Parteichef sprach in Sachsen
AfD-Partner kuschelt offen mit Putins Partei: Rechtsaußen-Knall in Europa droht
Gefährliche Freunde: Die AfD macht gemeinsame Sache mit den „Wasraschadane“ aus Bulgarien – und die jetzt mit Putin. Ganz offiziell.
In der europäischen Politik ist eine Brandmauer gefallen: Die bulgarischen Ultranationalisten der Wasraschdane („Wiedergeburt“) haben ein Kooperationsabkommen mit „Einiges Russland“ geschlossen – dem Parteikonstrukt um den Autokraten im Kreml, Wladimir Putin. Das ist brisant für Bulgarien, wo Wasraschradane durchaus eine relevante Kraft sind. Aber auch für das Europaparlament. Dort sitzt die Partei zusammen mit der AfD in der Fraktion der „Souveränisten“.
Putins Partei schließt Vertrag: AfD-Partner will von Russland lernen – ganz offiziell
Über den in Deutschland bislang wenig beachteten Vorgang berichten unter anderem der polnische Sender TVP World und das Portal Euractiv. Ausgerechnet in Moskau habe eine Wasraschdane-Delegation das Abkommen unterzeichnet. Und schon die oberflächlich betrachtet nüchternen Worte der offiziellen Parteimitteilung haben es in sich.
Ziel sei „Austausch von Erfahrungen, Ideen und politischen Praktiken zwischen den zwei Organisationen“, erklärte Wasraschdane laut TVP World. Das sei ein „wichtiger Schritt zur Wiederherstellung der vollumfänglichen bulgarisch-russischen Beziehungen“. Russland ist aufgrund seines Überfalls auf die Ukraine von der EU und ihren Mitgliedern scharf sanktioniert. Und „Einiges Russland“ war und ist ein zentrales Vehikel für Putins Umbau Russlands zur Diktatur.
AfD und weitere Rechtsaußen unter Druck: Bulgarische Freunde kuscheln mit Putins Partei
Vor einem Problem steht nun die erst nach der jüngsten EU-Wahl gegründete Rechtsaußen-Fraktion der „Souveränisten“ (ESN). Ihr gehören vor allem Gruppen an, die selbst den „Patrioten für Europa“ um FPÖ, Viktor Orbáns Fidesz oder Rassemblement National zu radikal waren. Etwa „Reconquete“ aus Frankreich, „Hnutie Republika“ aus der Slowakei, eben Wasraschdane – oder die AfD, die mit 15 von aktuell noch 26 Mitgliedern den Löwenanteil der Fraktion stellt.
„Man kann darauf wetten, dass viele nicht gerade begeistert von diesem Schritt sind“, zitierte Euractiv eine Quelle aus der ESN-Fraktion. Öffentliche Unmutsbekundungen gab es zunächst zwar nicht. Doch das Bündnis galt von Anfang an als fragil. Nun dürften gerade zwei Partner der Wasraschdane in Brüssel und Straßburg unter Druck stehen. Einerseits die drei polnischen Fraktionsmitglieder. In Polen wird am 18. Mai der Präsident gewählt – und Russland ist auch für polnische (Ultra-)Nationalisten ein rotes Tuch.
Andererseits die AfD: Die Partei kämpft gerade juristisch gegen die Einstufung als gesichert rechtsextrem und mittelfristig wohl auch gegen aufkommende Stimmung für ein Verbotsverfahren. Verbindungen nach Russland – und sei es um eine Ecke – dürften in diesen Angelegenheiten nicht helfen. Wobei die AfD im Europaparlament oft an Putins Seite stand. Und auch die Wasraschdane nicht unbedingt ein ungeliebter Partner für die AfD zu sein scheinen: Zum Wahlkampfabschluss in Sachsen im Februar sprach der Parteichef der Bulgaren, Kostadin Kostadinov.
Putin-nahe Rechtsaußen: Gebäudesturm in Bulgarien – FPÖ und Lega distanzierten sich wegen Ukraine-Krieg
Die Nachricht aus Bulgarien wirft auch ein Schlaglicht auf interne Gefahren für europäische Demokratien. Wasraschdane war – auch mit prorussischen Slogans – bei der Bulgarien-Wahl im Oktober 2024 drittstärkste Kraft im Parlament geworden. Im Februar versuchten Anhänger der Partei bei einem Anti-Euro-Protest, das Gebäude der EU-Kommission in Sofia zu stürmen. Zu den jüngeren parlamentarischen Initiativen der Partei zählte unter anderem ein „Agenten-Gesetz“ nach russischem oder auch georgischem Vorbild.
Auch wenn der Vorschlag keine Mehrheit fand: Solcherlei Querschüsse sind durchaus im Sinne Russlands. Moskau „unterscheide nicht zwischen radikaler Linker und Rechter“, erklärte die lettische Ex-Außenministerin Sandra Kalniete unserer Redaktion vor einigen Monaten im Interview. Kräfte, „die demokratische Mitte und Stabilität verdrängen“ wollten, seien Russland dienlich. Das könne „bezahlt“ geschehen – oder einfach aufgrund nützlicher Überzeugungen.
Ein komplettes Novum sind verschriftliche Verbindungen europäischer Parteien zu Putins „Einiges Russland“ gleichwohl nicht. 2016 schlossen etwa die FPÖ und die Putin-Partei einen auf fünf Jahre angelegten Freundschaftsvertrag, wenig später folgte die italienische Lega, damals noch „Lega Nord“ genannt. Doch dann kam der Ukraine-Krieg – und beide Parteien distanzierten sich. Lega-Chef Salvini erklärte Anfang 2024, die „Meinungen und Beziehungen zu Russland“ hätten sich „völlig verändert“. Für die Radikalen in Bulgarien gilt das offenbar nicht. (fn)
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