Wie aus Frankensteins Labor
50 Jahre im Wald gegammelt: Wie Flo und Laura aus Kraiburg den T1 Bulli wieder fit machen
Nur der Rost hielt den T1 Bulli noch zusammen, den Flo Rauscheder und Laura Ubrig aus Kraiburg aus einem Wald geborgen haben. Ihr Traum ist es, in dem VW-Bus eine Weltreise zu machen. Warum das Vehikel inzwischen den Spitznamen „Frankenstein“ trägt.
Kraiburg — Der kleine Bruder des T1 war auch Schrott. Längst hat der Wald-Käfer TÜV, ist eine kleine Berühmtheit in der Schrauber-Szene und hat viele Anhänger in den sozialen Netzwerken, wie etwa YouTube, Instagram und Facebook. Jetzt ist der große Bruder dabei, fitgemacht zu werden – das aktuelle Projekt von Flo Rauscheder.
Zusammen mit seiner Freundin Laura Ubrig restauriert er den zerfallenen alten Kult-Bus, einen T1 Bulli, den sie aus einem Wald in der Oberpfalz geborgen haben. Dort gammelte er über 50 Jahre vor sich hin.
Winker-Blinker, durchgehende vordere Sitzbank, 13 Fenster und die rare Farbkombi palmgrün-sandgrün gehörten zur Grundausstattung des Autos, das im Jahr 1958 vom Band rollte.
Damit um die ganze Welt zu rollen, das ist der Traum von Laura (28) und Flo (42), die beide bei der Post angestellt sind. Wer die zwei kennt, weiß, dass sie es möglich machen werden - mit viel Herzblut, Schweiß, Brandblasen und tausenden Stunden Arbeit.
Wie Frankensteins Kreatur
„Unser Frankenstein“, so nennen sie ihr Baby liebevoll. Denn vom Original-Bus konnten die beiden nicht so viel erhalten, wie sie zuerst gehofft hatten, wie etwa das Dach. „Das war so kaputt, das hätte rundherum 20 Meter Schweißnaht gebraucht. Das macht kein Mensch, nicht mal ich“, lacht Flo. Inzwischen sind Teile, wie Heck, Fahrertür und Vorderteil aus vier baugleichen Fahrzeugen verbaut und zusammen geflickt. Der Kern des Busses ist noch Original.
Teile zu bekommen, sei aufwändig. Aus Belgien stammt etwa die Klapptür, die er mit einem Schrauber gegen eine Barndoor, so heißt die begehrte Schiebetür für den T1, getauscht hat.
„Das war ein Geschiss, sowas Sperriges ins Ausland zu verschicken“, sagt Flo leicht entnervt. „Aber ich saß auf Kohlen, denn die Klapptür war das letzte Teil, das ich brauchte, um den Bus zusammenschweißen zu können.“
Erst wenn alles beisammen sei, könne man anfangen Schweißpunkte zu setzen, um überhaupt Stabilität zu erhalten. Nun kann man arbeiten. Jetzt habe man das Stadium erreicht, in dem andere Hobby-Restauratoren starten, wenn es heißt „stark restaurierungsbedürftige Basis“. „Die mussten Laura und ich erstmal schaffen“, so Flo.
Laura habe Schweißen gelernt. In einem Youtube-Video ist zu sehen, wie sie sich gerade um die Löcher auf der Ladefläche des gemeinsamen Alltagsautos – es handelt sich um einen T2 Pritschenwagen – kümmert. Das ist die ideale Beschäftigung für einen verregneten Sommertag, wie sie sagt.
„Laura hat vor wenig Angst – das ist hilfreich, wenn man altes Zeug restauriert und auch fährt“, sagt Flo schmunzelnd. Und die beiden fahren nur mit Oldtimern. Ein Auto zu zweit aufzubauen, mache wesentlich mehr Spaß. Und oft habe der andere auch bessere Ideen zur Umsetzung.
Nicht ohne die Hippie-Häkeldecke
Langsam können sich die beiden Gedanken machen über den Innenausbau, etwa ob ein Umklappbett sinnvoll ist, oder nicht. „Das ist das einzige, bei dem wir uns nicht einig sind“, sagt Flo lachend. Handelseinig sind sie, dass der Bus unbedingt Hippie-Elemente braucht.
Das Interieur soll die Zeit repräsentieren, in der der T1 zum Kult-Objekt wurde. Laura schwebt vor, etwa eine Häkeldecke als Himmelsverkleidung anzubringen.
Im T1 vorm Alltag flüchten
„Dieses Modell ist damals so bekannt geworden, weil man damit einfach wunderbar Urlaub machen und in die Welt raus konnte, um Neues zu entdecken, sich auf Menschen und Kulturen einlassen konnte“, schwärmt Laura, die sich freut, auf die Abenteuer und Reisen, die die beiden mit dem T1 machen werden.
„Der Bus ist wie eine kleine Wohnung, wie ein kleines Nest, in dem wir vorm Alltag flüchten können“, so die 28-Jährige. „Da wird einem bewusst, wie wenig man braucht, um glücklich zu sein.“
Oldtimer bringt die Leute ins Gespräch
Durch ihre Leidenschaft für alte Autos und speziell ihren Wald-Käfer kommen sie überall schnell mit anderen Menschen ins Gespräch. „Die Leute begrüßen einen immer total herzlich mit eigenen Geschichten zum Käfer. In vielen wecken wir Erinnerungen. Das wird mit dem Bus bestimmt genauso werden“, so Laura.
Damit der Bus möglichst leicht bleibt, wollen die beiden die Innenausstattung mit Alu und Furnier bauen. Als Isolierung haben sie sich für den Akustik-Vliesstoff der Mühldorfer Firma Silenti entschieden. „Der dämmt, isoliert, nimmt kein Wasser und die Wände schwitzen nicht“, so Flo. Wenn Schwitzwasser hinter der Verkleidung entsteht, fängt der Oldtimer wieder an zu gammeln.
Der Boden bekommt ein Fischgrät-Parkett. Die Einzelteile dazu haben die beiden bei einem Kroatien-Urlaub in verschiedenen Lost Places gesammelt, etwa einem Flugzeughangar, einer Kaserne und einer Privatresidenz eines einstigen Partisanengenerals. Die Holzteile kamen daheim in Kraiburg in eine Trockenkammer und werden nun dünn geschliffen.
„Wenn es so weitergeht, kann ich den Frankenstein nächstes Frühjahr zum TÜV fahren – der Innenausbau wird dann freilich noch nicht fertig sein“, so Flo. Geplant haben die beiden größere Reisen, das „Sehnsuchtsziel“ ist eine Weltreise in dem kleinen Bulli zu machen. Für unwegsames Gelände bekommt der T1 viel „Beinfreiheit“.
Kleiner Holzofen für kältere Breitengrade
Für kältere Breitengrade wollen sie einen kleinen Holzofen, der aus dem Yacht-Bau stammt, einbauen. Die zwei brauchen ansonsten nicht viel - außer einander und einsame Plätze sowie frisch gebrühten Kaffee mit grandioser Aussicht in die Natur.








