Mehr als nur meckern
Workshop zur Zukunft des Verkehrs: Das sind die Ideen für Waldkraiburg
Wo fehlen Radwege? Braucht es Parkgebühren in der Innenstadt? Darüber und über mehr Themen diskutierten Bürger beim zweiten Workshop zum Verkehrsentwicklungsplan in Waldkraiburg. Diese Ideen brachten sie ein und so geht es damit weiter.
Waldkraiburg – Engstellen in der Stadt begradigen, Unfallrisiken reduzieren, Fahrrad- und E-Scooter-Fahrer von Gehwegen verbannen: Michael Polzin hat einige Ideen, wie sich die Verkehrssituation in Waldkraiburg verbessern ließe. Er ist einer von rund dreißig Bürgerinnen und Bürgern, die sich zum zweiten Öffentlichkeitstermin zum Verkehrsentwicklungsplan im Haus der Kultur in Waldkraiburg eingefunden haben.
„Die Themen, die sie mitbringen, fließen in die Planungen ein”, eröffnete Bürgermeister Robert Pötzsch (UWG) den Abend. Doch zunächst gaben die Verkehrsplaner der beauftragten Ingenieurgesellschaft Schlothauer & Wauer einen Überblick über das bereits Erreichte: 200 Anmerkungen aus der Bevölkerung haben sie unter anderem beim ersten Workshop dieser Art im Jahr 2022 und einer Online-Befragung aufgenommen. Jeden einzelnen davon sind sie bereits mit der Stadtverwaltung durchgegangen, berichtete Verkehrsplanerin Sibel Aydogdu.
Straßennetz gut ausgebaut, bei Radwegen und Nahverkehr noch Potenzial
Ihr Fazit: Das Straßennetz für Pkw ist in Waldkraiburg gut ausgebaut. Mit etwa tausend Parkplätzen sind in der Regel genug Parkmöglichkeiten vorhanden, weitere kommen auf dem Festplatz hinzu. Das Radfahren wird dagegen durch infrastrukturelle und naturräumliche Barrieren stellenweise erschwert. Auch was den öffentlichen Nahverkehr angeht, ist noch Potenzial da – sowohl räumlich als auch zeitlich haben die bisherigen Fahrpläne Lücken.
Basierend auf dieser Grundlage legte die Ingenieurgesellschaft im Herbst letzten Jahres gemeinsam mit der Stadtverwaltung die Ziele für den Verkehrsentwicklungsplan fest. „In der Umsetzung braucht es immer eine Bereitschaft zu Kompromissen – Verkehrsplanung ist keine Wissenschaft mit einer endgültigen Lösung”, sagte Verkehrsplaner Ralf Engelhardt.
Um zu den konkreten Maßnahmen zu kommen, fanden sich anhand von Farbkarten fünf Arbeitsgruppen zusammen. Sie hatten jeweils zehn Minuten Zeit, über einen Themenschwerpunkt zu diskutieren und Vorschläge festzuhalten. „Machen Sie sich keine Sorgen, ob Sie sich mit einem Thema auskennen oder nicht, bringen Sie alle Ihre Ideen und Wünsche ein”, bat Verkehrsplaner Tobias Schendzielorz vorab. Ob diese finanziell oder platztechnisch umsetzbar seien, solle zunächst keine Rolle spielen.
„Es geht zu wie die Sau“
In einer Diskussionsrunde zum Radverkehr sprachen die Teilnehmenden mehrfach die Bayernbrücke in der Nähe des Bahnhofs an, auf der es nach Schulschluss „zugehe wie die Sau”. Ein Bürger, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, sieht das Problem vor allem bei den Radfahrern selbst: „Jeder fährt wie es ihm passt, viele brettern dahin.” Als Busfahrer erlebe er das tagtäglich, ihm fehlen Rücksichtnahme und gegenseitiges Verständnis.
