Angriff auf der Weide
Tödliche Attacke auf Schafe bei Rattenkirchen: Das sind die zwei Verdächtigen
Drei Schafe sind tot, eines hat schwer verletzt überlebt: Der Angriff auf die Tiere gibt Schäfer Josef Sternegger Rätsel auf.
Obertaufkirchen – Schäfer Josef Sternegger steht vor der Weide, hinter ihm grasen friedlich seine Mutterschafe. Nach der Aufregung ist bei den Tieren wieder Ruhe eingekehrt. „Sie sind jetzt viel zutraulicher als zuvor“, sagt Josef Sternegger. Zuvor, damit meint der Schäfer die Attacke auf seine kleine Herde. Was genau passiert ist, darüber kann der Schäfer bislang nur spekulieren.
Ein Tier hängt schwer verletzt im Zaun
Fest steht: An einem Sonntagmorgen Ende September hat ihn ein Landwirt informiert, dass eines seiner Schafe bei ihm auf dem Hof sei. Der Hof liegt drei Kilometer entfernt von der Weide. Tag und Nacht stehen die Tiere dort am Waldrand in der Nähe von Rattenkirchen, jeden Tag sieht der Schäfer nach dem Rechten. Bis zum Samstag war auch alles in Ordnung. Doch am Sonntagmorgen ist alles anders: Drei tote Tiere liegen auf der eingezäunten Weide, getötet durch einen Biss in die Kehle. Ein viertes hat sich schwer verletzt im Zaun verfangen. Die überlebenden Schafe müssen in Panik geraten sein, sie sind verängstigt.
„Mir ist so etwas noch nie passiert“, erzählt Josef Sternegger. Es sei zwar schon vorgekommen, dass Hunde die Schafe auseinander getrieben haben. Aber ein totes Tier? Das gab es bei ihm noch nie. Doch von wem kam die Attacke auf seine Schafe? Seine toten Schafe hat Josef Sternegger bei der Polizei gemeldet, ein Wolfsbeauftragter wurde eingeschaltet zu einer Untersuchung. Denn ausschließen lässt sich bislang nicht, dass ein Wolf die Tiere gerissen hat.
Biss- und Pfotenspuren lassen zwar auf den Wolf als Täter schließen, wie Sternegger erzählt. „Genauso gut kann es aber auch ein großer Hund gewesen sein.“ Der Vorfall ist beim Bayerischen Landesamt für Umwelt gemeldet, die Proben werden noch untersucht. Dort werden die vielen Verdachtsfälle bei einem Nutztierriss gesammelt, in den allermeisten Fällen gibt es keine „Hinweise auf Beteiligung eines großen Beutegreifers“.
Wolf jagt mit wenig Energie
Ein Hinweis kann zum Beispiel sein, wie die Tiere gerissen worden sind. „Kehlbisse sind ein Indiz für einen Wolf. Als Beweis reicht das allein nicht aus“, erklärt ein Sprecher vom Bayerischen Landesamt für Umwelt. Ein Wolf versucht, mit möglichst wenig Energie seine Beute zu schlagen, beißt deshalb gezielt in die Kehle. Hunde seien im Gegensatz zum Wolf keine geübten Hetzjäger. Deshalb lassen keine gezielten Tötungsbisse Rückschlüsse auf einen Hund zu. Aber auf Indizien verlässt man sich beim Landesamt nicht, weshalb gerissene Nutztiere genau untersucht werden.
Da geht es einerseits um das Gesamtgeschehen vor Ort, die Zahnabstände oder Bissspuren und Pfotenabdrücke des Beutegreifers. Ein Veterinäramt klärt ab, ob das gerissene Tier möglicherweise zuvor schon tot war. „Bei einigen Meldungen handelt es sich beispielsweise um Totgeburten, die dann von kleineren Beutetiere angefressen wurden“, heißt es beim Landesamt. Im dritten Schritt erfolgt eine DNA-Analyse, die letztendlich Klarheit bringen soll. Aber nicht bei jedem Vorfall lassen sich genügend Speichelproben sicherstellen oder die Qualität reiche nicht aus.
„Es gibt viele gemeldete Fälle mit toten Wild- oder Nutztieren, aber nicht immer ist der Verursacher ein Wolf. Lässt sich aufgrund der gefundenen Spuren ein Wolf nicht ausschließen, wird bei Nutztierschäden zugunsten der Betroffenen entschieden“, erklärt ein Sprecher vom Landesamt für Umwelt. Denn für Nutztiere, die von einem Wolf oder Bären gerissen werden, gibt es für die Betroffenen einen Ausgleich.
Wildernder Hund nicht auszuschließen
Auf einen solchen hofft auch Josef Sternegger, der von einem Schaden von mindestens 1000 Euro ausgeht. Die drei gerissenen Tiere waren hochtragende Mutterschafe. „Das vierte Schaf ist schwer verletzt am Hals und am Fuß. Einschläfern lassen wollte ich es nicht, ich hoffe, dass es sich wieder erholt“, sagt Sternegger. Ob es überlebt, kann der Tierarzt noch nicht sagen.
Seine Schafe hat er nun näher zu sich geholt. Jetzt stehen sie auf einer Weide, die von einem höheren festen Zaun umgeben wird, ein Elektrozaun soll zusätzlich Schutz bieten. Sternegger hätte gerne Gewissheit, welches Tier seine Schafe gerissen hat. „Es könnte ein Wolf auf Wanderschaft gewesen sein“, meint er. Durchziehende Wölfe können nämlich an einem Tag zwischen 50 und 70 Kilometer zurücklegen, Bewegungsmuster lassen sich nur schwer vorhersagen.
„Aber es wäre auch schlimm, wenn hier ein Hund wildert“, betont Sternegger. Ausschließen will er das nicht. Denn Tage nach der Attacke habe in der Gegend ein Jäger auf einer Wildkamera einen schwarzen, großen Hund aufgenommen. Ein Foto, auf das sich das Landesamt für Umwelt bei seiner Bewertung nicht stützen wird. „Auf Videos und Fotos sind aufgrund ihrer Qualität Wolf und Hund oft schwer zu unterscheiden.“ Für Sternegger heißt es jetzt erst einmal warten, bis die Proben ausgewertet sind.

