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Hessen-Wahl 2023

Auch bei Mehrheit für Schwarz-Grün: Rhein will bei Wahl-Sieg mit Grünen, FDP und SPD sprechen

Hessens Ministerpräsident Rhein (CDU) möchte mit allen demokratischen Parteien nach gemeinsamen Punkten suchen. In den Umfragen liegt die CDU weit vorne.

Wiesbaden – Einen Tag vor der Hessen-Wahl am Sonntag (8. Oktober) kann sich die CDU um Ministerpräsident Boris Rhein beste Chancen auf einen erfolgreichen Wahlabend ausrechnen. Die Christdemokraten lagen in den letzten Umfragen deutlich auf dem ersten Platz und jenseits der 30 Prozent. Für Rhein wäre es der erste Triumph bei einer Landtagswahl. 2018 führte noch dessen Vorgänger Volker Bouffier die CDU in den Wahlkampf. Nach dessen Rücktritt im vergangenen Jahr steht Rhein dem Kabinett in Wiesbaden vor. Im Falle eines Wahlsieges will der Ministerpräsident jedoch nicht nur mit dem aktuellen Koalitionspartner Gespräche führen.

Hessen-Wahl: Ministerpräsident Rhein offen für Gespräche mit Grünen, SPD und FDP

Rhein kündigte an, sowohl mit Vertreterinnen und Vertretern der Grünen, als auch von SPD und FDP sprechen zu wollen – sollte die CDU bei Wahl am Sonntag die meisten Stimmen bekommen. Seit 2013 regiert die CDU in Hessen mit den Grünen als Juniorpartner. Ein Bündnis, das sich aus Sicht des Ministerpräsidenten bewährt hat, aber deswegen nicht in Stein gemeißelt sein sollte. „Aber ich finde, Demokraten müssen untereinander anschlussfähig sein, und deswegen würden wir natürlich auch bereit sein, mit den Sozialdemokraten und der FDP zu sprechen“, sagte Rhein im Gespräch mit dem Fernsehsender Welt.

Hessens Regierungschef Boris Rhein ist offen für verschiedene mögliche Koalitionen. (Archivfoto)

Mit Blick auf Sondierungsgespräche und Koalitionsverhandlungen fügte der Ministerpräsident hinzu, es gehe es um das Finden von gemeinsamen Punkten: „Wo kann man am meisten von seiner Politik umsetzen und mit wem passt es am besten?“ Gespräche mit der AfD schloss Rhein jedoch kategorisch aus. Mit Blick auf die Partei Die Linke, die nach den jüngsten Umfragen ohnehin um einen Einzug in den Landtag bangen muss, hat die CDU eine Unvereinbarkeitsbeschluss.

Ob Rhein auch mit Vertreterinnen und Vertretern der Freien Wähler sprechen wolle, sollte diesen der Einzug ins Parlament gelingen, sagte der Ministerpräsident nicht.

Asylpolitik als Knackpunkt bei Sondierungen? Rhein fordert Einhaltung des Dublin-Abkommens

Ein Knackpunkt bei den Verhandlungen könnte die Haltung der hessischen Landesregierung bei der Migrationspolitik sein. SPD-Spitzenkandidatin und Bundesinnenministerin Nancy Faeser wurde zuletzt immer wieder wegen ihrer Linie bei Asylpolitik scharf von Vertreterinnen und Vertretern der Unionsparteien in die Kritik genommen.

Doch auch bei CDU und Grünen in Hessen gibt es Differenzen. Erst im Juli kam es da zum Clinch in der aktuellen Koalition. Ministerpräsident Rhein hatte sich in einem Interview mit der Bild am Sonntag für bundesweite Grenzkontrollen ausgesprochen. Sein Stellvertreter Tarek Al-Wazir (Bündnis90/Die Grünen) hatte den Vorschlag damals als „grundfalsch“ zurückgewiesen. Gegenüber Welt forderte Hessens Regierungschef nun eine stärkere Durchsetzung der Dublin-Regel. „Wenn jemand bereits in einem anderen europäischen Land war, dann kann er in Deutschland eben nicht mehr den Anspruch erheben“, sagte Rhein.

