Engelbert Kronberger aus Niedertaufkirchen
Putin so schlimm wie Hitler? So denkt ein 97-jähriger Kriegsveteran über den Ukraine-Konflikt
Er war nicht mal volljährig, als er 1942 eingezogen wurde und als deutscher Soldat in Finnland, in Norwegen und auch in Frankreich an der Front stand. Engelbert Kronberger hat die Folgen des Krieges hautnah miterlebt, musste bis 1949 seine Zeit in französischer Kriegsgefangenschaft verbringen, bevor er heimkehrte.
Niedertaufkirchen – Heute ist Kronberger 97 Jahre alt. Wenn der älteste Bürger Niedertaufkirchens und der letzte Veteran der Gemeinde zum Volkstrauertag von den Schrecken des Krieges spricht, dann weiß er, wovon er redet. Umso weniger kann er den Ukraine-Krieg nachvollziehen. Doch er hat eine Erklärung.
„Siebzehneinhalb Jahre war ich alt, als ich zum Reichsarbeitsdienst einberufen wurde.“ Engelbert Kronberger nimmt es ganz genau, wenn er von seinen Erlebnissen berichtet. Vier Wochen dauerte die Ausbildung in Bad Hindelang im Allgäu. Danach ging es für ihn gleich nach Frankreich.
Nicht etwa an die Front. Bei Saint-Nazaire musste er Kabel verlegen, Baracken bauen und war zur Flugzeugwache eingeteilt. Bevor er dann im September 1943 nach Lappland beordert wurde, musste sich Kronberger einer weiteren militärischen Grundausbildung in Traunstein unterziehen.
1000 Kilometer-Marsch von der Eismeerfront
An der Eismeerfront im hohen Norden Skandinaviens – eine mehrjährige Frontlinie zwischen der deutschen Wehrmacht und der sowjetischen Roten Armee im Großraum Russland, Finnland und Nordnorwegen – waren die deutschen Soldaten dann damit konfrontiert, dass die Finnen vor Russland kapitulierten. Die deutschen Soldaten zogen sich zurück, machten sich auf einen 1000 Kilometer langen Marsch.
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Im November 1944 ein gefährliches Unterfangen. „Wir hatten bis zu minus 40 Grad Kälte, aber nur Zelte dabei. Die Deutschen hatten ja die Häuser gesprengt“, berichtet Kronberger, der sich auf diesem Rückzug Erfrierungen zweiten Grades an drei Zehen zugezogen hatte und ins Lazarett musste.
Als die deutschen Soldaten im norwegischen Narvik angekommen waren, war der Krieg bereits zu Ende, Deutschland hatte kapituliert, und Kronberger wurde im Mai 1945 in ein Auffanglager gesteckt. „
Froh, dass er nie eine Waffe benutzen musste
Gottseidank waren die Engländer die Schutzmacht über Norwegen. Ich bin froh, dass ich nicht in russische Kriegsgefangenschaft geraten bin“, sagt Kronberger, der froh darüber ist, dass er nie eine Waffe gegen einen Feind richten musste.
Die Folgezeit zog noch einige Mühen und große Strapazen nach sich. Mit dem Schiff ging es erst nach Bremerhaven, von dort wieder in den Westen Frankreichs. Karge Jahre verbrachte er in der Nähe der Hafenstadt Lorient in Gefangenschaft. „Zu essen gab es in diesen Jahren nicht viel. Gerade so viel, dass wir überleben konnten“, erzählt der Niedertaufkirchener.
Verbindung nach Colmar ist noch lebendig
Irgendwann genoss er gewisse Freiheiten, als Knecht arbeitete bei verschiedenen Bauern im Elsaß, zuletzt bei Colmar, wo er auch gut behandelt worden sei. Die Verbindung dorthin ist immer noch lebendig, bis zum heutigen Tag, berichtet der 97-Jährige über das gute Verhältnis.
Heimgekehrt ist Kronberger am 25. März 1949. Sechs Brüder waren es, die in den Krieg ziehen mussten. Ein Bruder ist gefallen, ein anderer wurde als vermisst gemeldet in einem Krieg, den niemand haben wollte. „Wir sind alle von Haus aus so erzogen worden, dass dieser Krieg nix ist.“
Kopfschütteln über den Krieg gegen die Ukraine
Und so reagiert der betagte Veteran auch mit Kopfschütteln, wenn er auf den Krieg in der Ukraine angesprochen wird. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich einen Krieg in Europa noch erleben muss. Es ist unvorstellbar, was dort passiert.“ Er vergleicht Putin mit Hitler, „der ist größenwahnsinnig, ein eingefleischter Kommunist, der auf sein Zarenreich pocht.“ Er kann sich deswegen auch nicht vorstellen, dass dieser Konflikt schon bald endet.
Putin hält er für größenwahnsinnig
Umso wichtiger hält er den Auftrag von Krieger- und Soldatenkameradschaften beziehungsweise von Veteranenvereinen, die stets zum Frieden mahnen. „Die jungen Leute müssen lernen, dass sie nicht auf einen Demagogen hereinfallen, die ihnen irgendetwas versprechen.“ Genügsamkeit, Demut und Zufriedenheit legt er der jungen Generation ans Herz. Und so habe auch der Volkstrauertag nach wie vor seine Berechtigung. Zum einen sollen die Toten aus den Kriegen nicht vergessen werden, zum anderen sollen sie als mahnendes Beispiel dienen, dass Krieg immer Leid erzeugt.
Der Lebenslauf von Engelbert Kronberger
Kronberger kam am 1. Juli 1925 im Pleiskirchener Ortsteil Geiselloh zur Welt – als 16. von 17 Kindern. Die Eltern hatten eine Landwirtschaft, er besuchte die Schule in Wald bei Winhöring und ging danach in die dreijährige Feiertagsschule.´Der Pleiskirchener, bei seiner Rückkehr 24 Jahre jung, versuchte, ein normales Leben aufzubauen. In zweijähriger Lehrzeit erlernte er bei seinem Bruder Josef in Altötting das Maurerhandwerk und arbeitete anschließend 25 Jahre im Baugeschäft Josef Nietschl in Unterscherm. Bis zum Erreichen des Rentenalters war er neun Jahre bei der Allgäuer Alpenmilch in Weiding beschäftigt.
Er heiratete Juliane Hopt aus Muttersham bei Irl am 10. Februar 1953 und übernahm dann in Niedertaufkirchen das Hausberger-Anwesen. Der Ehe entstammen Sohn Albert und Tochter Marianne.
