Medizinische Versorgung
Aschau trotzt dem Ärztemangel: Hartnäckigkeit der Gemeinde zahlt sich aus
Viele junge Mediziner zieht es in die Stadt, während ländliche Regionen um Hausärzte kämpfen. Die Gemeinde Aschau am Inn zeigt, dass es auch anders geht.
Aschau – Geschlossene Arztpraxen, lange Wartelisten für Patienten oder überfüllte Wartezimmer: In Bayerns ländlichen Regionen ist es teilweise schlecht bestellt um die medizinische Versorgung. In ganz Bayern? Nein, denn die Gemeinde Aschau ist entgegen dem Trend unterwegs.
Ein nicht gerade rosiger Trend: 2035 sollen in Deutschland etwa 11.000 Hausarztstellen in Deutschland unbesetzt sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der gemeinnützigen Robert-Bosch-Stiftung. Fast 40 Prozent der Landkreise könnten damit unterversorgt sein oder von einer Unterversorgung bedroht sein.
42 Hausärzte gibt es im Landkreis Mühldorf
Im Landkreis Mühldorf gibt es laut Kassenärztlicher Vereinigung insgesamt 42 Hausärzte, deren Durchschnittsalter bei 55 Jahren liegt. Bei einem Versorgungsgrad von 82,6 Prozent könnte der Landkreis durchaus mehr Hausärzte brauchen.
In Aschau gab es zwar bislang immer eine Hausarztpraxis, dennoch kamen bei der Gemeinde immer wieder Anfragen nach einer zweiten Praxis auf. Der Handlungsspielraum ist zwar begrenzt, am Ball blieb die Kommune dennoch. Mit Erfolg: Im Januar hat der Garser Arzt Dr. Hubert Attenberger in Aschau eine neue Filialpraxis eröffnet. Teil des Ärzte-Teams ist auch Dr. Bernd Herfort, der aus Waldkraiburg in die Nachbarkommune wechselt.
„Die Gemeinde hat alles daran gesetzt, denn die medizinische Versorgung auf dem Land ist nicht hoch genug zu schätzen“, sagte Bürgermeister Christian Weyrich bei der Eröffnung der Praxis. Vor allem für ältere Mitbürger sei eine Praxis ein „Ort des Vertrauens“, ein Arzt ein „verlässlicher Partner“.
Schwierige Personalsuche
Die Bemühungen um eine Praxis bestätigt schmunzelnd auch Dr. Hubert Attenberger: „Seit einem Jahr ist die Gemeinde dahinter und der Bürgermeister ist vor nichts zurückgeschreckt.“ Knackpunkt sei allerdings die schwierige Personalsuche gewesen. „Man hat das Gefühl, dass die Gegend für die Leute unattraktiv ist, aber hier lebt es sich hervorragend.“ Mit seinem Sohn Dr. Julian Zeiler steht schon ein Nachfolger bereit.
„Wegen der Bürokratie haben wir Blut und Wasser geschwitzt, dass alle hier arbeiten dürfen. Aber wir haben termingerecht eröffnet. Auch wenn anfangs nicht alles funktioniert hat, jetzt läuft der Laden rund“, freute sich Attenberger. Seinen medizinischen Anspruch setzt das Praxis-Team hoch.
Zeit für Patienten und moderne Ausstattung
„Wir nehmen uns Zeit für die Patienten. Ob Kinder, Senioren, akute oder chronische Erkrankungen – wir sind für alle da.“ Die moderne Ausstattung der Praxis ermögliche es, für fast alle medizinischen Belange ein erster Anlaufpunkt sein zu können. „Wir wollen unsere Aufgabe gscheid machen“, sagte Attenberger.
Damit das weiterhin so bleibt, wird das Thema Personal weiterhin eine Aufgabe bleiben. „Uns ist eine qualitativ hochwertige Versorgung wichtig“, erklärt Dr. Julian Zeiler. Als Hausarzt könne man den Patienten „an der Hand nehmen bei der Versorgung“. Als Hausarzt sieht er sich als „Gesundheitsmanager“. Ein Bezug, der ihm an der Universität während seines Studiums in München aber nicht vermittelt worden ist. Darin sieht er einen der Hauptgründe für den Hausärztemangel. „Ich wäre heute nicht hier, wäre ich nicht hier verwurzelt.“
Während des Studiums würden sich die angehenden Mediziner auf unterschiedliche Fachgebiete spezialisieren, bauen sich in der Stadt ihr soziales Umfeld auf. „Man kriegt es nicht mit, was der Beruf des Landarzts bedeutet“, sagt Zeiler. Die Praxis sei für ihn eine Herzensangelegenheit. Dafür hat er sich bewusst entschieden, nicht an der Klinik zu bleiben.
Ziel sei es, langfristig die medizinische Versorgung zu gewährleisten. Dafür setzt man in der Praxis auf den eigenen Nachwuchs und die Weiterbildung der Kollegen. „Man muss sich strecken, um Ärzte aus der Stadt hinauszuziehen. Dazu muss eine Praxis innovativ und modern sein.“
