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100 Jahre Olympische Winterspiele

Faszination Olympia: Skeleton-Erfolgstrainer Willi Schneider greift in Cortina d‘Ampezzo wieder an

Früher selbst Athlet, heute Trainer und Konstrukteur von Skeleton-Schlitten: Willi Schneider.
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Früher selbst Athlet, heute Trainer und Konstrukteur von Skeleton-Schlitten: Willi Schneider.

„Dabei sein ist alles“: Dieses Motto gilt seit 100 Jahren bei den Olympischen Winterspielen. Einer, der es weiß, ist der frühere Skeleton-Pilot Willi Schneider aus Waldkraiburg. Er bereitet die Italiener auf die Winterspiele in Cortina d‘Ampezzo vor.

Waldkraiburg – Vor Eisglätte haben an diesem Morgen die Meteorologen gewarnt. Es passt, denn auf Eis hat sich Willi Schneider zu seiner aktiven Zeit als Athlet am wohlsten gefühlt. Nach Ende seiner sportlichen Karriere ist er dem Eis noch immer verbunden. Aber nicht mehr im, sondern neben dem Eiskanal – als Trainer und Konstrukteur für Skeleton-Schlitten.

So vieles hat sich in seinem Leben ergeben, vieles davon hatte er nie geplant. Wer weiß, vielleicht würde Willi Schneider heute nicht in seiner eigenen Werkstatt sitzen und Skeleton-Schlitten für Athleten aus aller Welt konstruieren, hätte ihn Rudi Häusler nicht zum Skeleton gebracht. Eigentlich gehörte seine Leidenschaft einem anderen Sport: „Ich war im Radsport aktiv.“ Seine ersten Skeleton-Versuche absolvierte er auf einem Rollwagen.

Am Start in Salt Lake City

Zu Beginn blieb er dem Radsport treu, startete in beiden Sportarten, arbeitete nebenbei als Maschinenbauer. Irgendwann musste er sich entscheiden. „Sport, Training und Arbeit, das war so nicht mehr zu schaffen.“ Sein Training absolvierte er an den Wochenenden und Abenden.

„Die Kufen beim Skeleton greifen nicht so wie beim Rodeln, damit ist unser Sport ungefährlicher als Bob und Rodeln.“ Auch wenn es heikel aussieht, wenn sich die Athleten mit dem Kopf voraus in den Eiskanal stürzen und Geschwindigkeiten von bis zu 150 Stundenkilometern erreichen, Verletzungen sind selten.

Neunmal deutscher Meister

Nachdem Schneider Bayerischer Meister geworden war, durfte er im Weltcup-Jahr 1991/92 in Königssee antreten. „Es lief nicht schlecht und so bekam ich das Angebot, in Cortina d‘Ampezzo zu starten“, erinnert er sich. Obwohl er keine Erfahrungen auf der italienischen Bahn hatte, landete er auf dem achten Platz. Nach dem nächsten guten Ergebnis in St. Moritz fuhr er mit nach Übersee. Er startete in Lake Placid, fuhr in Calgary die Ausscheidung zur Weltmeisterschaft mit, im gleichen Jahr im November wurde er zum ersten Mal deutscher Meister.

Sein erster von neun deutschen Meistertiteln. „1998 hatte ich mein bestes Jahr.“ Er gewinnt als erster Deutscher WM-Gold in St. Moritz und den Gesamt-Weltcup. Nur um einen Titel kann er 1998 nicht antreten: Skeleton stand nach 1948 erst 2002 in Salt Lake City wieder als olympische Disziplin auf dem Programm.

Willi Schneider springt auf seinen Skeleton-Schlitten bei der Weltmeisterschaft 1998 in St. Moritz.

