Reaktion auf SZ-Bericht
CDU-Mann Wanderwitz für neue AfD-Einstufung: „An Kopf und Gliedern rechtsradikale Partei“
Der Verfassungsschutz plant Berichten zufolge die AfD als Ganzes neu einzustufen. CDU-Politiker Marco Wanderwitz begrüßt das.
Berlin – Berichte über ein mögliches neues Gutachten des Bundes-Verfassungsschutzes zur in Teilen rechtsextremen AfD überraschten den ehemaligen Ostbeauftragten der Bundesregierung Marco Wanderwitz (CDU) wenig. Von Co-Chef Tino Chrupalla über den EU-Spitzenkandidaten Maximilian Krah und den thüringischen Landeschef Björn Höcke bis zu „tausenden AfD-Mitglieder in ihren verfassungsfeindlichen Äußerungen“, die AfD sei an „an Kopf und Gliedern eine rechtsradikale Partei“, so der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete auf Anfrage von fr.de von IPPEN.MEDIA.
AfD Sachsen laut Wanderwitz „völlig zurecht“ als rechtsextrem eingestuft – „Gemäßigte Stimmen gibt es nicht mehr“
Bislang sind die Landesverbände der AfD in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt durch den die jeweiligen Verfassungsschutzämter als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. Aus seiner „sächsischen Lebenswirklichkeit“ sieht Wanderwitz, diese Einstufung als „völlig zurecht“ an. „Gemäßigte Stimmen gibt es innerhalb der AfD hier nicht mehr“, betonte Wanderwitz. Seit Anfang Februar darf auch die Jugendorganisation der AfD, die Junge Alternative (JA), so behandelt werden. Die Bundes-AfD streitet mit dem Bundes-Verfassungsschutz noch vor dem Oberverwaltungsgericht Münster über die Einstufung der Gesamtpartei als „Verdachtsfall“. Am 12. März wird darüber verhandelt. Danach könnte es schnell gehen.
Laut Recherchen der Süddeutschen Zeitung (SZ) soll die Behörde seit „spätestens März 2023“ ein neues Gutachten vorbereiten. Demnach hätte dies eigentlich schon fertig sein sollen, der Nachrichtendienst wolle aber noch auf Unerwartetes im ausstehenden Münsteraner Urteil reagieren können. Wie ein neues Gutachten im Detail ausfällt, wird bis dahin ein wohl gehütetes Geheimnis bleiben. Die Nachrichtendienstler beobachteten laut SZ jedenfalls, dass „das solidarisch-patriotische Lager“ um Höcke „zunehmend an Einfluss“ gewinne. Höcke schrieb in seinem Buch von „Volksteilen“, die man „verlieren“ werde. Bezogen auf Migranten schrieb er von „wohltemperierter Grausamkeit“, die gegen sie anzuwenden werden sei.
Wanderwitz sieht Hochstufung der AfD zur „gesichert rechtsextremistischen Bestrebung“ kommen
Auch wegen dieses Aussagen des ehemaligen Geschichtslehrers Höcke sieht Wanderwitz eine Hochstufung der Bundes-AfD „mittelfristig“ am Horizont. Bereits heute halte er die Einleitung eines Parteienverbotsverfahrens für „geboten“, so Wanderwitz gegenüber fr.de. Wanderwitz wirbt seit Monaten um Unterstützer im Bundestag. Ein solches ist unter Abgeordneten der demokratischen Parteien umstritten. Nach den Veröffentlichungen des Investigativ-Portals Correctiv zu den, auf einem konspirativen Treffen zwischen hochrangigen AfD-Mitgliedern und anderen Rechtsextremen besprochenen Ideen, Millionen von Menschen aus Deutschland zu vertreiben, wurde diese Forderung lauter. Demokratischen Parteispitzen blieben großteils skeptisch. Doch mit einer möglichen Neueinstufung der AfD könnte diese Debatte eine neue Richtung nehmen.
Der Bundesschatzmeister der AfD und sächsische Landtagsabgeordnete Carsten Hütter unterstellte dem Verfassungsschutz, die Behörde würde ihre „geheimen Informationen ausschließlich an den Staatsfunk“ weiterreichen, hieß es in einer Pressemitteilung vom Montag.
Nur arbeitet die SZ privatwirtschaftlich und der Bericht hat nichts mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu tun, den Vertreter der AfD seit Jahren desavouieren wollen. Während seine Partei in Münster in zweiter Instanz gegen die Einstufung als rechtsextremer „Verdachtsfall“ klagt, behauptete Hütter, dass beim Verfassungsschutz „der Urteilsspruch schon vor dem Abschluss der Beweisaufnahme“ feststehe. Die Behörde hat ein mehr als 1000 Seiten starkes Gutachten für die im März verhandelte Einstufung vorgelegt.
Bayerischer Verfassungsrichter: Neueinstufung der AfD könnte Jobverlust für Beamte mit Parteibuch bedeuten
Nervosität in der AfD, ist nichts Neues, wenn es um Gutachten des Verfassungsschutzes geht. Bis 2021 gab es eine parteiinterne Arbeitsgruppe, die nach Ansatzpunkten für Extremismusvorwürfen suchen sollte, um eingehendere Beobachtung zu vermeiden. Die Extremisten in der Partei waren wenig begeistert, die Gruppe wurde aufgelöst. Eine Hochstufung zur „gesichert rechtsextremistischen Bestrebung“ könne, so der Anwalt und bayerische Verfassungsrichter Chan-jo Jun auf X, vormals Twitter, zu einem „Karrierekiller“ für AfD-Mitglieder und Anhänger werden. In diesem Falle könnten „individuelle Prüfungen auf Verfassungstreue stattfinden“. Beamte könnten daraufhin auch aus dem Dienst entfernt werden, „wenn sie sich nicht eindeutig zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen“. (KiBec)
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