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Arbeit von UN-Überwachern endet

Gefährlicher Schulterschluss mit Putin: Wer kontrolliert jetzt Nordkoreas Diktator Kim Jong-un?

Russlands neue Nähe zu Nordkorea wirkt sich nicht nur dramatisch auf den Ukraine-Krieg aus: Dank Putin kann Kim auch sein Raketenprogramm ungehindert vorantreiben.

Die Liste der Anschuldigungen ist lang, ausbuchstabiert auf 615 Seiten: Nordkorea arbeitet weiter an seinem Atomwaffenprogramm und produziert spaltbares Material, das Land testet ballistische Raketen und hat einen Spionagesatelliten ins All geschossen. Es liefert Waffen und Munition an andere Staaten und importiert im Gegenzug Erdölerzeugnisse, obwohl ihm das durch Sanktionen verboten ist. Gleichzeitig erwirtschaftet eine staatliche Hackerarmee Milliarden US-Dollar, um Kim Jong-uns Raketenprogramm zu finanzieren.

Nachzulesen ist all das in einem Bericht eines Expertengremiums der Vereinten Nationen, des sogenannten Panel of Experts. Die Aufgabe der sieben UN-Experten ist es, die Sanktionen zu überwachen, die die UN gegen Nordkorea erlassen haben; zweimal im Jahr fassen sie ihre Erkenntnisse in einem Bericht zusammen, zuletzt im März. Möglicherweise zum vorerst letzten Mal: Denn vor wenigen Wochen stimmte die Vetomacht Russland im UN-Sicherheitsrat gegen eine Verlängerung des Mandats des Expertengremiums.

Nordkoreas Diktator Kim Jong-un beobachtet im vergangenen November einen Raketentest.

Putins Russland und Nordkorea machen gemeinsame Sache

Das russische Veto kam nicht überraschend, schließlich ist das Land in den vergangenen Jahren zu wohl engsten Verbündeten der abgeschotteten Diktatur geworden. Im September verließ Kim Jong-un erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie sein Land, um sich in Russlands Fernem Osten mit Wladimir Putin zu treffen, ein Gegenbesuch dürfte noch in diesem Jahr stattfinden. Putin braucht das bettelarme Land als Waffenlieferant für seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine: Laut den Geheimdiensten der USA und Südkoreas hat Nordkorea bereits rund 10.000 Container mit Munition und Waffen für den Einsatz im Ukraine-Krieg an die Russen geschickt.

„Aus Putins Sicht gibt es wenig Grund, Pjöngjang im UN-Sicherheitsrat nicht zu unterstützen, um die für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit zwischen Russland und Nordkorea fortzusetzen“, schreiben Victor Cha und Ellen Kim von der US-Denkfabrik CSIS.

Zuletzt erließ der UN-Sicherheitsrat 2017 neue Sanktionen gegen Nordkorea, weitere Strafmaßnahmen verhinderten China und Russland. Die bestehenden Sanktionen bleiben zwar in Kraft, Ende April aber endet die Arbeit der Sanktionsüberwacher. „Ihre Arbeit reduziert sich immer mehr darauf, westlichen Ansätzen in die Hände zu spielen, verzerrte Informationen abzudrucken und Zeitungsschlagzeilen und Fotos von schlechter Qualität zu analysieren“, behauptete Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja.

Südkorea hingegen zeigte sich entsetzt. „Das ist fast so, als würde man eine Überwachungskamera zerstören, um nicht auf frischer Tat ertappt zu werden“, sagte der UN-Botschafter des Landes nach dem russischen Veto. Auch aus Deutschland kommt scharfe Kritik: „Es ist offensichtlich, dass Russland durch dieses Veto auch weitere Berichte das Expertenpanels verhindern wollte, die illegale Waffenlieferungen aus Nordkorea für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beleuchtet hätten“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts zu IPPEN.MEDIA. „Russland gefährdet damit die regionale und globale Sicherheit.“

Nordkorea nun dank Russland unter dem UN-Radar? „Schwerer Schlag“ für Überwachung

Das Expertengremium ist seit 2009 im Amt. Drei Jahre zuvor hatte Nordkorea erstmals eine Atombombe getestet, die UN erließen daraufhin Sanktionen gegen das Regime. Die Strafmaßnahmen konnten Nordkorea zwar nicht davon abhalten, sein Nuklearprogramm weiter voranzutreiben, fünf Tests folgten, zuletzt 2017. Auch Raketen lässt Diktator Kim regelmäßig abfeuern, zuletzt flogen Mitte April mehrere ballistische Raketen von Pjöngjang aus in Richtung Osten, wo sie schließlich ins Meer stürzten.

Der halbjährlich veröffentliche Expertenbericht war dennoch ein international anerkanntes Instrument, um die Aktivitäten des Nordens zu überwachen, zudem gaben die Experten Ratschläge, wie die Sanktionen besser umgesetzt und Schlupflöcher gestopft werden könnten. Von einem „schwerer Schlag für die internationalen Bemühungen zur Überwachung und Bekämpfung der nuklearen und militärischen Ambitionen Nordkoreas“ spricht der Nordkorea-Experte Eric Ballbach in einem Beitrag für das 38-North-Projekt der US-Denkfabrik Stimson Center.

Westen will Kim Jong-uns Nordkorea weiter überwachen

Schaut nun niemand mehr Nordkoreas Diktator auf die Finger? Eher unwahrscheinlich. Die USA und andere UN-Mitglieder suchen bereits nach neuen Wegen, um die Aktivitäten des Kim-Regimes zu überwachen. Möglich sei das „sowohl innerhalb als auch außerhalb der UN“, sagte Linda Thomas-Greenfield, die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen. Beispielsweise unter der Schirmherrschaft der G7, möglicherweise in Zusammenarbeit mit Südkorea. Dieselbe Legitimität wie ein UN-Gremium würde eine solche Gruppe aber wohl kaum genießen.

Das gilt auch für Strafmaßnahmen, die Einzelstaaten gegen das Regime in Pjöngjang erlassen und bereits erlassen haben, etwa gegen Nordkoreas illegalen Cyber-Aktivitäten. „Gleichgesinnte Länder müssen ihre Aktivitäten zur Verbesserung der Koordinierung und praktischen Zusammenarbeit bei ihren jeweiligen Sanktionsmaßnahmen gegen Nordkorea beschleunigen“, fordert Ballbach. Denkbar sei etwa der Austausch von Geheimdienstinformationen. Gänzlich unbeobachtet bleiben die Aktivitäten von Kim Jong-un also auch in Zukunft nicht.

Anmerkung: Dieser Artikel wurde mit einer Stellungnahme des Auswärtigen Amts ergänzt.

Rubriklistenbild: © AFP

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