Boris Rhein: Werdegang, Wahlen und Skandale des hessischen Ministerpräsidenten

Boris Rhein: Ministerpräsident in Hessen
Boris Rhein galt schon früh als Überflieger und Hoffnungsträger der hessischen CDU. Bereits im Alter von 27 Jahren wurde der Jurist erstmals in den hessischen Landtag gewählt. Mit 38 Jahren übernahm Rhein das Amt des hessischen Innenministers. Im Jahr 2014 wurde der zweifache Vater zum Wissenschaftsminister in die schwarz-grüne Landesregierung berufen. Seit Januar 2019 war er Präsident des hessischen Landtags - inzwischen führt er die schwarz-grüne Regierung an. © Frank Rumpenhorst/dpa
Boris Rhein: Ministerpräsident in Hessen und Volker Bouffier
Den Respekt, den sich Rhein in seiner Amtszeit als Landtagspräsident erarbeitet hat, galt als ein entscheidender Punkt für die Nachfolge von Volker Bouffier als hessischer Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzender. Dass Bouffier noch während der laufenden Legislaturperiode abtrat, hatte vor allem den Grund, seinem Nachfolger die Chance auf einen Amtsbonus zu geben. Als Vertrauter von Bouffier gilt Rhein nicht.  © Sebastian Christoph Gollnow/dpa
Die Frankfurter Goethe Universität
Rhein wurde als Sohn des früheren Frankfurter Schuldezernenten Peter Rhein geboren. Nach dem Abitur am Lessing-Gymnasium in Frankfurt im Jahr 1991 studierte er Rechtswissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Das Studium schloss er im Jahr 1997 mit dem Ersten Staatsexamen ab. Nach dem Zivildienst, den er als Betreuer in einem Wohnheim für Schwerbehinderte (Praunheimer Werkstätten) absolvierte, folgte im Jahr 2000 das zweite Staatsexamen. Danach war er bis zu seiner Berufung zum Minister als Rechtsanwalt tätig. © Heike Lyding/Imago
Michel Friedmann
1996 sorgte Rhein als Vertreter der Jungen Union Frankfurt mit einem verbalen Angriff gegen seinen Parteikollegen Michel Friedman für Wirbel. Anlass war die scharfe Kritik des damaligen CDU-Vorstandsmitglieds am rechten Flügel der hessischen CDU. Friedman sei eine „Belastung für die Frankfurter CDU“, sagte Rhein, der Friedman indirekt zum Parteiaustritt und zum Verlassen der Stadt Frankfurt aufforderte. SPD und Grüne missbilligten die Aussage als „skandalöse Entgleisung“. © Thomas Koehler/Imago
Rockergruppe "Hells Angels"
Im Jahr 2011 wurden Vorwürfe gegen Rhein laut, er habe Kontakte zu der Rockergruppe Hells Angels. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hatte über ein Telefonat berichtet, bei dem ein Mitglied der Rockergruppe Rheins Hilfe bei Auseinandersetzungen um die Straßenprostitution im Frankfurter Bahnhofsviertel gelobt habe. Rhein wies die Vorwürfe weit von sich. „Ich habe weder Kontakte zu den Hells Angels, noch unterstütze ich diese Gruppierung oder treffe Absprachen mit ihnen“, sagte er damals. Im September 2011 erließ er ein Verbot gegen zwei Hells-Angels-Vereine. © Fredrik von Erichsen/dpa
Peter feldmann
Nur wenige Monate später musste Boris Rhein den ersten großen Rückschlag seiner politischen Karriere verkraften. Dass sein Weg nicht fortwährend steil nach oben führte, lag ausgerechnet an den Wahlberechtigten in seiner Heimatstadt. Bei der Wahl um den Frankfurter Oberbürgermeisterposten erreichte Rhein im ersten Wahlgang zwar das beste Ergebnis, musste sich dann aber in der Stichwahl am 25. März 2012 deutlich seinem SPD-Kontrahenten Peter Feldmann geschlagen geben.  © Andreas Arnold/dpa
Fußballfans Frankfurt
Die Wahlniederlage könnte auch mit den Frankfurter Fußballfans zu tun haben. Selten hatten sich wohl so viele von ihnen an einer politischen Wahl beteiligt wie an jener um das Amt des Frankfurter Oberbürgermeisters. Und warum? Um zu verhindern, dass Rhein neues Stadtoberhaupt wurde. Ihre Abneigung machten sie auch auf dem Platz deutlich. „Ob SGE, ob FSV, Boris Rhein will keine Sau“, hieß es da gerne. Und auf Flugblättern der Ultras war zu lesen: „Rhein raus – häng deine Nase ned in Dinge, von denen du keine Ahnung hast!“ Zuvor hatte Rhein „eine härtere Gangart gegen gewaltbereite Problemfans“ angekündigt.  © Imago
Frankfurter Opernplatz
In den Jahren danach präsentierte sich Boris Rhein ohnehin gerne als Vertreter von Recht und Ordnung. Als Innenminister forderte er eine Verschärfung des Strafgesetzbuches, um Gewalttaten gegen die Polizei besonders zu ahnden. „Die Beamten, die täglich ihre Gesundheit für das Allgemeinwohl aufs Spiel setzen, brauchen mehr Schutz“, sagte er 2013. „Die zunehmende Eskalation der Gewalt muss für die Täter besondere Konsequenzen nach sich ziehen.“ Rhein fasste seine Vorstellungen unter dem Stichwort „Schutzparagraf für Schutzleute“ zusammen. © Frank Rumpenhorst/dpa
Blockupy-Proteste in Frankfurt am Main
Für großes Entsetzen sorgten die Vorfälle vom 1. Juni 2013, als die Polizei in Frankfurt massiv gegen eine genehmigte Demonstration der Blockupy-Bewegung vorging. Als damaliger Innenminister verteidigte Rhein die Entscheidung, einen Kessel um rund 1000 Menschen zu ziehen. Dies sei „nachvollziehbar, richtig und vom Gesetz gedeckt“. Schließlich habe es massive Verstöße gegen das Versammlungsrecht gegeben. Im Grundrechte-Report 2013 hingegen war von einem „verfassungsrechtlichen Skandal“ die Rede.  © Boris Roessler/dpa
Ehemaliges Poilzeigefängnis Klapperfeld
Hohn und Spott erntete Boris Rhein im Oktober 2017, als er einmal am späten Abend mit einer Gruppe von teils offenbar angetrunkenen Begleitern mal eben Einlass ins „Klapperfeld“ in Frankfurt verlangt hatte - das alternative Kulturzentrum werde schließlich mit Steuergeld unterstützt. Diejenigen, die im Haus waren, verwiesen auf das Hausrecht der Initiative „Faites votre jeu!“ und die regulären Öffnungszeiten – aus der Besichtigung wurde nichts. Im Netz wurde darüber unter dem Hashtag #Rheinwillrein gelacht.  © Imago

Rund 4,3 Millionen Wahlberechtigte in Hessen sind am Sonntag dazu aufgerufen, einen neuen Landtag zu wählen. Die Wahllokale sind bis 18 Uhr geöffnet. Anschließend gibt es eine erste Prognose und Hochrechnungen. Das vorläufige Endergebnis dürfte am späten Sonntagabend oder in der Nacht zum Montag erwartet werden. (fd)

Rubriklistenbild: © Boris Roessler/dpa

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