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Merkur.de-Exklusiv
„Habeck geht jetzt da hin, wo es weh tut“ - Energie-Experte fordert Nachbesserungen beim Heizungsgesetz
Öko-Diktatur und Zwangssanierung? Habecks Heizungsgesetz schlägt hohe Wellen. Ein Energie-Experte zeigt die Mängel auf - und fordert, dass Gas teurer werden muss.
Berlin/Bochum - Selten hat ein geplantes Gesetz für so viel Aufregung gesorgt: Seit Wochen machen sich viele Deutsche über das Heizungsgesetz von Klimaminister Robert Habeck (Grüne) große Sorgen. In der Ampel-Koalition ist ein erbitterter Streit darüber entflammt, und in den Medien ist teils die Rede von „Öko-Diktatur“, „Zwangssanierung“ und „Heiz-Hammer“.
Ist Habecks Heizungsgesetz also einfach ein Irrsinn? Oder ist es schlichtweg unvermeidbar? Zumindest, wenn Deutschland das Ziel, bis 2045 klimaneutral zu werden, erreichen will?
Klarheit ins Dunkel bringt Prof. Dr. Andreas Löschel im Interview mit Merkur.de von IPPEN.MEDIA. Als Professor für Umwelt- und Ressourcenökonomie an der Ruhr-Universität Bochum beschäftigt er sich hauptberuflich mit Fragen der Energiewende. Und er sagt: Anstatt mit Verboten zu arbeiten, müsste das Heizen mit Gas und Öl für die Deutschen teurer werden. Dann würden die Menschen von selbst auf nicht-fossile Heizformen umstellen.
Habeck Heizungsgesetz in Kommunikation eine Katastrophe?
Habecks Gesetz sieht vor, dass ab 2045 nur noch Heizungen eingebaut werden dürfen, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden, alte Heizungen müssen aber nicht erneuert werden. Grundsätzlich sei der Ansatz richtig, bei der Energiewende im Gebäudesektor anzusetzen, so Löschel - denn immerhin verbraucht Deutschland in diesem Bereich zwei Drittel seiner Energie.
Doch so richtig Habecks Intention sei - die Kommunikation war wohl eine Katastrophe: „Es hat sich ganz schnell das falsche Narrativ festgesetzt, dass es einen Zwang gibt, die alten Heizungen herauszureißen“, so Löschel. Die Folge waren massive Widerstände - und ein Run auf Öl- und Gasheizungen: Viele Deutsche wollten sich noch schnell solch eine Heizung einbauen lassen, bevor sie es nicht mehr dürfen.
Habeck müsse demonstrieren: Öl und Gas lohnen sich langfristig nicht
Und hier steckt offenbar das Problem: Die Politik vermittle den Menschen derzeit zu wenig, dass sie beim Einbau einer Öl- oder Gasheizung wohl langfristig draufzahlen, sagt Löschel: „Die Regierung hat es völlig versäumt, da den ökonomischen Rahmen richtig zu setzen und zu zeigen: Öl und Gas werden in der Zukunft teurer werden“, so der Professor für Ressourcenökonomie.
Jahrelang wurden Gas und Öl in Deutschland immer günstiger. Und viele haben offenbar auch jetzt noch das Gefühl, das bleibe so. Das sei auch kein Wunder, so Löschel, in einer Situation, wo die Preise gerade wieder im freien Fall sind. Nach dem Schock-Anstieg durch den Ukraine-Krieg griff die Ampel-Koalition schnell zur Strom- und Gaspreisbremse. „Damit ist der Eindruck entstanden, der Staat springt sofort ein, wenn die fossilen Preise steigen“, so Löschel. In der Diskussion um das Heizungsgesetz wirke sich das jetzt ungünstig aus. „Die Leute sehen großteils den Vorteil nicht, auf erneuerbare Energieträger umzusteigen.“
Habeck setze mit Heizungsgesetz zu sehr auf Verbote
Die Politik hätte eine gewünschte Energiewende im Gebäudesektor viel besser vorbereiten sollen, so der Experte, um mehr die Chancen in den Vordergrund zu stellen, anstatt mit Verboten zu arbeiten. Habecks Ministerium sollte deshalb nachjustieren, findet der Klimaforscher. „Es besteht jetzt immer noch die Möglichkeit, die Rahmensetzung besser zu machen.“
Das bedeutet für den Experten konkret: Die Preise für Gas und Öl nach oben schrauben und gleichzeitig denjenigen, die sich das nicht leisten können, helfen. „In der ganzen Diskussion hat man die Leute bis zuletzt ziemlich im Unklaren gelassen, wie Unterstützungsleistungen konkret aussehen.“
Dabei liege bereits seit Jahren ein fertiges Konzept in der Schublade, so der Experte: Das sogenannte Klimageld, erarbeitet von Sozialminister Hubertus Heil (SPD). Mit diesem können Einnahmen aus höheren CO₂-Preisen an besonders Betroffene weitergegeben werden, um deren Mehrkosten abzufangen. „Das wäre sehr gut machbar. Durch die niedrigeren Verbräuche, der damit erzielt werden, werden diese Ausgaben für die Regierung gegenfinanziert.“
„Wenn Klimapolitik nichts kosten darf, werden wir nicht weiterkommen“
Trotz des Nachbesserungsbedarfs sieht der Klimaforscher nicht Habeck als Minister als den Alleinschuldigen der derzeitigen Misere: „Habeck geht jetzt da hin, wo es weh tut, und die Bürger spüren zum ersten Mal, dass Klimaschutz erst einmal was kostet. Bisher haben wir das ziemlich weit von uns weggeschoben.“ Habeck mache bei der Umsetzung jetzt eben Nägel mit Köpfen.
Parolen der Opposition oder des Habeck-kritischen Koalitionspartners FDP, die Klimawende sei zu schaffen, ohne dass es den Einzelnen etwas kostet, hält der Energieexperte für unseriös. „Wenn man suggeriert, dass Klimapolitik nichts kostet, dann werden wir nicht weiterkommen“, sagt der Klimaforscher. „Die Energiewende verursacht eben kurzfristig erst einmal hohe Kosten, auch wenn wir über einen langen Zeitraum davon profitieren dürften.“
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Habecks Heizungsgesetz laut Experte schlecht vorbereitet
Neben den gefürchteten immensen Investitonen bestehen auch andere Unsicherheiten: Nicht überall ist zum Beispiel der Einbau einer Wärmepumpe, auf die Habeck setzt, möglich. „Da hätte man viel früher mit der Vorbereitung beginnen müssen und vor Ort zum Beispiel über kommunale Wärmepläne die Optionen aufzeigen sollen, die der Einzelne hat“, sagt der Klima-Professor. Immerhin scheint Habeck in diesem Punkt voranzugehen: In einem weiteren Gesetzesentwurf aus seinem Ministerium fordert Habeck von den Kommunen Details zum Heizverhalten und zur Lage, Baujahr und Nutzung der Gebäude.
Habecks Argument, die massive Kritik an seinem Gesetz entspringe einer Kampagne gegen seine Person, die von der mächtigen Gasindustrie angezettelt werde, die um ihre Milliarden-Gewinne bangt, lässt Klimaforscher Löschel jedenfalls nicht gelten: „Es gibt etliche konkrete Probleme, die man ernst nehmen sollte und nicht einfach mit dem Verweis auf Lobbyismus wegwischen darf“, findet er. (smu)