Mehr Nachhaltigkeit in Waldkraiburg
„Meilenstein“ für Waldkraiburgs Fernwärme: Gummiwerk heizt und produziert mit Geothermie
Ein Meilenstein für Unternehmen und die Stadt: Das Gummiwerk Kraiburg ist der erste Abnehmer im Industriegebiet und zugleich größter Einzelanschluss der Geothermie. Ein Vorzeigeprojekt, das neue Wege möglich macht.
Waldkraiburg – 75 Prozent weniger CO2-Emissionen bis 2030 – ein ehrgeiziges Ziel, das sich das Gummiwerk Kraiburg setzt. Doch mit einer strategisch wichtigen Entscheidung ist das Unternehmen dem einen großen Schritt näher gekommen. Der Anschluss an die Geothermie als erster Großkunde im Industriegebiet ist nicht nur für das Unternehmen ein „Meilenstein“, sondern auch für die Stadt.
„Unsere Vision ist es, innovativer, nachhaltiger, hochwertiger und erfolgreicher zu werden“, erklärt Geschäftsführer Dr. Darijo Mijolović bei einem Ortstermin. Auf Nachhaltigkeit setzt das Unternehmen auch in seinen Prozessen, erneuerbare Energien wie Photovoltaik-Anlagen oder die thermische Grundwassernutzung seien unverzichtbar. „Mit dem Anschluss an die Geothermie setzen wir als Alternative zu Gas auf eine lokale Energie-Infrastruktur“, fährt er fort.
Die Zahlen sind beeindruckend: Mit einer Anschlussleistung von drei Megawatt ist das Gummiwerk der größte Einzelanschluss und entspricht einer Energieleistung von 2,6 Millionen kWh pro Jahr. So hoch liegt der Energieverbrauch von rund 154 Vier-Personen-Haushalten, wie Bereichsleiter Günther Beisser erklärt. 500 Tonnen CO₂ spart das Unternehmen damit jedes Jahr ein, so viel, wie 46 Menschen pro Jahr verursachen.
Erste konkrete Gespräche bereits 2021
Erste konkrete Gespräche mit den Stadtwerken führte das Gummiwerk bereits 2021, also noch vor Beginn der Energiekrise. „Nachhaltigkeit war der Haupttreiber für diese Entscheidung, aber es muss sich auch wirtschaftlich rechnen“, sagt Beisser. Und das tut es angesichts der großen CO₂-Einsparungen und der Tatsache, dass die Gaskessel ersetzt werden mussten.
Wo bis zum Sommer die alten Gaskessel standen, ist heute eine moderne Fernwärme-Übergabestation installiert, auch Technik und Steuerung im Kesselhaus wurden auf den neuesten Stand gebracht. Die Wärme werde auch in der Produktion benötigt, das Gummiwerk damit ein ganzjähriger Abnehmer.
Seit 1947 gibt es das Unternehmen am Standort – es ist damit älter als die Stadt selbst. Heute ist das Gummiwerk führender Hersteller von Kautschuk- und Silikonmischungen und beschäftigt in Waldkraiburg rund 400 Mitarbeiter. 1989 wurde ein neues Werk gebaut, das so noch heute Bestand hat und somit weiteres Einsparpotenzial bietet. „Wir können nun für jedes Gebäude auswerten, wie viel Energie verbraucht wird“, erklärte Günther Beisser. Weitere Maßnahmen zur Energie-Einsparung sind geplant.
Von einem „Vorzeigeprojekt“ spricht Stadtwerke-Geschäftsführer Herbert Lechner. Es dokumentiere die Bedeutung des Anschlusses: „Es war der Startschuss für das Industriegebiet, das so ursprünglich nicht im Ausbau eingeplant war“, erklärt Lechner. Ganzjährig nehme das Gummiwerk Wärme von den Stadtwerken ab und ist somit ein „wichtiger Kunde“.
Geothermie-Projekt anfangs belächelt
Anfangs noch belächelt, ist das Geothermie-Projekt längst ein „Meilenstein für die Stadtwerke“. Als vor 20 Jahren die ersten Anträge gestellt wurden, war Lechner dabei. „Die Stadt hat damals ein wichtiges Thema gesetzt, das aber erst im Rückblick klar geworden ist.“ Vier Kilometer Leitungsnetz kommen heuer neu dazu, davon 1,5 Kilometer im Industriegebiet. Fertig ausgebaut umfasst das Wärmenetz eine Länge von 110 Kilometern. „Wir haben noch ordentlich was zu tun bis 2045.“
Zur „Gemeinschaftsleistung“ gratulierte auch Landrat Max Heimerl und verwies auf die Altbürgermeister Jochen Fischer und Siegfried Klika, die das Geothermie-Projekt auf den Weg gebracht haben. „Es ist nicht verwunderlich, dass das Gummiwerk der erste große Anschließer ist. Dies passt zum innovativen und verantwortungsvollen Weg der Gründerfamilie Schmidt.“ Die Entwicklung von Stadt und Unternehmen seien miteinander verbunden. „Dass nun die nächsten Schritte gemeinsam gegangen werden, ist konsequent.“ Für Heimerl hat Waldkraiburg jedenfalls mit der Geothermie ein „Riesenpfund“, um Unternehmen mit „Heimatenergie“ zu versorgen.
Das Gummiwerk ist das erste Unternehmen im Industriegebiet, das mit dieser Technologie in die Zukunft geht. Für Bürgermeister Robert Pötzsch eine „bedeutsame Entwicklung“ für die Stadt. „Anfangs wurde Waldkraiburg für die Geothermie belächelt, mittlerweile hat sich das Blatt gewendet und der Ausbau kann nicht schnell genug passieren.“ In den nächsten Jahren werden rund 150 Millionen Euro in den weiteren Ausbau investiert, eine große finanzielle Herausforderung.
„Weitere Unternehmen fragen bereits an und mit unserer Technologie wollen wir uns mit umliegenden Gemeinden größer vernetzen und uns nicht nur auf Waldkraiburg fokussieren“, sagt Pötzsch.