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Einfluss auf Politik
Propaganda und Desinformation: So könnte Russland die Europawahl manipulieren
Im Propagandakessel brodelt es: Putin versucht wohl mit allen Mitteln, die Menschen von der Europawahl abzuhalten. Sein Erfolg hält sich in Grenzen.
Brüssel/Berlin – Europa wählt – und Wladimir Putins Desinformationsmaschine läuft offenbar auf Hochtouren. Mit Schmierkampagnen, Social-Media-Offensiven und vielen weiteren Tricks versucht Moskau anscheinend, die EU zu diskreditieren. Ein möglicher Erfolg könnte sich auch auf die Europawahl 2024 am 9. Juni auswirken. Die East StratCom Task Force, Teil des diplomatischen Außendiensts der EU, stellt auf ihrer Plattform EUvsDisinfo vor, mit welchen Techniken der Kreml das Vertrauen in europäische Institutionen zersägen will.
EU ist schon lange Ziel russischer Desinformationskampagnen
EUvsDisinfo wurde 2015 als Reaktion auf den russischen Einmarsch auf die Krim gegründet. Seitdem zählt die Seite mehr als 3000 Fälle von Desinformationskampagnen gegen die Europäische Union allein. Sie sollen den gesellschaftlichen Diskurs umschwenken, kritische Infrastruktur schwächen und Misstrauen säen; seit 2022 zielen sie besonders darauf ab, die breite Unterstützung für die Ukraine zu zerstören.
So arbeite der Kreml unter anderem mit Schmutzkampagnen daran, die Legitimität führender europäischer Politikerinnen und Politiker zu untergraben. Im März traf dies Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron, nachdem er öffentlich erwogen hatte, Bodentruppen in die Ukraine zu senden. Kreml-affine Medien behaupteten daraufhin, Macron wolle einen Weltkrieg starten, um an der Macht zu bleiben. Seiner Frau wurde vorgeworfen, insgeheim trans zu sein und ihre Identität zu fälschen.
Putins Propaganda verschärft sich vor der Europawahl
Insbesondere im Vorfeld der Europawahlen konnte die Taskforce einen Anstieg an Manipulationsversuchen verzeichnen. Das bestätigen auch Recherchen der Non-Profit Organisation AI Forensics. Im Fadenkreuz der Angriffe steht Social Media. AI Forensics berichtete in einer Pressemitteilung von April, dass weniger als fünf Prozent der undeklarierten politischen Kampagnen auf Plattformen des US-Konzerns Meta moderiert würden. Dadurch könnten die Wahlberechtigten in der EU massenhaft beeinflusst werden. Prorussische Werbespots hätten auf diese Weise in den vergangenen sechs Monaten fast 40 Millionen Nutzerinnen und Nutzer in Deutschland und Frankreich erreicht.
Auch Websites sind von massiver Manipulation betroffen. Seit 2022 sammelt das EU Disinfo Lab, wie der Kreml systematisch offizielle Regierungswebseiten und renommierte Nachrichtenportale klont, um Desinformationen zu verbreiten. Unter falscher Domain-Endung gaben sich diese Seiten unter anderem als Le Monde, Spiegel, Nato oder deutsches Innenministerium aus, um russlandfreundliche Propaganda zu verbreiten. Die East StratCom Task Force fand zudem heraus, dass der Kreml dutzende Nachrichtenportale betreibt, die das Aussehen westlicher Medien imitieren.
Auf ihnen verbreitet Moskau das Narrativ, die EU stünde wegen der Abkehr von russische Gasimporten vor dem „drohenden Zusammenbruch“, der Westen sei sowieso „verfault“. Außerdem würde die Europäische Union mit den Sanktionen ihre eigene Wirtschaft zerstören. Europäische Politiker:innen seien russophob, egoistisch oder – ganz einfach – Nazis. Und natürlich alle nur eine Marionette der USA. Was soll man da schon wählen?
Russland versucht gezielt, die Europapolitik zu beeinflussen
Bebildert werden solche Behauptungen gerne mit angeblichen Massenprotesten gegen die Nato oder die Ukraine. In Frankreich, Belgien und der Slowakei haben Journalist:innen entdeckt, dass Russland gezielt Demonstrationen kapert, um die Illusion umfangreicher Unterstützung zu erzeugen. So tauchten bei den Bauernprotesten Anfang des Jahres plötzlich russische Flaggen auf. Auch Schilder mit scheinbar mit dem Problem kaum zusammenhängenden Forderungen wie „EU, America stop financing the war in Ukraine“ wurden dort hochgehalten. Le Monde deckte sogar auf, dass in Frankreich immer wieder derselbe Mann mit putinfreundlichen oder anti-ukrainischen Aussagen zu sehen war.
Neben der Diskursverschiebung versucht der Kreml, gezielt in die europäische Politik einzugreifen. Für Aufsehen sorgte kürzlich der Fall des AfD-Politikers Petr Bystron, der mutmaßlich Geld aus Russland erhalten haben soll. Zudem soll die lettische EU-Parlamentsabgeordnete Tatjana Ždanoka mit dem russischen Geheimdienst FSB zusammengearbeitet haben, wie eine Recherche von Re:Baltica nun beweist.
Wandel in Europa: Die Geschichte der EU in Bildern
Auch nach der Wahl wird der Kreml weiter die EU verleumden
Lea Frühwirth vom Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) in Berlin erklärt, Russland falle schon seit Jahren mit illegitimer Einflussnahme auf. Sie warnt: „Das Ende des Wahlkampfs muss nicht das Ende von wahlbezogenen Einflussversuchen sein.“ Bei der letzten Europawahl 2019 bemühte sich Putins Propagandaapparat, die Wahl im Nachhinein als Betrug zu diskreditieren. Ein solches Vorgehen ist auch für 2024 erwartbar.
Laut EUvsDisinfo will der Kreml in erster Linie die Menschen davon abhalten, ihr Kreuz zu machen. Bisher waren die Kampagnen allerdings wenig erfolgreich.Eine Eurobarometer-Umfrage vom April zeigt, dass 64 Prozent der jungen Menschen zwischen 16 und 30 Jahren wählen gehen wollen. Insgesamt bekundete fast die Hälfte (49 Prozent) der Befragten einer Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der ARD zufolge, starkes oder sehr starkes Interesse an der Europawahl zu haben. 2019 lag die Wahlbeteiligung bei 61,4 Prozent. (ah)