Anspruch auf Pflichtanteil
Von Enterbung bedroht? So können Sie doch noch an Ihren Anteil kommen
Wer enterbt wurde, kann unter Umständen doch noch einen Teil des Erbes geltend machen. Die Höhe des sogenannten Pflichtteils hängt von mehreren Faktoren ab.
Wer als Kind oder Ehepartner enterbt wurde, geht nicht zwangsweise leer aus. Insbesondere Kindern steht als gesetzlichen Erben erster Ordnung immer ein Teil des Nachlasses zu. Den sogenannten Pflichtteil muss man schriftlich vom Erben oder der Erbgemeinschaft einfordern. Wie hoch die konkrete Summe ist, hängt von mehreren Faktoren ab.
Enterbte Kinder haben immer Anspruch auf den Nachlass
Jeder Mensch hat das Recht, Angehörige – ohne Angaben von Gründen – zu enterben. Zwingend nötig ist dafür nur ein handschriftlich verfasstes Testament. In dem Fall kann entweder ein anderer Erbe eingesetzt werden oder es wird nach der gesetzlichen Erbfolge verfahren, wobei die Nachkommen der enterbten Person zum Zuge kommen.
Dennoch haben die nächsten Angehörigen Anspruch auf einen Teil des Nachlasses. Dem liegt laut dem Portal Finanztip der Gedanke zugrunde, dass jeder für seine nahen Angehörigen Fürsorgepflicht hat, auch nach dem Tod. Folgenden Personen steht ein Pflichtanteil des Erbes zu:
- Kindern: Eheliche und uneheliche Kinder sowie Adoptivkinder werden dabei gleichbehandelt.
- Ehegatten: Wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Erbfalls noch bestand.
- Eltern: Wenn die verstorbene Person keine Kinder hatte.
Lebenspartner, die nicht mit der verstorbenen Person verheiratet waren, haben hingegen kein Recht auf einen Pflichtteil, sagt Ursula Seiler-Schopp von der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge dem Handelsblatt. Auch Geschwister und Großeltern haben kein Recht auf einen Teil des Erbes.
Pflichtteil beträgt die Hälfe des gesetzlichen Anteils
Steht Ihnen ein Pflichtteil zu, ist Eigeninitiative gefragt. Um an das Geld zu kommen, muss zunächst ein Brief an den oder die Erben aufgesetzt werden, in dem Sie Auskunft über den Umfang des Nachlasses verlangen. Grundsätzlich beträgt der Pflichtteil die Hälfte des Anteils, der Ihnen gesetzlich zusteht, wenn es kein Testament gäbe. Zum Beispiel würden zwei Kindern im Regelfall jeweils die Hälfte des Erbes von ihren Eltern zustehen. Haben der Vater oder die Mutter jedoch eines der Kinder enterbt, steht diesem nur noch die Hälfe des ursprünglichen Anteils zu, also ein Viertel des gesamten Nachlasses.
Der Geldwert, dem der Pflichtanteil entspricht, ergibt sich aus dem sogenannten Nachlassverzeichnis: Die Erben sind nach Erhalt des Schreibens aufgefordert, den genauen Wert des Erbes anzugeben. Neben dem Vermögen zum Zeitpunkt des Erbfalls gehören dazu laut Finanztip auch alle Schenkungen innerhalb der vergangenen zehn Jahre vor dem Todesfall. Bei einer Immobilie richtet sich der Wert nach dem Preis, den ein Verkauf aktuell erzielen würde.
Pflichtanteil kann eingeklagt werden
Die Kosten zur Ermittlung aller Werte werden vom Erbe abgezogen, was auch den Wert des Pflichtanteils schmälert. Bei kleineren Summen kann es deshalb sinnvoll sein, wenn die Beteiligten sich auf einen Wert einigen. Ansonsten kann ein Sachverständiger hinzugezogen werden. Der Pflichtteil wird immer in Geld ausbezahlt: „Der Pflichtteilsberechtigte darf keine Gegenstände oder Erinnerungsstücke verlangen“, erklärt Claus-Henrik Horn, Fachanwalt für Erbrecht im Handelsblatt. Nachdem die Höhe des Pflichtanteils bestimmt wurde, kann die Summe vom Erben eingefordert werden. Weigert sich dieser, kann der Anspruch vor Gericht eingeklagt werden.
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Um den Anspruch geltend zu machen, bleiben drei Jahre Zeit. Die Frist beginnend mit dem 1. Januar des Jahres nach dem Todesfall. In einigen Fällen besteht ein zusätzlicher Pflichtteilsergänzungsanspruch. Diese Klausel greift bei Schenkungen. Hat der Verstorbene vor dem Tod einen Teil seines Vermögens verschenkt, kann der Enterbte verlangen, in seinem Pflichtteil so gestellt zu werden wie vor den Schenkungen. Dabei würde er noch mehr Geld erhalten. Mit jedem Jahr, das nach der Schenkung bis zum Erbfall vergeht, vermindert sich die Berücksichtigung jedoch um zehn Prozent, sodass der Anteil nach zehn Jahren komplett wegfällt, informieren die Rechtsanwälte Rose und Partner.
Auch das Berliner Testament enterbt Kinder
Ein Sonderfall ist das Berliner Testament, bei dem Ehepartner sich gegenseitig als Erben einsetzen und dabei auch ihre Kinder enterben. Diese Enterbung dient überwiegend der Versorgung des länger lebenden Ehegatten und ist nicht gegen die Kinder gerichtet, weshalb diese meist auf ihren Pflichtanteil verzichten. Zumal die Kinder in der Regel nach dem Tod beider Eheleute erben.
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Als Erblasser hingegen hat man nur begrenzte Möglichkeiten, seinen Angehörigen den Pflichtteil zu entziehen. Nur unter sehr extremen Umständen können die nächsten Angehörigen vollständig enterbt werden. Diese sind laut dem Handelsblatt gegeben, wenn:
- Der Angehörige dem Erblasser nach dem Leben trachtet.
- Der Angehörige sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser schuldig gemacht hat.
- Der Angehörige seine gesetzliche Unterhaltspflicht böswillig verletzt hat.
- Der Angehörige wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt worden ist.
Solche Situationen müssen im Testament ausführlich dargelegt werden, damit die Enterbung, inklusive Entzug des Pflichtanteils, wirksam ist.
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