Zoff in der Nato
Erdoğan besucht Orbán und feiert Freundschaft – Türkei und Ungarn eint der Streit
Zum 100-jährigen Jubiläum der türkisch-ungarischen Freundschaft reist Erdoğan nach Ungarn. Beide Staaten eint viel – vor allem der Streit mit Nato und EU.
Budapest – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan besucht am Montag (18. Dezember) anlässlich des hundertjährigen Bestehens der Beziehungen zwischen der Türkei und Ungarn Budapest. Zwischen den beiden Völkern besteht eine noch längere historische Beziehung: Lange Zeit gehörte Ungarn zum Osmanischen Reich. Ungarn ist zudem wie die Türkei Mitglied der Organisation der Turkstaaten.
Türkei und Ungarn wollen „strategische Partnerschaft“
„Es ist geplant, während der Gespräche einen Meinungsaustausch über die bilateralen Beziehungen sowie über aktuelle regionale und globale Themen zu führen“, teilte das türkische Kommunikationsdirektorat mit. Man wolle zudem mehrere Abkommen unterzeichnen.
Wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldet, soll die „strategische Partnerschaft“ zwischen den beiden Ländern auf das Niveau einer „erweiterten strategischen Partnerschaft“ gehoben werden. Auch dazu sollen Erdoğan und Ungarn Regierungschef Viktor Orbán ein entsprechendes Dokument unterzeichnen. Der Gipfel wird zudem das türkisch-ungarische Kulturjahres 2024 eröffnen.
Ungarn sieht sich von Schweden beleidigt – auch nach Streit um Orbáns Fidesz
Erdoğan und Orbán sind sich in vielen Punkten einig. So haben beide Länder bislang eine Mitgliedschaft Schwedens blockiert. Die Türkei will dadurch Lieferungen moderner Kampfflugzeuge wie etwa den F-16 oder Eurofighter erzwingen. Ungarn hingegen hat seit Jahren ein Problem mit Schweden. Dabei geht es aus ungarischer Sicht um „Beleidigungen“.
„Leider gab es in den letzten Jahren viele negative und beleidigende Äußerungen von schwedischer Seite, ich habe ein ganzes Bündel davon“, hatte der Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, Péter Sztáray, im Juni begründet. Zwei schwedische Parteien – die Moderaten und die Christdemokraten – hatten in der Vergangenheit zudem den Ausschluss von Orbáns Fidesz-Partei aus der Europäischen Volkspartei (EVP) initiiert.
Begründet wurde dies mit der Juncker-Soros-Plakatkampagne und dem Rechtsstaats-Verfahren gegen Ungarn. Auf den Plakaten wurden der frühere EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der US-Investor George Soros unfair attackiert und mit illegaler Einwanderung in Verbindung gebracht. Nach langem Hin und Her endete das Verfahren mit einem Austritt der Fidesz aus der EVP: Als das Ende des Ausschlussverfahrens näherrückte verließ die Fidesz die EVP freiwillig.
Ungarn bei Energiepolitik von Türkei abhängig
Ungarn verfolgt eine eigene Energiepolitik und ist dabei von der Türkei abhängig. Das EU-Mitglied bezieht einen Großteil seiner Energie über die Türkei. 50 Prozent des ungarischen Erdgases wird durch die Erdgas-Pipeline „Turk Stream“ geleitet. Zuletzt hatte Ungarn einen Öl- und Gasdeal mit Aserbaidschan geschlossen. Die Lieferung soll ebenfalls über die Türkei laufen.
Beide Staaten wollen mit ihrer Blockadehaltung in der Nato offensichtlich eigene Interessen durchsetzen. Die Türkei bekommt teils keine modernen Waffen von seinen Nato-Partnern mehr geliefert. Die USA verzögern den Verkauf von 24 Batterien des High Mobility Artillery Rocket System, besser bekannt als HIMARS. Zudem fordert Orbán die Freigabe blockierte EU-Gelder für sein Land, ohne die Orbán weiteren EU-Hilfen für die Ukraine zustimmen werde. Ungarn verlange „nicht die Hälfte, nicht ein Viertel, sondern alles“, sagte Orbán in einem Interview. (erpe)
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