Nach 40 Jahren
Die letzte Aufnahme: Warum „Foto Sahlstorfer“ in Waldkraiburg schließt
Ende Februar schließt Christina Sahlstorfer ihr Fotostudio in der Berliner Straße in Waldkraiburg. Nach mehr als 40 Jahren gibt sie den Familienbetrieb damit auf. Warum sie keine andere Möglichkeit mehr sieht.
Waldkraiburg – In Zeiten von Handys und Digitalkameras werden mehr Fotos gemacht als je zuvor. Zu tausenden füllen Bilder die Speicherplätze, doch deshalb geht heute kaum noch jemand in ein Fotogeschäft. Das spürt auch Christina Sahlstorfer. Jetzt zieht sie einen Schlussstrich und schließt Ende Februar ihr Geschäft.
Ein Teil der Regale ist leer, die Aufsteller und Plakate im Schaufenster, die die 50 Prozent-Abverkauf Aktion bewerben, sind nicht zu übersehen. Aufgeräumt wird bereits im Keller, das Fotostudio wird nach und nach leer geräumt, das Equipment verkauft. „Passfotos gibt es bis zum letzten Tag, Studio-Termine übernehme ich allerdings nicht mehr“, erklärt Christina Sahlstorfer.
Seit 1986 ist sie im Geschäft mit dabei
Ende Februar soll im Geschäft in der Berliner Straße Schluss sein. Seit den 1950er Jahren gibt es das Fotogeschäft, anfangs noch am Stadtplatz, dann in der Prager Straße, bis der Laden 2017 in die Berliner Straße umgezogen ist. Anfang der 1980er Jahre hatte ihr Mann Josef das Geschäft mit nur 24 Jahren übernommen, seit 1986 ist sie selbst mit dabei. Nach dem überraschenden Tod ihres Mannes im Sommer 2022 hatte sie das Geschäft weitergeführt. „Nach seinem Tod war ich hin- und hergerissen, hatte überlegt, gleich zuzusperren. Aber dann habe ich weitergemacht, weil das Geschäft nicht schlecht dastand“, erinnert sie sich.
Mit Studiofotografie, Aufnahmen von Hochzeiten, bei Firmungen oder zum Schulanfang hat sich Foto Sahlstorfer über die Jahre einen Namen gemacht. Vor allem für Gruppenfotos bei Hochzeiten haben viele Paare Foto Sahlstorfer engagiert. „Eine solche Staffelei haben nicht viele Fotografen im Umfeld. 40 Gruppenfotos von Hochzeiten haben wir voriges Jahr gemacht, aber nur ein einziges Paar hat bei uns die Porträt-Fotos machen lassen. Das ist erschreckend“, erzählt sie.
Stattdessen würden die Hochzeitspaare „Hobby-Fotografen“ engagieren, von denen es nach Ansicht von Christina Sahlstorfer inzwischen viele gibt. „Im Internet wird man fast schon erschlagen von Diensten von Fotografen. Das geht vom Geschäft weg.“
Sorge wegen Passbild-Automaten
Das ist aber nicht der einzige Grund, weshalb sie ihr Geschäft aufgibt. Der zweite Grund hängt mit einem Beschluss der Stadt Waldkraiburg zusammen. Im Rathaus soll nämlich ein Passbild-Automat aufgestellt werden, weil ab Mai 2025 Passfotos in den Ämtern nur noch digital verarbeitet werden. Mit diesem Entschluss trieb die Geschäftsinhaberin die Sorge um, dass ein großer Teil ihres Umsatzes dadurch wegbrechen könnte. „Das wird extrem. Wenn nur die Hälfte der Leute die Bilder am Automaten anfertigen lassen, das fehlt alles im Geschäft. Jetzt schon muss ich jeden Monat kämpfen.“
Porträt-Aufnahmen werden weniger, Aufnahmen von Kindern, Familien oder zur Kommunion sind „extrem zurückgegangen“, dem Kampf will sie sich nicht mehr länger stellen. „Mittlerweile machen die Handys gute Bilder, oder die Leute haben eine gute Kamera daheim“, erklärt sie, weshalb immer weniger einen Fotografen buchen.
Leichten Herzens hat sie ihren Entschluss nicht gefasst, das Fotogeschäft an der Berliner Straße zu schließen. Im Dezember hatte sie noch erste Anfragen für 2025 angenommen, Ende des Jahres hat sie dann ihre Entscheidung getroffen. „Denen musste ich jetzt natürlich wieder absagen.“ Darunter auch Paare, deren Eltern „Foto Sahlstorfer“ vor Jahrzehnten die Hochzeit fotografiert hatte und in der Zeit danach die Kinder bei verschiedenen Foto-Shootings beim Groß werden begleitet hat. „Das tut mir schon leid, gerade für die Kunden, die über Jahrzehnte in unser Geschäft gekommen sind.“