Analyse
„Ich oder die AfD“: Wird Merz nach der Brandenburg-Wahl die Woidke-Strategie gefährlich?
Dietmar Woidke gewinnt mit der SPD die Wahl in Brandenburg durch eine klare Positionierung gegen die AfD. Kann die Bundes-Partei auch davon profitieren?
Die SPD kann noch Wahlen gewinnen, und zwar deutlich! Ministerpräsident Dietmar Woidke erreichte mit seiner SPD nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis bei der Wahl in Brandenburg auf 30,9 Prozent der Stimmen und damit sein erklärtes Ziel: vor der AfD zu liegen. Die Rechtsaußenpartei schnitt jedoch mit 29,2 Prozent ebenfalls stark ab. Auf Platz drei landete das erst vor wenigen Monaten gegründete BSW mit 13,5 Prozent vor der CDU mit 12,1 Prozent. Das sind die vier Parteien im Parlament.
Für die CDU war es ein bitterer Abend, der sich schon Wochen vorher abgezeichnet hatte. Sie landete sogar hinter dem BSW. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sprach nach der ersten Prognose im ZDF von einer „bitteren Niederlage, da ist nichts dran schönzureden“. Nur, wer hat Schuld an diesem schlechten Abschneiden und kann die SPD mit der Woidke-Strategie der CDU gefährlich werden?
Nach Brandenburg-Wahl: Wie gefährlich wird die Woidke-Strategie für CDU-Mann Merz
Für SPD-Politiker Dietmar Woidke war es ein Wahlkampf aus dem Lehrbuch, er hat nicht nur seine Anhänger mobilisiert, sondern mit der Polarisierung: „Ich oder die AfD“ auch Wähler und Wählerinnen gewonnen, die keine SPD-Anhänger sind. Mit dieser Strategie, mit der Woidke-Strategie könnte auch die Bundes-SPD in den Wahlkampf gegen die CDU gehen. Als konservativer Kandidat der Union bietet Friedrich Merz genug Angriffsfläche, um ihn von den Sozialdemokraten in eine rechte Ecke zu stellen. Angriffe dieser Art wurden schon gestartet. Für die SPD könnte es also heißen, nach dem Vorbild Brandenburg: Wählt die SPD oder ihr bekommt AfD und CDU. Aber: Ganz so einfach wie in Brandenburg lässt sich diese Strategie nicht in Erfolg umwandeln.
CDU bei Brandenburg-Wahl: „Es gibt keinen Merz-Effekt“
Der Politikexperte Dr. Martin Gross sieht CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz nicht in der Verantwortung für das schlechte Abschneiden seiner Partei. „Am Ende war das eine Landtagswahl. Bundespolitik oder die Ernennung von Friedrich Merz haben da keine große Rolle gespielt“, sagt Gross im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. Er ist Privazdozent und Akademischer Rat am Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft an der LMU München und meint: „Es gibt keinen Merz-Effekt, weder positiv noch negativ.“
Auch der Politikwissenschaftler Jürgen Falter von der Uni Mainz kann keinen „Merz-Effekt“ erkennen. „Es war nicht unbedingt ein Fehlstart für Friedrich Merz. Aber es hat sich gezeigt, dass seine Nominierung als Kanzlerkandidat der CDU bei der Brandenburgwahl keine größere Rolle gespielt hat. Es war ein sehr polarisierender Wahlkampf, der klar auf die Frage zugespitzt war: SPD oder AfD? Darunter hat die CDU gelitten.“ Auf die Landtagswahl habe die Bundes-CDU und Merz keinen Einfluss gehabt.
Brandenburg-Wahl: Darum war die SPD so stark
Für den Politologen Falter habe die SPD in Brandenburg klar davon profitiert, „dass es bei der Wahl um die Frage ging, ob die AfD oder die SPD vorne liegt. Dietmar Woidke hat mit seiner mutigen Ansage: „die AfD oder ich“ die Wahl gewonnen.“ Die Bundes-SPD wurde ganz bewusst aus dem Wahlkampf herausgehalten, so der Experte. „Olaf Scholz hat meines Wissens an keiner Veranstaltung teilgenommen. Das war ein wichtiges Element für den Erfolg.” Diese Einschätzung zeigt, dass die Woidke-Strategie für die SPD auf Bundesebene nicht so einfach zu übertragen ist. Vor allem auch, weil Kanzler Olaf Scholz mit der Ampel im Bund ein äußerst unbeliebtes Bündnis führt. Die Angriffe auf den konservativen Merz könnten auch nach hinten losgehen und bei den Wählerinnen und Wählern als unfair betrachtet werden.
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