Balanceakt für Planer
Radverkehr priorisieren? Welche neuen Wege die Stadt beim Verkehr in Waldkraiburg gehen will
Der Verkehrsentwicklungsplan der Stadt nimmt Formen an: Waldkraiburg hat seine Ziele im Blick, will Prioritäten setzen. Doch wie gelingt die Balance zwischen den verschiedenen Mobilitätsformen?
Waldkraiburg – Fußgänger, Radfahrer oder motorisierter Verkehr: Jeder bewegt sich auf Waldkraiburgs Straßen anders, jede Form hat seine eigenen Ansprüche. Die will die Stadt in den nächsten Jahren besser miteinander vereinen, ohne dabei andere zu sehr in die Schranken zu weisen. Vor rund zwei Jahren ist Waldkraiburg gestartet, mittels Verkehrsentwicklungsplan seine Mobilität strategisch neu auszurichten. Jetzt befindet man sich auf der Zielgeraden.
Drei Ziele hat die Stadt ins Auge gefasst: den Fußgänger- und Radverkehr, den motorisierten Individualverkehr und den öffentlichen Nahverkehr sowie alternative Mobilitätsformen. „Das ist alles in das Konzept eingeflossen“, sagte Bürgermeister Robert Pötzsch (UWG) im Bauausschuss. 230.000 Euro kostet der Verkehrsentwicklungsplan, 150.000 Euro bekommt die Stadt aus der Städtebauförderung zurück.
Größtes Potenzial hat der Fuß- und Radverkehr
Verkehrsanalysen, Workshops oder Online-Befragung – in den vergangenen zwei Jahren ist einiges passiert, um sich einen Überblick über Waldkraiburgs Straßen zu verschaffen. Im Ausblick auf die Entwicklung bis 2035 sieht Verkehrsplanerin Sibel Aydogdu als größte Herausforderung den demografischen Wandel und eine Zunahme des Verkehrs. Ziel soll eine „zukunftsfähige Mobilität“ sein. Größtes Potenzial sehen die Planer im Fuß- und Radverkehr.
Das passt mit den Zielen der Stadt zusammen, die vorrangig auf ein effektives Rad- und Fußwegenetz setzt. Waldkraiburgs Mobilitätsformen haben die Planer in acht unterschiedlichen Handlungsfeldern aufgeschlüsselt, die wiederum in zahlreichen Einzelmaßnahmen münden. Bei der Vorstellung im Bauausschuss konzentrierten sich die Planer Sibel Aydogdu und Ralf Engelhardt auf den Radverkehr und den Individualverkehr.
Grundlage für detaillierte Planungen: Festlegen eines „Vorbehaltsnetz“. „Wo liegen die Haupt- und wo die Nebenrouten, um direkt, schnell und leistungsfähig sein Ziel zu erreichen“, erklärte Sibel Aydogdu. Erst auf Grundlage dessen ließen sich Maßnahmen bewerten und priorisieren. Radnetze, Querungen, Verkehrsberuhigung oder die Stärkung des inneren Rings nannte die Planerin als mögliche Maßnahmen. Für alle acht Handlungsfelder haben die Planer 86 Maßnahmen bewertet und priorisiert. Schwerpunkte sehen die Planer unter anderem am Goetheweg, für den beispielhaft mehrere Ansätze in einem Entwurf umgesetzt wurden.
Radverkehr auf der Graslitzer Straße priorisieren?
Konkret wurde Bauamtsleiter Carsten Schwunck an einem anderen Beispiel. „Auf der Graslitzer Straße soll dem Radverkehr vorrangig Platz eingeräumt werden.“ Als Teil der Verkehrswende mit dem Versuch, die Autos auf das äußere Straßennetz umzulenken. Ganz einfach wird das nicht: „Auf der Berliner Straße sind die Radwege zu eng.“ Aber Ziel soll es sein, die Hauptrouten für Autos zu erschweren. Ein Schritt, den man auch in größeren Städten wie München geht.
Nicht mit allen festgehaltenen Maßnahmen „d‘accord“ ist Harald Jungbauer (CSU), der als Verkehrsreferent in mehreren Treffen mit den Verkehrsplanern eingebunden war. An der Bayernbrücke sieht er ein „Nadelöhr“, die Priorisierung „schwächerer Verkehrsteilnehmer“ ist ihm wichtig und der Verkehr soll verstärkt über den Inneren Ring geführt werden. „Nicht quer durchs Zentrum.“
Genau aufgelistet nach Priorisierung sind die Maßnahmen bislang nicht. Primär bevorzugt würden die Hauptrouten werden, wie Sibel Aydogdu erklärte. Dass die Graslitzer als Hauptroute für den motorisierten Verkehr eine untergeordnete Rolle spielen soll, sah Karl-Heinz Stocker (CSU) skeptisch. „Es ist hoffentlich noch nicht alles in Stein gemeißelt.“ Zwar werde der Radverkehr in Zukunft weiter zunehmen, aber „es wird weiterhin viele Autos geben“.
Ob das Werksgleis in einer Priorisierung bleiben soll, hielt Wolfgang Hintereder (UWG) für fraglich: „Das wird wohl noch länger benötigt werden.“ Stattdessen müsse man den Außenbereich besser für Radfahrer anbinden. „Der ist nur schwer zu erreichen und sollte priorisiert werden.“
Für die Verkehrsplaner geht die Arbeit nach dem Zwischenstands-Bericht im Bauausschuss weiter. Von dort gab es einstimmig grünes Licht, dass die vorgestellten Vorschläge gebilligt werden.