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Amtsgericht Mühldorf

Kopfnuss, Würge-Attacke, Vergewaltigung? Doch Angeklagter (33) beschuldigt Frau - das ist das Urteil

Amtsgericht Mühldorf
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Am Amtsgericht Mühldorf wurde ein Fall von gefährlicher Körperverletzung verhandelt. Ein 33-Jähriger soll seine Lebensgefährtin unter anderem gewürgt haben.

Eine konfliktbeladene Beziehung, in der es regelmäßig zu Streit gekommen ist: Wegen gefährlicher Körperverletzung musste sich ein 33-Jähriger in einem Prozess vor Gericht verantworten, bei dem es auch um die Glaubwürdigkeit der Frau ging.

Mühldorf/Waldkraiburg – Was alles in der Beziehung eines 33-jährigen Angeklagten mit seiner Lebensgefährten vorgefallen ist, kam in seiner Gesamtheit nicht ans Licht. Eine Beziehung, die geprägt war von Streit und Aggressionen, die in zwei Vorfällen gipfelten. Für diese musste sich der Mann vor dem Mühldorfer Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten.

Als letzte Zeugin sagte die Lebensgefährtin aus, eine lange Narbe auf der Stirn war nicht zu übersehen. Ein Mal, das sie an die Gewalt in der Beziehung mit dem 33-Jährigen erinnert. Anfang des Jahres soll der Mann ihr so stark eine „Kopfnuss“ versetzt haben, dass sie eine Platzwunde an der Stirn davontrug. Wenige Wochen später der nächste heftige Streit: Mehrfach soll der Mann sie geschlagen haben, bis sie zu Boden ging. Doch auch dann soll er nicht von ihr abgelassen haben, sondern sie mit beiden Händen gewürgt haben. So wirft es die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten in der Anklageschrift vor.

„Es gibt keinen Frieden, jeden Tag Gewalt. Es ist nicht auszuhalten“, beschreibt die Lebensgefährtin, für die ein Dolmetscher übersetzt. Die Platzwunde sie bei einem Kampf passiert, seinen Kopf hätte er benutzt, um sie zu schlagen. Die Sprache kam auch auf einen Türstock, der nach Aussage eines Sachverständigen ursächlich für die Verletzung sein könnte. „Aber ein Kopfstoß ist nicht auszuschließen.“ Was genau der Auslöser für die beiden Streite gewesen ist, wie sie sich zugetragen haben, dazu konnte die betroffene Frau keine Aussagen machen. „Ich kann mich nicht erinnern“, sagte sie auf Nachfrage von Verteidiger Jörg Zürner.

„Beziehung war nicht immer unkritisch“

Zum Arzt gehen wollte die Frau nicht, zu groß die Sorge, dass der Angeklagte in Schwierigkeiten kommen könnte. Denn wegen anderer Vergehen war er vor Jahren schon einmal in Haft, sie wäre dann wieder mit den vier gemeinsamen Kindern allein.

Der Wunsch, dass „alles wieder gut wird“ hätte die Frau durchhalten lassen – trotz der Konflikte, die an der Tagesordnung waren. „Die Beziehung war nicht immer unkritisch. Wir hatten unterschätzt, wie die Beziehung gelagert war“, erklärt vor Gericht eine sozialpädagogische Betreuerin, die die Familie seit 2019 begleitet. Sie erzählt von „lauten Situationen“, von Handgreiflichkeiten, dass zwischen dem Paar geschlichtet werden mussten. Gebessert habe sich an der Situation für die Frau allerdings nichts. „Die Frau wollte nicht zur Polizei, sie hatte immer noch Hoffnung wegen der Kinder. Es war am Rand des Vertretbaren, aber es war der Wunsch der Mutter“, erklärt die Betreuerin.

Die Angst, dass sich die Situation verschlimmern könnte, sollte sie zum Arzt gehen, war für die Frau zu groß. Auch die lange Platzwunde auf der Stirn ließ sie ärztlich nicht behandeln, danach kam es nur wenige Wochen zur nächsten großen Auseinandersetzung. Bis es genug war und sie bei der Polizei Anzeige erstattete.

Angeklagter zeichnet ein ganz anderes Bild

„Sie hat ihren Partner als impulsiv und aggressiv beschrieben. Angeblich gab es regelmäßig Streit“, erklärte ein Polizist vor Gericht. Erst mit Dauer der Vernehmung hätte sich die Frau mehr und mehr geöffnet, von Schlägen und Würgegriffen, ja sogar von Vergewaltigungen berichtet.

Ein ganz anderes Bild zeichnete der Angeklagte selbst und das zeigte auch, dass Opfer häuslicher Gewalt um ihre Glaubwürdigkeit kämpfen müssen. Die Platzwunde auf der Stirn sei Folge eines unglücklichen Zusammenstoßes der beiden, als er ihr in der dunklen Wohnung zu Hilfe eilen wollte. Im zweiten Fall sei es sogar seine Lebenspartnerin gewesen, von der die Aggressionen ausgingen. Die Nacht zuvor habe er bei Bekannten verbracht, zu Hause hätte sie nach Alkohol gerochen. So sei es zum Streit gekommen, in deren Folge sie ihn gebissen und die Klamotten zerrissen hätte. Er hätte sie nur lediglich von sich wegdrücken wollen, gewürgt hätte er sie nicht. Auch die Aussage des Angeklagten wurde von einem Dolmetscher übersetzt.

Für Staatsanwältin Theresa Finsterwalder gab es keinen Zweifel: Der Angeklagte hätte zu Hause ein „Klima der Angst“ erzeugt, die Frau war mit einem dauerhaften Gewaltumgang konfrontiert. Sie forderte in ihrem Plädoyer eine Gesamtstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten.

Verteidiger fordert Freispruch

Verteidiger Jörg Zürner konnte keine der Zeugenaussagen überzeugen. „Es können nur die Beteiligten sagen, was passiert ist. Die Aussagen des Opfers sind zu wenig dazu, dass sie täglich gewürgt, vergewaltigt worden sei“, zweifelte er die Glaubwürdigkeit der Frau an. Ihm fehlte es an eigenen Schilderungen, auf Erinnerungslücken könne man kein Urteil stützen. Er sprach in seinem Plädoyer von „wechselseitigen körperlichen Attacken“. „Wer hat angefangen?“, stellte er in den Raum, dass sein Mandant in Notwehr gehandelt haben könnte. Er forderte einen Freispruch.

Für das Schöffengericht um Richter Florian Greifenstein passten die Verletzungen zu den Aussagen der Frau. Für das Gericht stand außer Frage, dass es eine „lange konfliktbeladene Beziehung“ war. Auch wenn die Zeugenaussagen schwer einzuschätzen seien und die Frau nie zur Polizei gegangen sei, passen die Verletzungen zu deren Aussage. Der Angeklagte wurde daher zu einem Jahr und zwei Monaten Haft verurteilt. Eine Bewährung kam für das Gericht nicht infrage, weil er aus seinen bereits verbüßten Haftstrafen nichts gelernt hatte und auch kein Geständnis ablegte.

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