Waldkraiburger Verein will sich auflösen
„Freiraum 36“ nach zehn Jahren vor dem Aus: Das traurige Ende eines Traums
Zum zehnjährigen Jubiläum kommt das Ende früher als erwartet: Der Waldkraiburger Verein „Freiraum 36“ steht vor dem Aus. Das schmerzt.
Waldkraiburg – In dem unscheinbaren Gebäude an der Aussiger Straße ist immer was los. Hier haben Vereine unter dem Dach des „Freiraum 36“ eine Heimat gefunden. Mit ganz unterschiedlichen Angeboten: Die Tänzer des TSC Weiß-Blau trainieren in mehreren Räumen, die Lucky Line Dancer feilen an ihren Tanzschritten und im Obergeschoss geht es mit den Kursen vom Kaleidoskop ruhiger zu. Bald soll es ganz ruhig werden in der Aussiger Straße: Der Verein will sich auflösen.
Eine Entscheidung, die weh tut. „Wir hatten hier die Idee, mit den Vereinen zusammen Waldkraiburg zu gestalten“, bedauert es Vorsitzender Richard Fischer. Da gab es die Vision von einem Café, mit gemeinsamen Kochen die Integration in der Stadt voranzutreiben. Ein Ort, an dem sich Vereinsleben und öffentliches Leben zusammenführen lassen. Jetzt aber kommt das Aus –früher als erwartet. „Es tut allen leid, die hier drin sind.“
Damoklesschwert über dem Verein
Davon gibt es viele: 14 Vereine mit rund 850 Mitgliedern haben dort ihre Heimat. „Zwischen 400 und 600 Menschen gehen dort jede Woche ein und aus“, sagt Fischer. Auf 2200 Quadratmetern und 36 Räumen verteilt gehen sie ihren Leidenschaften nach, in Räumen, die sie individuell nach ihren Bedürfnissen gestalten können. Der Freiraum 36 übernimmt die Verwaltung des Gebäudes und ist Mieter und Vermieter zugleich. Günstige Mieten belasten die Vereinskassen nur gering.
Schon länger hängt das Ende in der Aussiger Straße wie ein Damoklesschwert über dem „Freiraum 36“. Bereits Ende 2020 hätte das Haus schließen sollen, das im Besitz der Stadtbau ist. Dann gab es auf den letzten Drücker für die Vereine eine Übergangslösung zwischen drei und fünf Jahren. Unter der Voraussetzung, dass keine weiteren Investitionen mehr nötig werden.
Über 2025 hinaus wird es aber aufgrund der baulichen Situation in der Aussiger Straße endgültig nicht mehr weitergehen für die Vereine. Die Chance auf eine zweite Übergangslösung wird es dann nicht mehr geben. Eine klare Aussage, die die Stadt und Stadtbau schon länger dem Verein gegenüber gemacht haben.
Die ersten Vereine ziehen aus
Doch so lange will man weder beim Freiraum 36 noch bei den Vereinen warten: Die ersten Vereine haben bereits neue Räume gefunden. Die Lucky Line Dancer sind zum Oktober ausgezogen, der TSC als größter Mieter in der Aussiger Straße zieht zum Jahresende aus. „Das hat natürlich finanzielle Auswirkungen auf den Verein“, macht Fischer deutlich. Verständlich, dass sich die Vereine angesichts der unsicheren Zukunft nach einer neuen Bleibe umsehen.
Ohne die Einnahmen ist die Miete für das Gebäude für den Freiraum aber „nicht mehr zu stemmen“. Die hohen Energiekosten tun ihr Übriges dazu. Bis Ende April lässt sich der Betrieb aufrechterhalten, im Frühjahr will man noch das Zehnjährige des Vereins feiern, dann aber soll Schluss sein.
„Wir schlagen der Vereins-Versammlung diesen Beschluss vor“, sagt Fischer. Am Montag (9. Oktober) ist ab 18.30Uhr Mitgliederversammlung in der Aussiger Straße. Die Vereine unter dem Dach des Freiraums will man aber nicht im Regen stehen lassen. „Wir versuchen, die Vereine anderswo unterzubringen. Man muss etwas für sie tun und sollte dies nicht dem Zufall überlassen.“ Gespräche werden dazu bereits geführt, wo man die verbleibenden Vereine unterbringen kann. Versuche, eine neue Bleibe für den Freiraum und die anderen Vereine zu finden, liefen bis zuletzt ins Leere. Weder als Mieter in einem neuen Gebäude, noch hat der Verein die finanziellen Mittel für einen Neubau.
Integration vorantreiben
Dass das Ende des Freiraums 36 so schnell naht, fällt Fischer sichtlich schwer. „Wir wollten ein Zuhause für die Vereine schaffen und hier im Gebäude die Integration vorantreiben.“ Entstanden ist der Verein aus dem Arbeitskreis Asyl heraus, seitdem haben sich hier viele Ehrenamtliche eingebracht. „Wir haben das gut auf die Reihe gebracht“, ist Fischer stolz darauf, dass es hier nie zu Zwischenfällen gekommen ist. In den knapp zehn Jahren habe man mit dem Thema Brandschutz und Heizung einiges „überstanden“, zählt Fischer auf.
„Wir hätten hier gerne weitergemacht“, bedauert er. Er weiß auch, dass ohne die gute Zusammenarbeit mit der Stadtbau hier schon früher Schluss gewesen wäre. „Ohne die Mitarbeiter der Stadtbau wäre sonst einiges nicht möglich gewesen“, richtet er einen Dank in deren Richtung.
Das Thema Vereinsarbeit sieht Fischer noch nicht am Ende und nimmt die Stadt weiter in die Pflicht. „Wir müssen anpacken, wenn man etwas für die Vereine und das kulturelle Leben in der Stadt tun will.“ Man müsse sich überlegen, wie man diese Aufgabe stemmen könne. „Das wird in Zukunft sicherlich nicht einfacher.“
