Diskussion über Standorte
Suche nach Flüchtlings-Unterkünften: Was Landrat Heimerl von den Unterreitern fordert
Brechend voll war der Saal im Wildpark Oberreith: Die Gemeinde Unterreit sucht händeringend nach Unterkünften für Flüchtlinge. Großes Manko: Keine Nahversorgung, schlechte Anbindung. Welche Container-Standorte trotzdem infrage kommen würden.
Unterreit/Oberreith – Brechend voll war es am Dienstagabend (27. Februar) im Saal des Wildfreizeitparks Oberreith: Gefühlt die ganze Gemeinde Unterreit war gekommen, um Bürgermeister Christian Seidl und Landrat Max Heimerl zum Thema Flüchtlingsunterkunft zu lauschen. Die Gemeinde hatte dazu geladen, denn in Unterreit wird – wie in vielen Kommunen des Landkreises Mühldorf – ein Container-Standort für Flüchtlinge gesucht.
Hintergrund ist ein Gespräch zwischen allen Bürgermeistern des Landkreises und dem Landrat, das Mitte Dezember stattgefunden hatte. Damals, das bestätigten sowohl Seidl als auch Heimerl, seien alle Rathauschefs erneut dazu aufgefordert worden, Unterkünfte für Geflüchtete auszuweisen. Insbesondere die Gemeinden, die bisher keine Flüchtlinge integriert haben. Zu ihnen gehört auch Unterreit. „Rein rechnerisch müssten wir 29 Plätze ausweisen“, erklärte Seidl. „Derzeit haben wir keine.“ Die früheren Asylbewerber, die in Unterreit untergebracht waren, seien „buchstäblich davongelaufen, weil sie sich isoliert gefühlt haben.“
Kritik am Standort in Stadl
Dennoch, so erklärte Seidl weiter, sehe auch er die Notwendigkeit, sich gegenüber den anderen Bürgermeisterkollegen solidarisch zu zeigen und nach Unterkünften zu suchen. Deshalb habe es eine Ausschreibung im Gemeindeblatt gegeben. Zudem sei Seidl zu verschiedenen Unterreitern gefahren, um Wohnungen für Geflüchtete zu generieren. Er habe jedoch keine positiven Rückmeldungen bekommen. Darum sei die Kommune nun auf der Suche nach einem Container-Standort, vor allem die gemeindeeigenen Flächen am Sportplatz, Kindergarten, an der Kläranlage und im Ortsteil Stadl seien im Gespräch. Insbesondere letzterer Platz ist aber vielen Bürgern ein Dorn im Auge, wie während der Diskussion deutlich wurde.
Teilweise liege das Grundstück in Stadl, das dafür infrage komme, im Wasserschutzgebiet. Dort seien Quellen von verschiedenen Wasserzweckverbänden angesiedelt. „Was ist, wenn die Brunnen verschmutzt werden, beispielsweise wenn Öl hineingelangt. Dann hat der gesamte Landkreis praktisch kein Wasser mehr“, meinte ein Bürger. Ein anderer Einwohner argumentierte: „Im Neubaugebiet in Stadl stehen elf Häuser. Der Wert dieser Gebäude wird sinken, wenn dort ein Containerdorf in die Nähe kommt“, sagte er. „Ihr zerstört hier Existenzen“, kritisierte er.
Seidl zeigte Verständnis für die Sorgen der Bürger und gab zu, dass auch er die Fläche in Stadl nicht präferieren würde. Schließlich hätte die Gemeinde hier eigene Baupläne und wolle dort Wohnraum schaffen. Auch das Problem mit dem Wasserschutzgebiet sei bekannt. „Wir haben geprüft, welche Flächen im Besitz der Kommune sind und diese beim Landratsamt angegeben. Aber ich kann euch fast versprechen, dass in Stadl kein Container hinkommt.“
„Flüchtlingszahlen werden wieder steigen“
Auch Heimerl zeigte sich verständnisvoll. „Dass der ein oder andere Befürchtungen hat, ist absolut nachvollziehbar“, meinte der Landrat. Er stelle außerdem fest, dass der Landkreis Mühldorf grundsätzlich „hervorragende Arbeit“ bei der Unterbringung von Geflüchteten geleistet habe. „Die meisten Ukrainer sind bei uns nach wie vor privat untergebracht. Im Gegensatz zu anderen Landkreisen sind auch unsere Turnhallen frei.“ Man habe vorausschauend gearbeitet, frühzeitig Unterkünfte angemietet. Doch vor allem im Spätsommer und Herbst habe der Landkreis feststellen müssen, dass diese bald belegt seien. „Uns wurde zu dieser Zeit alle zwei Wochen ein Bus mit 50 Personen zugewiesen. Wenn es so weitergegangen wäre, hätten wir jetzt Ende Februar, Anfang März keine Unterkünfte mehr zur Verfügung.“ Glücklicherweise seien jetzt über den Winter die Anzahl der ankommenden Flüchtlinge wieder gesunken. „Doch die Prognosen sagen, im Frühjahr werden sie wieder steigen“, prophezeite er. Entsprechend sei der Landkreis nun auf der Suche nach neuen Unterkünften.
Turnhallen sollen nicht belegt werden
„Wir wollen auf keinen Fall Turnhallen belegen müssen. Es muss uns gelingen, das zu verhindern“, stellte Heimerl fest. Denn dies sei für alle Beteiligten, Lehrer, Schüler, Vereine und für die Geflüchteten selbst eine „sehr schlechte Situation“. Er wünsche sich stattdessen, mehr Personen in privaten Unterkünften unterzubringen. Sollte dies nicht klappen, sei die Idee, mehr sogenannte Containerdörfer zu errichten. „Wir reden hier allerdings nicht von 500 Personen, wie im Nachbarlandkreis. Es sollen 50, höchstens 60 Menschen untergebracht werden“, so der Landrat. „Mir ist völlig klar, dass es andere Gemeinden gibt, wo es wahrscheinlicher ist, geeignete Standorte zu finden.“ Dennoch appelliere er auch an Kommunen wie Unterreit, zu prüfen, ob und welche Areale dafür infrage kommen würden. „Meine Bitte ist, dass wir uns vorbereiten. Das heißt, dass die Pläne für die Standorte so weit erstellt sind, dass wir im Ernstfall darauf zurückgreifen können.“
Es folgte eine lange Diskussion mit Kritik an der Politik der Bundesregierung und der Europäischen Union. Einige Unterreiter zeigten sich besorgt, ob die Gemeinde die Integration von Geflüchteten leisten könne, auch weil es kaum öffentlichen Nahverkehr gebe und alle Kindergartenplätze der Kommune belegt seien. Nach zwei Stunden beendete Bürgermeister Seidl die Informationsveranstaltung.
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