Sozialdemokrat und Gewerkschaftler
Ein Roter durch und durch: Richard Fischer feiert 70. Geburtstag
Sozialdemokrat und Gewerkschaftler aus Überzeugung: So lässt sich Richard Fischer beschreiben. Seit seiner Jugend setzt er sich für andere ein, jetzt hat er seinen 70. Geburtstag gefeiert.
Waldkraiburg – Richard Fischer ist einer, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Er spricht an, was ihm gefällt, was ihm auffällt oder mal weniger gut gefällt. Dass es dadurch mit ihm und seiner „direkten Art“ nicht immer leicht ist, weiß er. Aber der Dialog ist ihm wichtig. „Nur so lässt sich die Demokratie gestalten“, sagt er.
Richard Fischer weiß, was Verzicht bedeutet, aber auch, was sich gemeinsam erreichen lässt. Am 12. Dezember 1954 in Mühldorf geboren, zieht seine Familie nur wenige Jahre später nach Waldkraiburg um. Dort wächst er im Ruinenweg auf, wo er in den Überresten gesprengter Bunker spielt und es nur am Sonntag Fleisch zum Essen gibt. Aus seiner Schulzeit heraus entwickelt sich sein erstes soziales Engagement, das sich während seiner Lehrzeit bei der Firma Netzsch verstärkt. „Diese Zeit hat mich sehr geprägt“, sagt er.
„Brotzeit holen“ nicht Teil der Ausbildung
Zusammen mit anderen Lehrlingen setzte er sich für eine bessere Ausbildung ein, das „Brotzeit holen“ wurde abgeschafft. „Im Kampf um die Inhalte der Ausbildung war die Firma bereit zu Gesprächen, sodass man einen Zugang zueinander finden konnte. Das machte die Firma Netzsch vorbildlich.“ Dass man die Belange der Auszubildenden ernst nahm, zeigte dem jungen Richard Fischer, dass man etwas verändern kann. Für ihn waren es die ersten Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit Arbeitgebern und der Beginn, sich für die Belange der Arbeitnehmer einzusetzen.
Er wird Jugendvertreter im Betriebsrat, an seine Ausbildung schließt sich später ein Wirtschafts- und Politikstudium in Frankfurt an, bevor er Gewerkschaftssekretär bei der IG Bau in München wird. 1990 wird er zum Geschäftsführer in Landshut gewählt, 2000 wechselt er als Geschäftsführer nach Rosenheim. 2019 endete seine Zeit als Geschäftsführer, noch immer ist er DGB-Kreisvorsitzender.
Er scheut die Auseinandersetzungen nicht, egal ob als Gewerkschaftler mit Arbeitgebern oder in seinem Einsatz gegen politischen Extremismus. „Ich bin ein Gegner von Rechts- und Linksgruppierungen. Das gilt es zu verhindern, dass sie politische Macht bekommen. Jeder sollte sich hinterfragen, ob solche Parteien stark werden sollen.“
Netzwerk für Demokratie und Toleranz gegründet
Als 2012 Neonazis in Mühldorf einen Aufmarsch gestartet haben, ist er federführend dabei gewesen, ein „Netzwerk für Demokratie und Toleranz“ zu gründen, Widerstand gegen rechtsradikale Tendenzen zu zeigen. „Es war wichtig, dagegenzuhalten, dass alle demokratischen Parteien mit dabei waren.“
Demokratie – der Begriff fällt öfter im Gespräch mit Richard Fischer. Er sucht den direkten Dialog mit den Menschen, will sich inhaltlich austauschen. „Nur so lässt sich eine Demokratie gestalten, man muss aber auch Entscheidungen akzeptieren. Demokratie lebt von Reibung, davon, dass sich Mehrheiten finden lassen müssen“, sagt er.
Während er bereits als Jugendlicher den Weg in die Gewerkschaft findet, steigt er erst spät in die Kommunalpolitik ein. 1984 steht er zum ersten Mal auf der Kandidaten-Liste der SPD für den Stadtrat, 2008 bekommt er zum ersten Mal ein Mandat. Auch bei der nächsten Kommunalwahl will er wieder für den Stadtrat und Kreistag antreten. Er kandidierte für den Landtag, als Landrat und Bürgermeister, war Kreisvorsitzender der SPD und von 2014 bis 2020 stellvertretender Bürgermeister. Seit Mai 2020 ist er weiterer stellvertretender Landrat, eine Aufgabe, auf die er stolz ist. „Das ist Verpflichtung für mich und es freut mich, dass Landrat Max Heimerl mir dies zugetraut hat.“
Eine Aufgabe, die Landrat Max Heimerl dem SPD-Politiker auch gerne anvertraut hat. „Richard Fischer ist hochengagiert und jederzeit verlässlich. Das macht eine enge, vertrauensvolle und ehrliche Zusammenarbeit möglich. Er ist außerdem ein Mensch, der eine klare Haltung besitzt und zu seinen Positionen steht. Deshalb schätze ich ihn sehr.“
„Alter Sozialdemokrat – mit all seinen Vor- und Nachteilen“
Ehrenamtliche und hauptamtliche Funktionen bei der Gewerkschaft, Parteiarbeit für die SPD in unterschiedlichen Gremien – Richard Fischer „war viel unterwegs auf Landes- und Bundesebene“. Seine Frau hat ihm dabei immer den Rücken freigehalten, ist ihm immer ein „wichtiger Anker“ gewesen. Sein Sohn lebt in Berlin.
„Ich bin Sozialdemokrat, einer von den Alten, und stolz darauf. Mit all seinen Vor- und Nachteilen“, sagt Fischer über sich selbst. Als „Gewerkschaftler vom alten Schlag“ sieht ihn auch Mühldorfs ehemaliger Bürgermeister und prägender SPD-Politiker der letzten Jahrzehnte im Landkreis Günther Knoblauch. „Richard Fischer ist einer, der in allen Bereichen für die Menschen, für die Mitarbeiter in Betrieben kämpft.“ Knoblauch beschreibt ihn als „offenen, geradlinigen, ehrlichen Kämpfer“. „Wenn er etwas macht, dann macht er es mit Leidenschaft. Für Richard Fischer geht es um die Sache und solche Menschen fehlen in der Politik immer mehr.“
Er spielt gerne Schach, walkt jeden Tag 7,5 Kilometer, war Gründungsmitglied beim Förderverein Waldbad und Vorsitzender vom „Freiraum 36“, der sich nach zehn Jahren dieses Jahr auflöst. „Es war eine Unterkunft für Vereine, um die Öffentlichkeit zu gestalten – bis es dort nicht mehr machbar war.“
Geradlinigkeit ist ihm wichtig, Unehrlichkeit mag er nicht und die Würde des Menschen ist für ihn unantastbar, er mag den Dialog mit den Menschen. „Man muss inhaltlich miteinander reden. Braucht einen Draht zu denjenigen demokratischen Stadträten, die etwas gestalten wollen. Egal, welcher Partei“, ist er überzeugt. Auf diese Weise könne man auch gemeinsam gestalten. „Vieles hab ich nicht erreicht, aber manches dann doch“, freut er sich darüber, dass Engagement Früchte trägt.