besatzungsmacht aktiv. 1940 geht er ins Exil in die Sowjetunion, wo er schließlich zum späteren Machthaber Nordkoreas aufgebaut wird. Ab 1948 etabliert Kim einen auf ihn zugeschnittenen Personenkult. Mit brutalen Säuberungsaktionen entledigt er sich seiner Gegner. Politisch pendelt sein Land zwischen China und der Sowjetunion, vor allem, nachdem sich die beiden kommunistischen Führungsmächte ab Ende der 50er-Jahre zunehmend voneinander entfremden. © Imago
Kim Il-sung und Kim Jong-il
Schon in den 1970ern beginnt Kim Il-sung, seinen Sohn Jong-il zu seinem Nachfolger aufzubauen. Als er 1994 stirbt, übergibt er Kim Jong-il ein verarmtes Land. Mit dem Untergang der Sowjetunion wenige Jahre zuvor hat Nordkorea seinen wichtigsten und engsten Partner verloren, es stürzt in eine wirtschaftliche Krise, auf die eine fatale Hungersnot folgt. Hunderttausende Menschen verhungern. Unter Kim Jong-il, der 1941 oder 1942 geboren wurde, verschlechtern sich die Beziehungen zwischen Nordkorea und dem Rest der Welt, das Land schottet sich immer mehr ab. Vor allem die USA sowie Südkorea – das sich seit den 80ern zur Demokratie gewandelt hat – werden zu Feindbildern. © KCNA via KNS/afp
Fernsehbilder vom ersten nordkoreanischen Atomtest 2006
Unter Kim Jong-il beginnt die beispiellose Aufrüstung des bettelarmen Landes. Wichtigstes Ziel Kims ist es, Nordkorea zur Atommacht zu machen. 2006 gelingt ihm das, Nordkorea testet erstmals eine Atombombe. Die Welt ist geschockt, die Vereinten Nationen erlassen Strafmaßnahmen, denen insgesamt neun weitere Sanktionsrunden folgen. Heute ist Nordkorea eine Atommacht, die wohl Dutzende Sprengkörper besitzt. © Jung Yeon-Je/afp
Kim Jong-un beobachtet einen Raketentest
Zudem testet das Land regelmäßig ballistische Raketen, auf denen die nuklearen Sprengköpfe montiert werden können. So kann das Regime mit seinen Atomwaffen sogar die USA erreichen – zumindest in der Theorie, denn noch ist unklar, wie leistungsfähig die Raketen tatsächlich sind. © KCNA via KNS/afp
Donald Trump und Kim Jong-un an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea
Kim Jong-il stirbt 2011. Ihm folgt einer seiner Söhne nach: Kim Jong-un. Der treibt das Raketen- und Nuklearprogramm seines Vaters weiter voran. Als Hauptfeinde hat er Südkorea und die USA ausgemacht, die sein Regime regelmäßig mit drastischen Beleidigungen überzieht. Unter US-Präsident Donald Trump sieht es für einen kurzen Moment so aus, als könnten sich die Spannungen zwischen Nordkorea und dem Westen abkühlen – dreimal treffen sich Kim und Trump, auch Südkoreas damaliger Präsident kommt mit Kim zu einem Gipfeltreffen zusammen. © Brendan Smialowski/afp
Passanten in Pjöngjang währen der Corona-Pandemie
Doch die diplomatischen Initiativen scheitern 2019. Ein Jahr später sucht die Corona-Pandemie die Welt heim. Auch Nordkorea schließt seine Grenzen – und schottet sich gegen das Virus so hermetisch ab wie kein anderer Staat weltweit. Trotzdem meldet das Regime im Mai 2022 erste Corona-Fälle. Auch nach dem Ende der Pandemie bleibt Nordkorea ein international isoliertes Land. © Imago
Putin und Kim in Russland
Enge Beziehungen unterhält das Regime in Pjöngjang heute vor allem zu seinen beiden nördlichen Nachbarn China und Russland. Zu Wladimir Putin pflegt Kim ein besonders gutes Verhältnis, denn Russlands Präsident benötigt Nordkoreas Unterstützung für seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine – als Lieferant von Waffen und Munition. Im Herbst 2023 treffen Putin und Kim in Russlands Fernem Osten zusammen, es ist Kims erste Auslandsreise seit der Pandemie. © KCNA via KNS/afp
Kim Jong-un und seine Tochter Ju-ae
Kim Jong-un wurde 1982, 1983 oder 1984 geboren, hat also möglicherweise noch viele Jahre vor sich. Nordkoreas Diktator ist allerdings bei schlechter Gesundheit. Er gilt als Kettenraucher und Alkoholiker und ist sichtbar übergewichtig. Was, wenn er stirbt? Experten glauben, dass Kim seine Tochter Ju-ae zu seiner Nachfolgerin aufbauen will. Seit November 2022 zeigen Staatsmedien das Mädchen, das wohl 2012 oder 2013 zur Welt gekommen ist, regelmäßig an der Seite ihres mächtigen Vaters. © KCNA via KNS/afp
Kim Yo-jong
Aber auch Kims Schwester Kim Yo-jong gilt als mögliche Erbin auf den Thron. Die Macht, die die Kims seit bald 80 Jahren innehaben, dürften sie jedenfalls so schnell nicht aus der Hand geben. © Jorge Silva/afp

Südkorea warnt Kim Jong-un: „Wird das Ende des nordkoreanischen Regimes sein“

Aber auch die Yoon-Regierung ist um scharfe Worte nicht verlegen. Am Sonntag schickte Südkoreas Verteidigungsministerium eine martialische Botschaft in Richtung Pjöngjang: „Wir warnen deutlich davor, dass der Tag, an dem Nordkorea der Sicherheit unseres Volkes Schaden zufügt, das Ende des nordkoreanischen Regimes sein wird.“

Vor ein paar Monaten ist im Propaganda-Krieg zwischen Nord und Süd eine weitere Front hinzugekommen: Südkoreanische Aktivisten schicken regelmäßig Ballons mit Flugblättern in den Norden, als Vergeltung lässt das Kim-Regime mit Müll und bisweilen auch Fäkalien bestücke eigene Ballons in den Süden treiben. Seit vergangener Woche spricht Nordkorea zudem von südkoreanischen Drohnen, die über Pjöngjang kreisen und Flugblätter abwerfen würden. Sollten diese Provokationen kein Ende nehmen, werde man „starke entsprechende Vergeltungsmaßnahmen“ unternehmen, so Kim Yo-jong.

Rubriklistenbild: © Ahn Young-joon/AP/dpa

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