Return to Office-Strategie
Ende vom Homeoffice: Eine Strategie zum Stellenabbau?
Freie Zeiteinteilung und kein Pendelstress – zahlreiche Mitarbeiter haben die Option des Homeoffice zu schätzen gelernt. Doch oft geht es zurück an den Arbeitsplatz.
Eine schwächelnde Wirtschaft, politische Konflikte, neue Technologien: Der Arbeitsmarkt ist für Bewerber nicht mehr ganz so entspannt. Das zeigt eine aktuelle Studie des Jobportals Indeed. Aus dieser geht hervor, dass sich 62 Prozent der Befragten von einem Quereinstieg in einen anderen Job mehr Geld und finanzielle Sicherheit versprechen. 35 Prozent der Befragten setzen auf die Homeoffice-Möglichkeit. Da rudern jedoch einige große Unternehmen – darunter Amazon jetzt zurück. Auch das Unternehmen SAP hat mit Änderungen der Remotearbeit für Schlagzeilen gesorgt. Ist die Return-to-Office-Strategie eine Masche zum Personalabbau?
Arbeit aus dem Homeoffice
Jobs mit Homeoffice-Option sind bei den Deutschen beliebt, erst im Juli habe die Suche danach einen „Peak“ erreicht, so Annina Hering, Arbeitsmarktexpertin und Ökonomin bei Indeed. Auch der Arbeitsmarktreport 2024 des Karriereportals Xing zeigt, dass für Arbeitnehmer besonders „flexible Arbeitszeitregelungen, faire Entlohnung und eine gute Work-Life-Balance“ wichtig seien. Der Online-Riese Amazon hat ein anderes Ziel – dort sollen die Arbeitnehmer bald wieder fünf Tage pro Woche ins Büro kommen. Hybride Arbeitswelt adé.
Personalabbau durch Präsenzpflicht?
„Die Studienlage zeigt, dass die Fluktuation im Zusammenhang mit Präsenzregelungen um bis zu ein Drittel zunimmt. Ich vermute, dass das einer der Gründe für die Entscheidung von Amazon ist: Sie wollen indirekt Leute entlassen. Das auf diese Art zu machen, halte ich allerdings nicht für besonders klug, weil sie höchstwahrscheinlich sehr gefragte Talente kosten wird, die das Unternehmen eigentlich braucht“, sagt Florian Kunze, Lehrstuhlinhaber für Organizational Behavior an der Uni Konstanz, gegenüber Capital.de. Das könnte also vermuten lassen, dass die Fluktuation durch die geänderten Arbeitsbedingungen ansteige.
In der Praxis gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie die Back-to-Office-Regel durchgesetzt werden kann. In Unternehmen (mit Betriebsrat) werde dafür beispielsweise eine „bestehende Betriebsvereinbarung zum mobilen Arbeiten oder zum Homeoffice gekündigt“ und eine neue geschlossen, informiert RVK.law. Die neue Vereinbarung sei dann mit einer umfangreicheren Präsenzpflicht. Falls es keine Ausnahmeregelung darin gibt, sei das auch für Menschen, die komplett Remote arbeiten fatal. So kann es sein, dass der Job für einige Arbeitnehmer nicht mehr tragbar ist – sprich, Unternehmen werden dann Mitarbeiter los, ohne diese zu kündigen. Es folgen Eigenkündigungen oder „zumindest günstigere Abfindungsregelungen“ für das Unternehmen, so RVK.law.
Aber auch weitere Motive könnten hinter der Strategie stecken, die das gleiche Ziel haben, informiert Abfindungshero.de:
- Allgemeine Kosteneinsparungen: Durch Eigenkündigungen müssen keine Abfindungen gezahlt werden.
- Kontrolle über den Personalabbau: Arbeitgeber könnten Mitarbeiter, die sie halten wollen, von der Regelung ausnehmen und so indirekt bestimmte Arbeitnehmer zur Kündigung motivieren.
- Engagement-Indikator: Die Return to Office-Strategie könnte aufzeigen, welche Mitarbeiter engagiert sind.
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Erfolgreiche Unternehmenskultur durch Präsenz-Pflicht?
Durch gemeinsames Arbeiten können die sozialen Beziehungen der Kollegen untereinander und der Zusammenhalt gelingen – doch das ist ebenso in einem hybriden System möglich. Auch die Identifikation mit einem Unternehmen wird durch Verpflichtungen nicht unbedingt gestärkt: „Identifikation bedeutet eine emotionale Bindung zu haben und die wird durch eine strenge Regel kaum gestärkt, sondern wahrscheinlich sogar massiv geschwächt, weil Mitarbeitende sich gegängelt fühlen“, ordnet Kunze bei Capital.de ein.
Will man die Arbeitnehmer aber vermehrt ins Büro zurückholen, sei es ratsam, Austauschmöglichkeiten und Interaktion zu schaffen: „Wenn die Mitarbeitenden die Pendelstrecke in Kauf nehmen, ihre persönliche Flexibilität einschränken und dann im Büro den ganzen Tag in Videokonferenzen sitzen, ist das wenig motivierend“, sagt Kunze gegenüber Capital.de.
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