Konkrete Vorschläge festgehalten
Partei für Radfahrer und Fußgänger in Waldkraiburg ergriff dagegen eine andere Gruppe, in der es mehrfach hieß: „Kein Autofahrer würde sich das bieten lassen.” Doch es wurde nicht nur gemeckert, auch Änderungsvorschläge kamen auf den Tisch. Darunter etwa ein Lkw-Parkverbot zu Beginn der Teplitzer Straße – die Stelle sei durch eingeschränkte Sichtverhältnisse „saugefährlich“.
Doch es ging nicht um Waldkraiburg allein, auch die umliegenden Gemeinden bezogen die Teilnehmenden bei der Ideensammlung ein. So sei es beispielsweise für die Kraiburger total interessant, mit dem Fahrrad gut nach Waldkraiburg zu kommen. Der Pürtener Berg erschwere dies jedoch, der sei nämlich „schlimm”, gar eine „Katastrophe”. Dass Fahrradfahren in Waldkraiburg sicherer wird, wünscht sich Doris Anzinger-Pohlus, die selbst viele Wege mit dem Rad zurücklegt. „Waldkraiburg hat viele Vorteile, alles ist sehr zentral.”
Innenstadt verkehrsberuhigen oder nicht?
Neue Ideen für die Innenstadt vorzubringen, erwies sich als nicht so einfach. Denn verkehrsberuhigte Bereiche würden auch Nachteile mit sich bringen. Die Fußgängerzone könne wegen der Geschäfte nicht autofrei sein, ist man sich einig. Lob gab es dafür, dass es in Waldkraiburg keine Parkgebühren gibt. Wenn man einigermaßen gut zu Fuß sei, seien zudem ausreichend Parkplätze in der Nähe des Stadtzentrums vorhanden. „Viele sind einfach zu bequem”, äußerten die Teilnehmenden und nahmen sich selbst dabei nicht aus.
Außerdem wurde überlegt, wie sich vermeiden lässt, dass viele Menschen einzeln mit dem Auto unterwegs sind. Eine Mitfahrbank oder Lastenräder zum Ausleihen wären potenzielle Ergänzungen zum bestehenden Nahverkehrsangebot. E-Scooter trafen dagegen auf wenig Gegenliebe, die seien „schrecklich” und verbreiten sich „hoffentlich nicht”. Außerdem brauche es mehr Information, so manche Bushaltestelle sei schlichtweg nicht bekannt.
Nach etwa 2,5 Stunden fassten die Verkehrsplaner von Schlothauer & Wauer die Anregungen noch einmal zusammen. Jede einzelne werden sie im Nachgang sichten und digitalisieren. So soll ein Konzept mit kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen entstehen.
Gute Argumente, mäßige Teilnehmerzahl
Kristina Pauli, Vorsitzende der UWG Waldkraiburg, lobte den Workshop: „Die Durchmischung war gut, es wurde nicht in eingefahrenen Teams diskutiert.” Verschiedene Generationen hätten sich an dem Konzept beteiligt und ihre Gedanken eingebracht – ein Punkt, der ihr besonders am Herzen liegt. „Es hätten sich gerne noch mehr Bürger beteiligen können.”
Auch Wolfgang Hintereder, Stadtrat und Referent für den Bereich Umwelt, Natur- und Tierschutz (UWG), bedauert die in seinen Augen geringe Teilnahme. „Dabei ist das so wichtig, wenn wir gemeinsam etwas umsetzen wollen.” An einem Workshop wie diesem teilzunehmen, setze auch ein Zeichen, dass einem das Thema wichtig sei. Umso mehr freute er sich über die Anwesenden. „Wenn ein breites Spektrum der Bevölkerung zusammenarbeitet, entstehen viele gute Ideen.”
Bürger Michael Polzin verlässt das Haus der Kultur mit einem guten Gefühl. „Wir haben viele Ideen gehabt, die Umsetzung wird zeigen, wie viel am Ende davon übrig bleibt.”
Auch Bürgermeister Pötzsch zeigte sich zufrieden. „Es waren viele Leute da und jeder hat aktiv mitgemacht, konnte sich zu Wort melden”, sagte er gegenüber den OVB Heimatzeitungen. Mit diesen Argumenten könne er nun weiterarbeiten.


