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Zurück zum alten Credo?

Neues CSU-Papier rügt „Multi-Kulti-Kuschelkurs“ der Ampel – und pocht wieder auf „deutsche Leitkultur“

Markus Söders CSU hat ein Positionspapier zur Integration vorgestellt. Darin versammelt sie Forderungen, die im konservativen Milieu gut ankommen dürften.

München – Die „deutsche Leitkultur“ ist wieder da – zumindest in einem Positionspapier der CSU zur Integrationspolitik, das die Partei von Ministerpräsident Markus Söder jetzt vorgestellt hat. „Wir müssen von den zu uns kommenden Migranten einfordern, dass sie unsere Leitkultur akzeptieren“, heißt es im Entwurf des Papiers.

15 Jahre lang war von einer solchen Leitkultur nicht viel die Rede. 2016 war sie schon einmal in aller Munde gewesen, als es nämlich die CSU im Alleingang nach 16 Stunden Dauerdebatte in einem eigenen bayerischen Integrationsgesetz verankerte. Die Opposition – Grüne, SPD, Freie Wähler – störten sich damals immens am Begriff „deutsche Leitkultur“.

Rückt Markus Söders CSU nach rechts? Ein Positionspapier zur Integrationspolitik lässt aufhorchen.

CSU stellt Positionen zur Integration von Migranten dar

Was mit Leitkultur gemeint ist, sorgte schon damals für kontroverse Diskussion. Im jetzigen Positionspapier der CSU steht: Zur Leitkultur gehörten „insbesondere Demokratie, Freiheit, Rechtsstaat, Gleichberechtigung, Toleranz und ein positives Bekenntnis zu unserem Land und natürlich auch das unverbrüchliche Existenzrecht Israels“. Integration bedeute, die Werte des Einwanderungslandes anzunehmen.

Das Papier der CSU bringt aber nicht nur die Leitkultur zurück ins politische Rampenlicht – auch die übrigen Punkte sind betont konservativ. So fordert die Fraktion einmal mehr eine Obergrenze für Zuwanderer, mehr Bildungs- und Wertevermittlung, keine Auslandsfinanzierung für Moscheen und harte Sanktionen gegen Antisemiten. Erst kürzlich machte Söder von sich reden, als er mit einer Bezahlkarte für Asylbewerber vorpreschte.

Söder mied in letzter Zeit markige Worte zur Migration

Das Papier markiert offenbar eine Neujustierung des CSU-Kompasses zurück zu Positionen, die die Partei bereits in der Asylkrise 2015 bis 2018 vertreten hatte. Es war in dieser Zeit, als Markus Söder in den „Tagesthemen“ und im „heute Journal“ im erbitterten Asylstreit mit der Schwesterpartei CDU bewusst das Wort „Asyltourismus“ fallen ließ. Danach hagelte es Kritik, er bediene sich in seiner Wortwahl bei der AfD. Söder ruderte reumütig zurück und erklärte im Landtag, er werde den Begriff nicht mehr benutzen.

In der Folge hat sich die CSU in letzter Zeit dann gegen derart markige und klare Aussagen entschieden. In internen Sitzungen warnte Söder seine Parteifreunde vor unbedachten Aussagen. Die Medien würden genau beobachten, wie sich die CSU verhalte. Er selbst hielt sich zurück und ließ Presseanfragen zur Integrationspolitik unbeantwortet.

Doch das neue Positionspapier legt nahe, dass es nun wieder ein Umdenken in der CSU gibt. Angedeutet hatte sich das bereits, als Söder sich im bayerischen Wahlkampf auf den plakativen CSU-Asylkurs früherer Jahre rückbesann – zum Beispiel mit seiner Wortkreation „Integrationsgrenze“. Hintergrund war wohl der Stimmungswechsel in der Bevölkerung zu Migration, den Söder – bekannt für seine vielen Sinneswandel – wohl wahrgenommen hat.

CSU kritisiert Migrationspolitik der Ampel: „Multi-Kulti-Kuschelkurs gescheitert“

Landtagsfraktionschef Klaus Holetschek sagte jetzt am Dienstag (21. November) bei der Vorstellung des neuen Papiers: „Wir müssen Integration völlig neu denken – denn Islamismus und Antisemitismus auf unseren Straßen zeigen, dass wir hier mit dem Multi-Kulti-Kuschelkurs von Rot-Grün gescheitert sind.“ Eine 180-Grad-Kehrtwende in der Migrationspolitik reiche nicht. „Der Bund muss endlich unsere Leitkultur und unsere Werte in den Mittelpunkt stellen und als Basis für unser Zusammenleben einfordern – so, wie wir es bereits im Bayerischen Integrationsgesetz verankert haben.“

Sogar das vor Jahren einmal kontrovers diskutierte Kopftuchverbot erlebt eine Neuauflage: „Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass wir auch das Tragen von Kopftüchern an Schulen kritisch hinterfragen“, sagte Holetschek. Es dürfe keine Denkverbote mehr geben.

