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Waldkraiburger Haus der Kultur

Fast wunschlos glücklich: Ein Klavierabend mit Star-Pianist Martin Stadtfeld

Bach, Beethoven und ein aufgegangener Mond: Martin Stadtfeld bot einen begeisternden Klavierabend in Waldkraiburg.
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Bach, Beethoven und ein aufgegangener Mond: Martin Stadtfeld bot einen begeisternden Klavierabend in Waldkraiburg.

Mit Martin Stadtfeld kam einer der großen deutschen Pianisten nach Waldkraiburg. Warum Geschwindigkeit Spaß und Leichtigkeit fast wunschlos glücklich machen kann.

Waldkraiburg – Es gibt diese Abende, in denen das Leben wunschlos glücklich macht. Es sind Abende, an denen einfach alles zusammengehört. Ein kleiner, fast intimer Rahmen, viele bekannte Gesichter und ein Künstler, der seine außergewöhnlichen Fähigkeiten mit großer Freundlichkeit verbindet.

Etwas steif und sehr zugewandt

Martin Stadtfeld kommt im dunklen Samtanzug auf die Bühne im Waldkraiburger Haus der Kultur. Er geht den langen Weg zum Flügel sehr aufrecht, fast etwas steif, setzt sich auf den sehr niedrig eingestellten Klavierhocker, steht wieder auf, verbeugt sich, sagt guten Abend. Und das erste Stück an: ein Virtuosenstück, das der junge Beethoven der Klavierwelt hinterlassen hat: das Rondo alla Ingharese un Capriccio, bekannt auch als „die Wut über den verlorenen Groschen.“ Eine Klamotte.

Er ist launenhaft, kombiniert eigenwillig Tonarten, spielt mit melodischen Bildern, fast meint man, den davon rollenden Groschen hören zu können. Es bereitet schlicht Freude, sie breitet sich vom Pianisten aus in den Saal, wo manch einer mit seligem Lächeln zu hört.

Seit Corona kurze Vorreden

So geht es weiter: Stadtfeld verbindet in seinen kurzen Ansagen die einzelnen Stücke. Seit Corona macht er diese kleinen Vorreden, will damit einen Kontakt zum Publikum herstellen, ihm die Musik ans Herz legen.

Er schlägt einen Bogen von den drei Händelwerken zu Beethovens Vorliebe für diesen Komponisten, stellt sechs Präludien und Fugen von Bachs Wohltemperiertem Klavier an den Beginn seiner eigenen Klavierlaufbahn oder erinnert an seinen wunderbaren ersten Lehrer, der ihm Bach nahegebracht habe. Kurz hält er vor seiner Lieblingsfuge inne, lässt das Publikum teilhaben.

Bach ist seine Musik, hat ihn bekannt gemacht. Als junger Pianist hat er bemerkenswerte Einspielungen vorgelegt. Stadtfeld gelingt es, die Bach‘sche, manchmal mathematisch genannte Präzision mit großartiger Leichtigkeit zu spielen. Das Eröffnungspräludium gelingt ihm zart, sehr emotional, leichtfüßig. Die Fugen verwandelt er in Gespräche, mal freundlich, mal leidenschaftlich, grandios in Tempo und Kraft.

Explosives Bachpräludium

So geht es weiter: Die Chopin-Etüden werden zu einer Art explosivem Bachpräludium, Stadtfeld verbindet die musikalischen Epochen mit Temperament und viel Herzblut, legt die Wurzeln der Romantik im Barockmeister Bach offen.

Musikalisches Kleinod des ersten Teils sind die Transkriptionen dreier Händel-Arien aus Rinaldo, Solomon und Giulio Cesare. Stadtfeld nennt das Bearbeitung, weil er eine reine Eins-zu-eins-Übertragung auf das Klavier für zu starr hält, das Besondere des Ursprungs verloren ginge. Denn das will Stadtfeld in seiner großen Verehrung für Händel bewahren, ihm aber zugleich eine schöne Portion Stadtfeld mitgeben.

Deutsche Volkslieder fast zum Mitsingen

Stadtfeld ist 44 Jahre alt, diese Bearbeitung von Stücken hat er noch nicht so lange entdeckt. Im Haus der Kultur bietet er gleich drei Weisen des deutschen Volkslieds dar, Guter Mond, Weißt Du, wie viel Sternlein stehen und Der Mond ist aufgegangen. Eigentlich ist es verwunderlich, dass niemand mitsingt. So einladend, so freundlich das Spiel Stadtfelds.

Der schnelle Pianist

Kritiker werfen dem Künstler und Musikprofessor vor, oft zu schnell zu spielen. Dabei Struktur zu verlieren, sich das eine oder andere Mal zu verhaspeln. Stadtfeld ficht das, zumindest in Waldkraiburg, nicht an.

Beethoven. So rasant, so kraftvoll, so dynamisch: Die Begeisterung, die von diesem Spiel der Sonate Nr. 23, besser bekannt als „Appassionata“ ausgeht, macht den einen oder andern Haspler vergessen. Dass die Hände bei Höchstgeschwindigkeit mal nicht zueinander finden, für wenige Töne auf getrennten Wegen über die Tastatur fliegen, nimmt dem Genuss nichts. Die Musik trägt weiter, überträgt sich auf das Publikum im bei weitem nicht ausverkaufen großen Saal im Haus der Kultur.

Warum eigentlich nicht? Es ist ein wirklich begeisterndes Konzert, das Stadtfeld weitab der renommierten Konzertsäle spielt. Der Eintrittspreis ist angesichts häufig aufgerufener Mondpreise moderat, die Atmosphäre im Haus der Kultur familiär, die Akustik gut, auch wenn Stadtfeld den Flügel in den höchsten Lagen an seine Grenzen bringen kann.

Es ist ein schöner Abend, der am Ende dann aber doch nicht ganz so ganz wunschlos bleibt. Mehr davon! Mehr von dieser Qualität, mehr von dieser Klangschönheit, mehr von dieser mitreißenden Begeisterung. Mehr solche Abende.

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