„Es war unglaublich. Olympia hat eine ganz andere Atmosphäre, seine eigenen Gesetze.“ Einkleidung, Akkreditierung oder Doping-Tests – damit hatte er bis dato keine Erfahrung. Auch die Aufmerksamkeit, die dieser Sport erfährt, ist neu. Dazu noch die hohen Sicherheitsstandards. Nach den Anschlägen vom 11. September waren Olympische Spiele noch nie so scharf bewacht wie diese in den USA. Für einen Medaillen-Rang hat es bei Willi Schneider nicht gereicht: Er ging trotz Fieber an den Start und wurde Neunter.

Nach der aktiven Karriere wird er Trainer

2003 endete seine aktive Karriere, doch der Skeleton-Sport lässt ihn nicht los. Ehemalige kanadische Kollegen wollen ihn als Trainer. „Probehalber hatte ich zugestimmt, hatte nebenbei den Posten übernommen, um zu schauen, ob die Chemie passt.“

Tat sie. Mit der kanadischen Mannschaft gewann er in Turin 2006 einen kompletten Medaillen-Satz, bei den kanadischen Winterspielen 2010 in Vancouver gab es eine weitere Gold-Medaille.

Das vierte Gold für Olympia-Gastgeber Kanada 2006: Trainer Willi Schneider (links) aus Waldkraiburg freute sich über diesen Erfolg mit seinem Athleten Jon Montgomery nach der Zeremonie auf der Medals Plaza.

Nach Vancouver wollte er einen endgültigen Schlussstrich ziehen: „Es ging zeitlich einfach nicht mehr.“ Die Anfrage aus Amerika konnte er ebenso wenig ablehnen wie später aus Russland. „Ein unverschämt gutes Angebot, sodass ich nach 31 Jahren meinen Job gekündigt habe.“

Arbeit trägt Früchte

Schneiders‘ Medaillenschmiede ging in den folgenden Jahren weiter. Dann klopfte China an seine Tür, aktuell bereitet er die italienische Mannschaft auf die Winterspiele 2026 in Cortina d‘Ampezzo vor. „Es geht in die richtige Richtung“, sagt er nach den ersten Erfolgen. „Jetzt müssen wir schauen, was die WM bringt.“

Er hat das Training geändert, zum Teil auch das Material und es auf die Athleten angepasst. Noch als Angestellter hatte er an den Wochenenden an Skeleton-Schlitten gebastelt, sein Gehalt als Trainer steckte er in die erste Fräsmaschine und machte sich selbstständig. Jetzt baut er für Athleten aus aller Welt Skeleton-Schlitten.

„Es gibt nur eine Handvoll Konstrukteure. Aus meinem Beruf heraus hat sich das ergeben.“ 60 bis 70 verschiedene Fräsungen gibt es für die Kufen – abhängig vom Fahrer. 30 bis 45 Kilogramm wiegen die Schlitten. „Keiner baut so dünne Schlitten wie wir. Es geht hier um Aerodynamik“, sagt Schneider, dessen Sohn Tobias in die Firma eingestiegen ist.

Willi Schneider bei seinem Rennen bei den olympischen Spielen in Salt Lake City.

Keine Politik im Sport

Bei den Olympischen Spielen wird die nächste von ihm betreute Mannschaft Heimvorteil im eigenen Land haben. „Davon träumt doch jeder Athlet, im eigenen Land bei Olympia erfolgreich zu sein.“ Dass die Chancen auf olympische Spiele in Deutschland so gering sind, bedauert er. „Gerade im Sinne der Nachhaltigkeit wären Sportstätten auch darüber hinaus zu nutzen.“ So wie es nach Cortina d‘Ampezzo der Fall sein werde. „Die Spiele dort werden weniger kosten als die vorherigen.“

Ob es richtig war, die Winterspiele nach Russland, Südkorea oder China zu vergeben, darüber urteilt Schneider nicht. „Ich halte mich politisch raus.“ Ein Gedanke, der bei Olympia wieder mehr Gewicht haben sollte. „Man sollte die Politik aus dem Sport draußen lassen. Wo vergisst man und wo streitet man nicht, sondern misst sich mit anderen: im internationalen Sport.“

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