Bayerns Ministerpräsidenten seit 1945

Bundeskanzler Konrad Adenauer (mit Zylinder, CDU), Bundesratspräsident Karl Arnold (l, CDU) und Fritz Schäffer (r, CSU) bei der feierlichen Eröffnungssitzung des Deutschen Bundestages am 07.09.1949 in Bonn.
28. Mai 1945 – 28. September 1945: Fritz Schäffer (r, CSU) mit Konrad Adenauer (mit Zylinder, CDU), Bundesratspräsident Karl Arnold (l, CDU) bei der feierlichen Eröffnungssitzung des Deutschen Bundestages am 07.09.1949 in Bonn. © dpa
28. September 1945 – 21. Dezember 1946: Wilhelm Hoegner (SPD), ernannt durch die USA.
28. September 1945 – 21. Dezember 1946 (erste Amtszeit): Wilhelm Hoegner (SPD), ernannt durch die USA. © IMAGO/Rolf Poss
21. Dezember 1946 –
 14. Dezember 1954: Hans Ehard (CSU) mit Ehefrau Sieglinde.
21. Dezember 1946 – 14. Dezember 1954: Hans Ehard (CSU) mit Ehefrau Sieglinde. © IMAGO
14. Dezember 1954 – 16. Oktober 1957 (zweite Amtszeit): Wilhelm Hoenger (SPD) trat nach Verlust der Mehrheit im Landtag zurück.
14. Dezember 1954 – 16. Oktober 1957 (zweite Amtszeit): Wilhelm Hoenger (SPD) trat nach Verlust der Mehrheit im Landtag zurück. © IMAGO
16. Oktober 1957 – 26. Januar 1960: Hanns Seidel (CSU) überreicht General Lauris Norstad den Bayerischen Lowen.
16. Oktober 1957 – 26. Januar 1960: Hanns Seidel (CSU) überreicht General Lauris Norstad den Bayerischen Lowen. © IMAGO
26. Januar 1960 – 11. Dezember 1962 (zweite Amtszeit): Hans Erhard (CSU).
26. Januar 1960 – 11. Dezember 1962 (zweite Amtszeit): Hans Erhard (CSU). © IMAGO
11. Dezember 1962 – 7. November 1978: Ministerpräsident Alfons Goppel und Parteivorsitzender Franz Josef Strauß (beide CSU).
11. Dezember 1962 – 7. November 1978: Ministerpräsident Alfons Goppel, der aus Altersgründen zurücktrat, und Parteivorsitzender Franz Josef Strauß (beide CSU). © IMAGO
7. November 1978 – 3. Oktober 1988: Franz Josef Strauß (CSU) mit Münchens ehemaligem Oberbürgermeister Erich Kiesl.
7. November 1978 – 3. Oktober 1988: Franz Josef Strauß (CSU) mit Münchens ehemaligem Oberbürgermeister Erich Kiesl. © Heinz Gebhardt/IMAGO
3. Oktober 1988 – 19. Oktober 1988: Max Streibl (CSU) führte das Amt erst kommissarisch und trat dann in seiner offiziellen Amtszeit (19. Oktober 1988 – 28. Mai 1993) wegen der „Amigo-Affäre“ zurück.
3. Oktober 1988 – 19. Oktober 1988: Max Streibl (CSU) führte das Amt erst kommissarisch und trat dann in seiner offiziellen Amtszeit (19. Oktober 1988 – 28. Mai 1993) wegen der „Amigo-Affäre“ zurück. © IMAGO
28. Mai 1993 – 9. Oktober 2007: Edmund Stoiber (CSU) trat nach einem innerparteilichen Machtkampf zurück.
28. Mai 1993 – 9. Oktober 2007: Edmund Stoiber (CSU) trat nach einem innerparteilichen Machtkampf zurück. © IMAGO/Astrid Schmidhuber
9. Oktober 2007 – 27. Oktober 2008: Günther Beckstein (CSU) schied aus dem Amt, als die CSU bei der Landtagswahl 2008 einen deutlichen Stimmenverlust hinnehmen musste.
9. Oktober 2007 – 27. Oktober 2008: Günther Beckstein (CSU) schied aus dem Amt, als die CSU bei der Landtagswahl 2008 einen deutlichen Stimmenverlust hinnehmen musste. © IMAGO
27. Oktober 2008 – 13. März 2018: Horst Seehofer (CSU) gab das Amt ab, als die Ernennung zum Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat anstand.
27. Oktober 2008 – 13. März 2018: Horst Seehofer (CSU) gab das Amt ab, als die Ernennung zum Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat anstand. © Sammy Minkoff/IMAGO
13. März 2018 – 16. März 2018: Ilse Aigner (CSU) übernahm das Amt der Ministerpräsidentin kommissarisch.
13. März 2018 – 16. März 2018: Ilse Aigner (CSU) übernahm das Amt der Ministerpräsidentin kommissarisch. © Charles Yunck/IMAGO
Seit 16. März 2018: Markus Söder (CSU) ist Ministerpräsident von Bayern und CSU Vorsitzender.
Seit 16. März 2018: Markus Söder (CSU) ist Ministerpräsident von Bayern und CSU Vorsitzender. © IMAGO

Besinnt Söder und CSU sich auf altes Credo?

Was steckt hinter der harten Linie? Erhofft Söder sich mehr Zustimmung in konservativeren Kreisen? Dazu passen Aussagen zur „illegalen Migration“, die mit allen zulässigen Mitteln bekämpft werden müsse – samt Warnungen, dass ansonsten der soziale Frieden im Land gefährdet sei.

Aus der CSU heißt es, einige der Positionen wirkten, als besinne sich die Partei nun wieder verstärkt auf das einstige Credo von Franz Josef Strauß, wonach es rechts von der CSU keine demokratisch legitimierte Partei geben dürfe. Diesen Status hatte die Partei in den vergangenen Jahren an die AfD und in Teilen auch an die Freien Wähler verloren. (dpa/smu)

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