Treffen am Rande des Apec-Gipfels
Joe Biden trifft Xi Jinping: der wichtigste Gipfel des Jahres steht kurz bevor
Joe Biden wird am Rande des Apec-Gipfels in Kalifornien mit Chinas Staatschef Xi Jinping zusammenkommen. Gelingt ihnen eine Verbesserung der angespannten Beziehungen?
San Francisco – Nun ist es also soweit: Erstmals seit genau einem Jahr werden sich die Präsidenten der beiden Supermächte wieder persönlich begegnen. US-Präsident Joe Biden und Chinas Staatschef Xi Jinping werden am Mittwoch (Ortszeit) am Rande des Gipfels der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) in San Francisco zusammentreffen. Xi ist bereits in San Francisco eingetroffen. Das Treffen wird an einem Ort außerhalb des Apec-Geländes stattfinden – aus Sicherheitsgründen und um zu signalisieren, dass es sich um ein substantielles Treffen handelt und nicht um eine Apec-Randnotiz.
Es ist vielmehr das wohl wichtigste Gipfeltreffen dieses Jahres. Von der Stabilität des schwierigen Verhältnisses zwischen den gegensätzlichen Supermächten hängt die gesamte Weltlage ab. Biden und Xi kennen sich seit vielen Jahren; erstmals kamen sie vor rund zehn Jahren zusammen, als beide noch Vizepräsidenten waren. Doch seit ihrem konstruktiven Treffen am Rande des G-20-Gipfels im November 2022 auf Bali haben sie einander nicht mehr persönlich gesprochen
„Die China-Frage ist in Washington so toxisch geworden, dass jede diplomatische Annäherung – selbst angesichts der sonst so harten Politik der Regierung – als Beschwichtigung ausgelegt werden kann“, kommentiert Mingxin Pei, Experte am amerikanischen Claremont McKenna College. „Biden verdient Anerkennung dafür, dass er dennoch versucht, die wichtigste bilaterale Beziehung der Welt zu stabilisieren“, schrieb Pei bei Bloomberg. Xi hat unterdessen seit 2019 kein großes westliches Land mehr besucht. Und Xi sei sich bewusst, so Pei, „dass Gipfeltreffen mit westlichen Spitzenpolitikern gut ankommen bei einem heimischen Publikum, das nach Zeichen der Bestätigung von Chinas globalem Status sucht.“ Die Staatsmedien berichteten am Mittwoch, Xi sei in San Francisco „herzlich willkommen“ geheißen worden.
Ziel des Biden-Xi-Gipfels: Die schwierigen Beziehungen stabilisieren
Der Gipfel hat vor allem ein Ziel: Die angespannten Beziehungen zwischen beiden Seiten zu stabilisieren. Biden sei entschlossen, den seit August 2022 ausgesetzten Dialog zwischen den Streitkräften beider Länder wiederherzustellen, sagte sein Sicherheitsberater Jake Sullivan am Sonntag im Fernsehsender CBS. Solche Kommunikationskanäle seien dringend nötig. „Die Wiederaufnahme des militärischen Dialogs wäre ein besonders positives und stabilisierendes Ergebnis, das dazu beitragen kann, die Gefahr eines ungewollten Konflikts zu verringern“, sagt auch Amanda Hsiao, leitende China-Analystin der Denkfabrik Crisis Group.
China forderte am Montag politische Signale. Die USA sollten Chinas Recht, sich zu entwickeln respektieren, statt sich darauf zu fokussieren, Chinas Interessen zu schaden, sagte Außenamtssprecherin Mao Ning am Montag. Peking wirft den USA eine Eindämmungspolitik vor, unter anderem wegen der strengen amerikanischen Exportrestriktionen für Hochtechnologie. China hoffe, dass Amerika die Beziehungen wieder auf einen „stabilen Pfad der Entwicklung“ bringen wolle, sagte Mao.
USA und China: Signale für Tauwetter in den Beziehungen
Seit einiger Zeit gibt es Signale eines Tauwetters: Eine Serie gegenseitiger Ministerbesuche, auch zur Vorbereitung des Gipfels etwa, oder die hochrangigen Gespräche zu Atomwaffen und Abrüstung in der vergangenen Woche. Der Tenor in Chinas Staatsmedien allerdings ist weiterhin vielfach bissig. Sie geben den USA die Schuld am Ukraine-Krieg und behaupten, Washington habe die Voraussetzungen geschaffen für den Hamas-Angriff auf Israel.
Die Beziehungen sind fragil, jede Störung kann den Konflikt ungewollt anheizen. Das schwierigste Thema ist dabei der Taiwan-Konflikt, wie Peking zuletzt mehrfach betonte. China sieht seinen Anspruch auf die demokratisch regierte Insel als „Kerninteresse“ und hat eine gewaltsame Wiedervereinigung nie ausgeschlossen. Die USA liefern Taiwan Waffen; Biden hat zudem mehrmals für den Fall eines chinesischen Angriffs militärisches Eingreifen aufseiten Taiwans angekündigt.
Ziel des Gipfels: Eskalation um Taiwan verhindern
„Um eine Eskalation in der Taiwan-Frage zu vermeiden, sollten die USA die Gelegenheit nutzen, um ihr Bekenntnis zu ihrer ‚Ein-China-Politik‘ zu bekräftigen“, meint Ivy Kwek von der Crisis Group. China solle dagegen deutlich machen, dass es das Ziel, die Wiedervereinigung auf friedlichem Wege anstrebt, nicht aufgegeben habe. Auch sollte Peking seine „militärischen Aktivitäten rund um die Taiwanstraße zurückfahren.“ Denn derzeit kommt es sowohl in der Taiwanstraße als auch im angrenzenden Südchinesischen Meer immer wieder zu gefährlichen Begegnungen zwischen chinesischen und amerikanischen Militärs.
Wer braucht in dieser Lage einen Gipfel-Erfolg mehr? Xi, meint Mingxin Pei. „Die Spannungen zwischen China und den USA zerstören das Vertrauen der Investoren und machen China uninteressant.“ Ausländische Direktinvestitionen seien 2023 auf einen historischen Tiefstand gefallen. „Auch haben die geopolitischen Spannungen die Stimmung der chinesischen Privatunternehmern schwer belastet. Einige sind mitsamt ihrem Vermögen ins Ausland ausgewandert.“ Gewisse Zugeständnisse Xis dürften es umgekehrt Biden erleichtern, gegenüber den in Washington dominierenden China-Falken eine – von einer wachsenden Zahl Experten angemahnte – konstruktive China-Politik durchzusetzen. Die Welt würde damit ein Stück sicherer.
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