Ungewöhnlicher Feuerwehreinsatz in Oberbergkirchen
Hand in der Kreissäge: Feuerwehr sucht verzweifelt nach Finger eines Mannes (21)
Zu einem ungewöhnlichen Einsatz musste die Feuerwehr von Oberbergkirchen ausrücken. Ein 21-jähriger Oberbergkirchener hatte sich mit einer Kreissäge zwei Finger abgetrennt. Es begann ein Wettlauf gegen die Zeit.
Oberbergkirchen – Als einen „sehr untypischen Einsatz“ beschreibt der Oberbergkirchener Kommandant Markus Schaumeier den Einsatz, zu dem seine Feuerwehr am Montagabend (9. Oktober) gerufen wurde. Ein 21-jähriger Mann aus Oberbergkirchen hatte laut Mitteilung der Polizei am Montag gegen 18.30 Uhr in seiner Werkstatt in der Dorfmitte von Oberbergkirchen an einem Holzstück gewerkelt. Während der Arbeiten war dann die linke Hand des jungen Mannes in die noch laufende Tischkreissäge gelangt. Dabei seien ihm nach Angaben der Polizei zwei Finger der linken Hand abgetrennt worden.
Komplette Werkstatt auf den Kopf gestellt
Der Rettungsdienst, Notarzt, eine Streife der Polizeiinspektion Mühldorf sowie Helfer der Feuerwehr Oberbergkirchen fuhren die Werkstatt in Oberbergkirchen an. Der Verletzte wurde umgehend medizinisch versorgt. Ein Finger konnte auch umgehend aufgefunden werden. Die Suche nach dem zweiten Finger gestaltete sich jedoch als schwierig, berichtet Gideon Seefelder, der Vater des Verletzten. Und auch Kommandant Schaumeier bestätigt, dass gleich sieben Feuerwehrmänner damit beschäftigt gewesen seien, die Werkstatt auf den Kopf zu stellen. Offenbar war der Finger durch die Rotation des Sägeblatts quer durch den Raum geschleudert worden. Man suchte quasi die Nadel im Heuhaufen.
Rettungshubschrauber in Oberbergkirchen im Einsatz (9. Oktober)




Hubschrauberbesatzung nutzt Flutlicht am Sportplatz
Doch die Zeit eilte davon. Während die Hilfskräfte, Feuerwehr und Rettungsdienstmitarbeiter, die Werkstatt buchstäblich auf den Kopf gestellt hatten, landete ein Rettungshubschrauber auf dem nahegelegenen Fußballplatz des SV Oberbergkirchen. Die Piloten nutzten dabei die Flutlichtanlage am Fußballplatz, auf dem gerade eine Jugendmannschaft trainiert hatte.
Das sagt der Fachmann zu dem Unfall und vor allem zu den abgetrennten Fingern.
Professor Dr. Christian Pfeifer, Chefarzt der Unfall- und Handchirurgie am InnKlinikum Altötting: „Auf den vorliegenden Fall kann ich mangels detaillierter Informationen nicht eingehen, aber grundsätzlich ist eine Replantation erfolgreich, wenn diese so schnell wie möglich durchgeführt wird, in einem Zeitfenster von bis zu sechs Stunden. Ein amputierter Finger sollte mit allen aufzufindenden Gewebestücken in ein steriles Tuch/Verband eingewickelt werden und in ein wasserdichtes, steriles Behältnis, beispielsweise einen Beutel, verpackt werden. Dieser sollte im Optimalfall in ein weiteres Behältnis mit kaltem Wasser (nicht Eis) gegeben werden. Wichtig hierbei ist, dass das Amputat in keinem Fall mit der kühlenden Flüssigkeit in Kontakt kommt. Durch optimale Kühlung bei rund vier Grad kann eine erfolgreiche Replantation bei Mikroreplantationen, zum Beispiel eines Finger, nach bis zu zwölf Stunden erfolgreich sein. Für die Replantation von Makroamputationen liegen die kritischen Anoxämiezeiten bei drei Stunden beziehungsweise unter optimaler Kühlung bei sechs Stunden.“
Dann ging alles ganz schnell: Der Verletzte wurde mit dem Hubschrauber und dem gefundenen Finger in eine Spezial-Klinik nach München geflogen. „Offenbar hat man nur ein Zeitfenster von maximal vier Stunden. Dann muss die Operation erfolgt sein, damit die Finger wieder richtig anwachsen“, erklärt der Vater des Verletzten.
Eine Stunde lang wurde die Werkstatt durchsucht. „Wir haben den kompletten Boden abgesucht.“ Tatsächlich ist man dann auch fündig geworden: Das fehlende Fingerglied war gegen ein Fenster der Werkstatt geflogen und auf der Fensterbank liegen geblieben, wie Feuerwehrmann Schaumeier berichtet. „Die Rettungskräfte hatten Kühlpacks dabei, kühlten den Finger und eine First-Responder-Einheit aus Ranoldsberg hat den Finger dann umgehend nach München gebracht“, berichtet Gideon Seefelder.
Notoperation bis 4 Uhr früh
Nach Angaben des Vaters wurde der Verletzte bis 4 Uhr morgens notoperiert. Offenbar erfolgreich, wie Seefelder am Dienstag auf Nachfrage der OVB Heimatzeitungen erleichtert mitteilte. „Die Finger sind wieder dran und es sieht danach aus, dass wieder alle voll funktionsfähig sind. Mein Sohne hat sogar schon wieder Gefühl in den Fingern“, berichtet er vom ersten Gespräch.
Wie es zu dem Unfall kommen konnte, dazu hat Gideon Seefelder keine Erklärung. Offenbar hatte sein Sohn einen Gehörschutz angelegt, konnte somit nicht hören, dass das Sägeblatt noch rotierte.