Neue Richtlinien
28 Millionen: Warum Waldkraiburgs Kläranlage erneuert wird und was das die Bürger kostet
Tag für Tag reinigt die Kläranlage riesige Mengen Abwasser. Doch sie ist in die Jahre gekommen und muss erneuert werden. Was das für die Stadt bedeutet.
Waldkraiburg – Kaum einer nimmt sie wahr, aber alle brauchen sie: die Kläranlage. Damit auch weiterhin das Wasser klar bleibt und neue Grenzwerte eingehalten werden, braucht es Investitionen in Millionenhöhe.
Bereits 1964 wurde die Kläranlage in Waldkraiburg gebaut und drei Jahre später in Betrieb genommen. Seitdem wurde die Anlage mehrere Male modernisiert. 1989 wurde eine vielfach größere Anlage mit neuerer Technik installiert, mittels derer nicht nur das Abwasser der Stadt Waldkraiburg, sondern auch der Nachbargemeinden Aschau und Kraiburg gereinigt wird.
In Sachen Umweltschutz war die Modernisierung vor rund 35 Jahren ein „Riesenschritt“, wie die Stadtwerke Waldkraiburg mitteilen. Weitere Verbesserungen folgten in den Jahren darauf, wie die Modernisierung der Faulbehälter und aktuell die Umrüstung auf einen effizienteren Gasmotor. Eine Erweiterung zur „Stickstoff-Elimination“ wurde bereits in den Jahren 2000 bis 2002 realisiert.
Strengere Vorgaben machen Umbau nötig
Die Entfernung des Stickstoffs ist eine der zentralen Forderungen an die Abwasser-Entsorgung, was auf unterschiedliche Weise passieren kann. In Waldkraiburg erfolgt dies mittels biologischer Reinigung in einer zweistufigen Belebungsanlage, bestehend aus einer Hochlaststufe und einer Tropfkörperanlage.
Trotz der regelmäßigen Investitionen ist die Anlage inzwischen veraltet, steigende gesetzliche Anforderungen machen eine umfassende Sanierung bis 2031 nötig. Ab 2032 gelten neue Grenzwerte für die Abwasserreinigung. Ein Ingenieurbüro hat deshalb für die Stadtwerke nach einer Lösung gesucht.
Ziel war es, eine geeignete und kostengünstige Maßnahme für den Abbau von Stickstoff zu finden. Es hat sich gezeigt, dass viele der bestehenden Anlagen, darunter die mechanische Vorbehandlung, die Belebung, Zwischenklärung und die Nachklärung, erneuert oder ersetzt werden müssen. Berücksichtigt wurden auch steigende Einwohnerzahlen. Bislang ist die Kläranlage für rund 48.300 Einwohnerwerte ausgelegt, mit der Modernisierung soll der Wert auf 50.300 steigen.
Drei mögliche Optionen wurden schließlich detaillierter überprüft, vor allem auch hinsichtlich der Investitions- und Betriebskosten. Ebenfalls in die Studie eingeflossen sind Faktoren wie Betriebssicherheit, Kapazitätsreserven und der Personalbedarf. Günstigste Variante mit Kosten von rund 28 Millionen Euro (netto) ist die Umstellung auf eine einstufige Kaskaden-Denitrifikation mit C-Quellendosierung, um auch künftig EU-Richtlinien einzuhalten.
Neubauten und Rückbau alter Anlagenteile
Die Umstellung bedeutet eine grundlegende Änderung der Verfahrenstechnik in der Waldkraiburger Kläranlage. Dies macht einerseits einen teilweise Rückbau der alten Anlage nötig, andererseits müssen wichtige Teile wie das Vorklärbecken und die Rechenanlage mit Sand- und Fett-Fang erneuert und modernisiert werden. Neu gebaut werden beispielsweise die Belebungs- und das Nachklärbecken.
Es ist nicht die einzige Investition der Stadtwerke in die Abwasser-Entsorgung. Seit 2016 erneuern die Stadtwerke sukzessive das städtische Kanalnetz. Eine Maßnahme, die sich wegen der teils stark gealterten Infrastruktur nicht aufschieben lässt. Teilweise stammen die alten Beton- und Steinzeug-Rohre noch aus den 1950er Jahren, die Leitungen sind Erosion und Korrosion ausgesetzt. Rund 113 Kilometer ist der Hauptkanal im städtischen Abwassernetz lang, drei Millionen Kubikmeter Abwasser fließen durch.
Die Kosten für das Sanierungsprogramm werden voraussichtlich auf etwa 500.000 Euro (brutto) jährlich ansteigen. Hauptgründe dafür sind steigende Material- und Personalkosten. Zusätzlich fallen jährlich rund 80.000 Euro (brutto) für die Unterhaltsreinigung von bis zu zwölf Kilometern Hauptkanal an.
Wegen der Investitionen in Kanal und Kläranlage haben die Stadtwerke bereits zum Jahresbeginn 2024 nach neun Jahren ihre Preise angepasst: Die Schmutzwassergebühr liegt aktuell bei 3,18 Euro pro Kubikmeter, die Einleitung von Mischwasser kostet 3,54 Euro pro Kubikmeter. Wie sehr sich die Investition in die Kläranlage weiter auf die Gebühren auswirkt, zeichnet sich bislang nicht ab. Denn alle vier Jahre werden die Gebühren fürs Abwasser neu kalkuliert.
Wie sich die gestiegenen Kosten auf den Geldbeutel eines Vier-Personen-Haushalts auswirken können, hatten die Stadtwerke in einer Beispielrechnung ausgewiesen: Im Bereich Mischwasser steigen bei einem Jahresbedarf Frischwasser von 150 Kubikmetern die Abschlagszahlungen für das Abwasser um 28,50 Euro pro Quartal. Aufs Jahr gerechnet sind das 114 Euro. Im Bereich Schmutzwasser und gleichem Verbrauch steigen die Abschlagszahlungen Abwasser um 25,50 Euro je Quartal. Im Jahr macht das 102 Euro aus.