Großbritannien-Wahl
Vor Großbritannien-Wahl: Sunak und Starmer liefern sich hitzige TV-Debatte
Vor der Großbritannien-Wahl am 4. Juli wollen die regierenden Tories und die oppositionelle Labour-Partei die Briten überzeugen. Umfragen sehen die Herausforderer vorne.
London – Der britische Premierminister Rishi Sunak (Konservative) und sein Herausforderer Keir Starmer von der Labour-Partei haben sich in ihrer letzten TV-Debatte vor der Wahl am 4. Juli einen erbitterten verbalen Schlagabtausch geliefert.
„Wenn Sie den Leuten im Zuschauerraum und im ganzen Land öfter zuhören würden, wären Sie nicht so abgehoben“, schleuderte Starmer dem Regierungschef entgegen, als es bei dem TV-Duell in der BBC am Mittwochabend (26. Juni) um geplante Kürzungen von Sozialleistungen ging. Sunak schlug zurück mit der Behauptung, sein Herausforderer sei „nicht ehrlich zu den Leuten hinsichtlich seiner Pläne, ihre Steuern zu erhöhen“.
Wettskandal bei den Tories überschattet Wahlkampf in Großbritannien
Im Hinblick auf den Skandal um Wetten auf den Wahltermin in Großbritannien, der seit Wochen Sunaks Tories erschüttert, warf Starmer seinem Kontrahenten Führungsschwäche und mangelnde Integrität vor. Mehrere konservative Kandidaten und andere Personen im Umkreis Sunaks sollen Geld auf den überraschend bekanntgegebenen Wahltermin gesetzt haben.
Sunak kritisierte, sein Herausforderer habe keinen Plan für die drängendsten Probleme des Landes wie die hohe Zahl an Bootsmigranten am Ärmelkanal. Starmer hielt dem entgegen, der als Abschreckung gedachte Plan, irregulär eingereiste Menschen pauschal nach Ruanda abzuschieben, sei gescheitert und die Zahlen auf Rekordhöhe.
Tories droht laut Umfragen Niederlage bei Großbritannien-Wahl
Meinungsumfragen sagen Sunaks Partei eine verheerende Niederlage voraus. Einem Modell von Yougov zufolge könnte die Partei von gut 360 Sitzen im Parlament auf etwa 100 abstürzen. Keir Starmer von der sozialdemokratischen Labour-Partei dagegen hat gute Chancen, der nächste Premierminister zu werden.
Manche Leute, die sich etwa in Dover auf der Straße ansprechen lassen, wirken desillusioniert. Niemand von den Kandidaten werde seine Stimme bekommen, erzählt ein Mann von der Straßenreinigung. „Ich glaube an keinen von denen. Die tun nichts fürs Land.“ So sei es im Vereinigten Königreich immer gewesen. „Die Leute haben zu kämpfen, wissen Sie?“ Die Mieten und Immobilienpreise seien hoch. Die Politiker müssten mehr Wohnraum schaffen. „Und naja, sie müssen im Grunde das Land in Ordnung bringen.“
Wirtschaftliche Probleme in Großbritannien
Der Brexit und die Politik der Kurzzeitregierungschefin Liz Truss haben der Wirtschaft zugesetzt. Der staatliche Gesundheitsdienst NHS ist überlastet, und in vielen Wohnungen stehen Anti-Schimmel-Sprays. Ex-Premier Gordon Brown warnt regelmäßig vor der Armut im Land. Und die Tafeln des Trussell Trust haben im vergangenen Jahr doppelt so viele Notfallpakete verteilt wie vor fünf Jahren. Auffällig war bei der TV-Debatte zwischen Sunak und seinem Herausforderer, dass sie das Publikum offenbar nicht ganz überzeugen konnten. „Sind Sie beide wirklich das Beste, was wir als Premierminister für unser großartiges Land haben?“, fragte ein Zuschauer.
Premier Sunak gehört zu reichsten Briten
Der Name Rishi Sunak sorgte im Frühjahr 2022 für Schlagzeilen weit über den Grenzen des Vereinigten Königreichs. Ein britischer Spitzenpolitiker unter Premierminister Boris Johnson – dazu noch ein Finanzminister – hatte es erstmals auf die Liste der reichsten Briten der britischen Zeitung Sunday Times geschafft. Trotz seines Vermögens verfolgt Multimillionär Sunak, dessen Schwiegervater zu den wohlhabendsten Männern Indiens gehört, ehrgeizig seine Karriere in der Konservativen Partei (Tories).
Im Sommer 2022 trat er gegen Truss um das Amt der Premiers an, verlor jedoch. Nur kurz danach änderte sich alles. Am 24. Oktober 2022 trat Truss nach nur 49 Tagen Amtszeit zurück. Sunak wurde noch am selben Tag Parteichef der Konservativen, ehe ihn König Charles III. einen Tag später zum Premierminister ernannte. (erpe/dpa/AFP)
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