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„Grünes Gängelband“
CSU warnt vor Migrations-„Großkonflikt“ im Land – Faeser nennt Söder-Plan „Populismus pur“
Die Migration belastet Städte und Gemeinden – da sind sich die Abgeordneten einig. Doch bei der Suche nach Lösungen fliegen im Bundestag die Fetzen.
Berlin – Mit teils großer Lautstärke haben die Bundestags-Fraktionen am Freitag (22. September) über den Kurs in der Migrationspolitik gestritten. Die Union hatte einen eigenen „Deutschlandpakt“ eingebracht, um „irreguläre Migration spürbar zu reduzieren“ – in Person von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt übte sie auch scharfe Kritik an Innenministerin Nancy Faeser (SPD).
Migration und Asyl Thema im Bundestag: Dobrindt warnt vor „gesellschaftlichem Großkonflikt“
Die Innenministerin sei in der Flüchtlingspolitik „kein Zugpferd“, sondern „das Trojanische Pferd zur Verschärfung der Migrationskrise“, sagte Dobrindt zum Start der Debatte. Er forderte die Ampel auf, Vorschläge der Union für einen „Deutschland-Pakt“ zum Stopp „irregulärer Migration“ anzunehmen. Angesichts steigender Flüchtlingszahlen drohe ein „gesellschaftlicher Großkonflikt“, warnte er: „Die Asylzahlen steigen, die Kommunen sind überlastet, die gesellschaftliche Akzeptanz schwindet.“
Dobrindt attackierte nicht zuletzt die Grünen: Die Partei blockiere eine Lösung bei der Ausweitung der Zahl sicherer Herkunftsstaaten. „Wir stehen zur Verfügung, dann lösen Sie sich endlich vom grünen Gängelband!“, rief er Faeser zu. Die Union habe mit ihrem Vorstoß die „Antwort“ auf die Untätigkeit der Ampel vorgelegt.
Die Forderungen der Union im „Deutschland-Pakt in der Migrationspolitik“ (Auswahl)
alle freiwilligen Bundesaufnahmeprogramme stoppen
Einsatz für eine schnelle Lösung auf EU-Ebene
Zurückweisung von Menschen, die bereits in einem anderen Staat Asylantrag gestellt haben oder abgelehnt wurden
Annäherung der Sozialstandards für Geflüchtete in der EU
„Pull-Faktoren“ vermeiden; u.a. Aus für den „Spurwechsel“, Sachleistungen vor Geldleistungen, keine „ausufernden Bleiberechte“ für Ausreisepflichtige
Georgien, Moldau, Indien, Tunesien, Marokko, Algerien zu sicheren Herkunfsstaaten erklären
„Unsere Maßnahmen wirken. Wir steuern und ordnen Migration“, entgegnete Faeser. Als Beispiele nannte sie die angeschobene - aber aktuell lahmende - Reform des EU-Asylsystems, Zusammenarbeit mit Polen und Tschechien an den Grenzen und stärkere Schleierfahndung der Bundespolizei. Söders Forderung nach einer „Integrationsgrenze“ kritisierte sie als „Populismus pur“. Einfache Lösungen gebe es nicht, betonte Faeser. Beide Seiten warfen einander vor, nicht miteinander zusammenarbeiten zu wollen.
Ampel und Linke werfen Union und Söder falsches Spiel vor – AfD sieht „Panik“
Die Gegner der Unions-Antwort zerrissen gleich mehrere der darin enthaltenen Wünsche, Pläne und Forderungen – und deuteten auf das nicht Enthaltene. „Interessant ist übrigens, dass Sie die Forderung nach einer Obergrenze für Asylsuchende nicht in den Antrag reingeschrieben haben“, sagte etwa die Linke-Abgeordnete Clara Bünger. „Im Grunde wissen Sie nämlich ganz genau, dass das individuelle Asylrecht nicht kontingentierbar ist und eine Obergrenze mit EU- und Völkerrecht nicht vereinbar wäre.“ Das hindere aber Söder und CDU-Chef Friedrich Merz „nicht daran, lautstark mit diesem Thema auf dem Rücken von Geflüchteten auf Marktplätzen Wahlkampf zu machen“.
FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle räumte Handlungsbedarf ein. „Die Kommunen ächzen, die Städte und Gemeinden wissen nicht weiter und sie erwarten von uns eine wirksame Begrenzung der Migration“, erklärte er, der Bundestag sei gefordert. Auch er empörte sich aber über das Papier von CDU und CSU. „Da steht drin, Sachleistungen sollen durchgeführt werden“, „aber wissen Sie was: Sachleistungen stehen doch längst im Gesetz, warum fordern Sie uns denn zu etwas auf, wofür Sie längst zuständig sind?“, mit Blick auf die Zuständigkeit der Bundesländer. Er drang zugleich darauf, nun schnell Georgien und Moldau tatsächlich zu sicheren Herkunftsländern zu eklären.
Der SPD-Politiker Sebastian Hartmann wies darauf hin, dass auch vieldiskutierte Ideen des Unions-Parlamentsgeschäftsführers Thorsten Frei nicht in dem Papier auftauchten. Er forderte die Union zur „Umkehr“ auf: Der einzige Applaus komme in Form von „gröhlendem Klatschen“ der AfD. Tatsächlich hatte der AfD-Politiker Bernd Baumann genüsslich erklärt, die Union übernehme aus Panik Position seiner Partei.
CDU-Kritik am Migrationskurs der Ampel: „Die Menschen bleiben nicht auf Lampedusa“
Frei selbst warf der Ampel-Koalition Realitätsverweigerung vor. „Wir sehen doch jeden Tag, wie Menschen in Lampedusa anlanden. Und die bleiben dort nicht, die ziehen weiter nach Norden“, erklärte er. Mehr als 220.000 Asylanträge seien bis Ende August in Deutschland gestellt worden. Die Infrastruktur in Deutschland sei auf „Zuzug in dieser Breite“ nicht ausgerichtet. Das sei nicht „kurzfristig mit mehr Geld“, sondern mit Begrenzung und Steuerung von Migration zu lösen.
Die Grüne Katrin Göring-Eckardt erwiderte, es sei durchaus mehr Geld nötig – um die notwendigen Strukturen zu errichten. Deren Fehlen habe aber die Union verschuldet. „Sie sagen jetzt ‚haltet den Dieb‘ bei den Versäumnissen, die Sie selbst angerichtet haben!“
Kabinett Scholz: Nach dem Ampel-Aus kommt Rot-Grün ohne Mehrheit
Frei kritisierte auch die Rolle Deutschlands in der Migrationspolitik der EU. Der Kompromiss sei „mager“ ausgefallen und wäre ohne Mitwirkung der Ampel besser geworden, monierte er. Die Bundesregierung fürchtet eine zu starke Absenkung der humanitären Standards an den EU-Außengrenzen. Länder wie Polen und Ungarn forderten hingegen härtere Maßnahmen. Faeser spekuliere zumindest für die Zukunft auch auf Erleichterungen beim Familienzuzug, klagte Frei.
Bundestag streitet über Migration
In der Europäischen Union ist die Zahl der erstmaligen Asylanträge im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat nach aktuellen Zahlen deutlich gestiegen. Wie das Statistikamt Eurostat am Freitag mitteilte, haben im Juni 83.385 Menschen Asylanträge gestellt. Das sind 25 Prozent mehr als im selben Monat des Jahres 2022.
Wie schon in den Monaten zuvor stellten Menschen aus Syrien, Afghanistan, Venezuela und Kolumbien die meisten Anträge. 75 Prozent aller Anträge auf Schutz entfallen den Daten zufolge auf Deutschland, Spanien, Frankreich und Italien. Im Verhältnis zur Bevölkerung werden die meisten Asylanträge in Zypern und Österreich gestellt - Wien galt der CSU zuletzt als mögliches Vorbild in der Migrationspolitik. (fn mit Material von dpa und AFP)